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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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ein. Er schabte noch einmal langsam und vorsichtig übers Gesicht und prüfte ab und zu mit dem Zeigefinger, ob seine Haut schon glatt war. Dies war nicht der geeignete Moment zur Katalogisierung alter Kränkungen. Auch wenn Charlotte sich übel benommen hatte und die Rikers, mère, père et fils, ein bedauerlicher Mißgriff waren. Kam sie vielleicht jetzt zum ersten Mal, seit sie erwachsen war – falls es schon andereGelegenheiten gegeben hatte, waren sie ihm entfallen –, mit einem Kummer zu ihm? Wenn da wirklich etwas nicht in Ordnung war – es fiel ihm schwer, sich ein ernstes Problem vorzustellen, wahrscheinlich ging es nur um Jon, der zu hart arbeitete, oder darum, daß es »ihnen« nicht gelungen war, schwanger zu werden, aber soweit er wußte, wurde niemand mehr schwanger. Wenn ein Problem aufgetaucht war, dann mußte es an den alten Rikers liegen, den Schwiegereltern, die etwas an ihr auszusetzen hatten. In diesem Fall durfte er nicht die mindeste Andeutung von Befriedigung zeigen. Denn jetzt lag eine Möglichkeit in Reichweite, deren ganzes Ausmaß noch nicht zu erfassen war: Vielleicht konnte der Schaden wiedergutgemacht werden, den er und Charlotte einander zugefügt hatten. Wenn nur Carrie helfen würde. Im ersten Augenblick erschrak er über die Absurdität dieses Anspruchs. Derlei hätte er mit Recht von Mary erwarten dürfen, aber doch nicht von seiner kindhaften Geliebten. Aber er kannte keinen lebenden Menschen, der so viel angeborenen Takt und so viel Herzensgüte hatte wie sie.

II
    Nehmen wir meinen Wagen.
    Er wollte ihr nicht sagen, daß sich eine finstere, in Bridgehampton noch unsichtbare Wolke über ihm zusammenzog. Nicht bevor er genauer wußte, wie sie aussah, nicht bevor er noch einmal mit Charlotte gesprochen hatte. Jetzt fuhr er mit Carrie zu ihrem täglichen gemeinsamen Spaziergang am Strand. Sie hielt den kleinen BMW so sauber, daß sie normalerweise lieber sein Auto nahm. Ein Kombi kann Sand vertragen, dazu hat man ihn schließlich. Und für Strandspielzeug, hätte er hinzufügen können. Aber der Abend war so wunderbar mild, daß sie mit offenem Verdeck fahren wollte.
    Hey, wisch dir aber vor dem Einsteigen den Sand von den Füßen, wenn wir nach Hause fahren. Nicht vergessen. Nimm das Handtuch.
    Versprochen.
    Carrie, die Obdachlose, Carrie, die an ihrem einzigen Besitz hing wie eine fürsorgliche Hausfrau. Wenn er sie so sah, gab es ihm einen Stich, er empfand traurige Freude, fast so wie in alten Zeiten, wenn eine Handlung oder eine Geste Charlottes ganz deutlich zeigte, daß sie ein wunderbares Kind war, daß sie Mary und ihm, obwohl sie beide Einzelkinder waren und Mary dazu noch Waise, doch gut geraten war. Daß Carrie viel zu schnell fuhr, wenn sie am Steuer des kleinen Cabrios saß, stand auf einem anderen Blatt; hätten sie seinen Wagen genommen, wäre sie maßvoll über die Straße gerollt, ganz wie es sich für eine Dame hinter dem Steuer eines großen dicken Volvos gehört. Das eine glich das andere aus. Deshalb, Schmidtie, keine Bemerkungen über Leute in kleinen roten Autos, bitte, diemit achtzig Stundenkilometern über Landstraßen rauschen. Die Reifen kreischten unter Protest, als sie beim Anblick des Ozeans auf die Bremsen stieg. Da lag er, blau und schwarz, gleichmäßige kleine Brecher dicht am Strand bildeten ein Muster, ähnlich wie die Furchen in den Kartoffelfeldern, die früher bis zur Düne reichten. Damals hatten die Bauern ihr Land noch nicht verkauft, um Platz für die Strandvillen der Reichen zu machen.
    Ein herrlicher Tag, ich bin froh, daß du so früh nach Hause gekommen bist.
    Der Sand war weich und uneben. Schmidt watete etwas mühsam zum Wasser und prüfte die Temperatur.
    Es ist nicht kalt, rief er ihr zu. Nach dem Spaziergang gehen wir schwimmen. Dies ist so gut, das darf man sich nicht entgehen lassen.
    Geh du. Ich würde ertrinken.
    Würdest du nicht. Ich halte dich fest.
    Keine zehn Pferde bringen mich rein.
    Carrie stapelte die Handtücher säuberlich aufeinander, wand sich aus ihrem Sweatshirt und nahm ihn an der Hand.
    Hey, worauf wartest du, kein Kuß?
    Sie trug den kleinstmöglichen Bikini. Bänder um die Taille und zwischen den Beinen, die ein rotes Tuchdreieck in Position hielten. Zwei kleinere Dreiecke aus demselben Tuch, an Bändern befestigt, bedeckten ihre Brustspitzen. Diese nirgends unterbrochene, gleichmäßige, üppige Bräune: eine aufreizende Einladung, von den Stunden zu träumen, da sie nackt in der Sonne lag. Er musterte

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