Schmidts Bewährung
Knopf geöffnet war; es gab den Blick auf kräftige Muskeln frei. Michaels Ähnlichkeit mit seinem Assistenten Manuel wurde nur durch Manuels Schnauzbart gemindert. Vielleicht hatte Mr. Mansour verlangt, daß Manuel sich einen Bart stehen ließ, genauso wie er ihn auch hätte auffordern können, seinen Namen zu ändern und sich nicht Michael, sondern Manuel zu nennen.
Sehr freundlich von dir, daß du dir über ihn Gedanken machst.
Vergiß es. Du hast meine Frage nicht beantwortet. Ich verstehe dein Verhalten nicht, das sage ich dir dauernd.
Der Mann hätte Zahnarzt werden sollen. Nein, mehr noch die Dame, die dir die Zähne mit diesem wasserspeienden Schleifrad abschabt. Wer sonst könnte Untersuchungen so erbarmungslos beharrlich wiederholen?
Da gibt’s nichts Neues. Nichts hinzuzufügen. Er mußte meine alte Kanzlei verlassen. Ich fürchte, da kann man nichts machen, zumindest ich nicht, und ich habe keine Ahnung, welche Pläne er inzwischen hat.
Michael streckte die Hand über den Tisch, griff nach Schmidts Unterarm und drückte ihn lange und herzlich.
Ich habe dafür gesorgt, daß ich so viel über dich weiß, wie herauszufinden ist, sagte er. Und nach einer Pause: Auskünfte von Gil Blackman eingeschlossen. Ich brauche den Kontext. Du machst es mir wirklich nicht leicht, dir zu helfen. An dem hast du einen echten Freund. Gil liebt dich, das muß man sagen. Ach, mach dir nichts draus. Meistens kann ich in dir lesen wie in einem offenen Buch. Instinkt und Gespür.
Ah, Mr. Mansour und die Weisheit des Orients. Daß er sich mit Gil über Riker unterhalten hatte, war wohl ganz natürlich, dachte Schmidt. Wer würde nicht darüber reden? So unwichtig sie war, bot diese Geschichte doch eingefundenes Fressen für Leute, die derlei interessant finden, also außer den Einheimischen, die für die Reichen arbeiten, so gut wie alle in den Hamptons. Schmidt hatte sich das Wall Street Journal besorgt und den gräßlichen Artikel, den Jack DeForrest avisiert hatte, durchgelesen. Er hatte sich einen Ruck gegeben und die Bibliothekarin der Kanzlei gebeten, ihm alle Zeitungsmeldungen über den Fall auszuschneiden und zuzuschicken. Aus Stolz, damit niemand sagen konnte, er verstecke seine Blamage, oder auch weil er wollte, daß Carrie etwas dazu sagte, eine Meinung äußerte, ließ er die Zeitungsausschnitte regelmäßig auf dem Küchentisch liegen, wo Carrie sie finden mußte. Er wußte, daß sie die Artikel las, auch wenn sie keinen Kommentar dazu gab. Kein Wunder. Er hatte ihr dafür gedankt, daß sie ihn und sozusagen auch seine Tochter heil durch diese vierundzwanzig Stunden gebracht hatte, und dies bis zum Schluß, bis zu jenem jetzt schon ferngerückten Samstagnachmittag, als er Charlotte endlich am Bus nach New York absetzen konnte. Aber er hatte seitdem kein Wort über Charlotte oder Jon verloren, nur einmal beim Abwasch, als Carrie praktisch schon auf dem Weg zu ihrem Übungskurs war, hatte er in seiner überzeugendsten Ich-bin-ein-Opfer-Stimme erwähnt, daß Charlotte Riker verlassen wolle und Startkapital für ein Unternehmen verlangt habe, an dessen Erfolg er, Schmidt, Zweifel habe. Trotzdem werde er ihr das verlangte Geld geben. Auf diese Weise hatte er es gegen alle Vernunft fertiggebracht, Carrie auszuschließen, als er sie am meisten brauchte. Und ebenso gegen alle Vernunft hatte er sich zum ersten Mal, nicht wie sonst bei Familienkatastrophen, ratsuchend an Gil Blackman gewandt. Er schämte sich Jons und Charlottes zu sehr. Hätte Gil, falls er das durchschaut hatte, auch dies Mr. Mansour gegenüber erwähnen müssen, um den Kontext abzurunden?
Dieser redete weiter: Sieh mal, Schmidtie, wir sind sehr verschieden. Lach nicht! Daß wir verschieden aussehen, weiß ich. Ich meine damit, auch wenn wir wie Zwillinge aussehen würden, wären wir innerlich ganz verschieden. Trotzdem verstehe ich dich. Ich glaube, du weißt gar nicht, wie gut ich verstehe. Der springende Punkt ist, wir denken und fühlen nicht gleich, und du hast nie gelernt, dich selbst zum Ausdruck zu bringen oder mit anderen Leuten auszukommen. Wenn zufällig jemand deine Wellenlänge hat, läuft’s soweit. Dann bist du nett. Aber zu den meisten Leuten nicht, denen zeigst du sofort, wie überlegen du dich fühlst. Wenn sie dich langweilen oder wenn du sie nicht leiden kannst, ist es dieselbe Geschichte. O ja, du reibst es ihnen unter die Nase. Hier in diesem Haus habe ich es beobachtet, an den Leuten, die zu mir kommen, und manche von ihnen
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