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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Schockwelle um die Welt verbreitet. Damit haben wir zunächst einen Schlag gegen den Feind geführt. Aber die Geschosse rumpeln weiter durch das Erdinnere. Die Anomalie in Australien ist noch intakt. Gerüchte von einer russischen Anomalie wuchern. Die Erde wird noch belagert. Die Meinung eines wohlbekannten Science Fiction-Autors, die er bei einer spätabendlichen Talk-Show geäußert hat, ist schnell zu einem öffentlichen Dogma geworden. Danach sind diese »Geschosse« überdichte Kapseln aus neutronischer Materie und Antimaterie, dazu bestimmt, im Zentrum der Erde zusammenzutreffen und uns alle zu vernichten. Wir haben keine Möglichkeit herauszufinden, ob das wahr ist. Indessen scheint klar, daß wir nur wenig tun können. Unsere Hoffnung, so irrational sie ohnehin ist, schwindet rasch.

 
50
     
15. Januar
     
    Walt Samshow nahm sein Sandwich aus der Steuerbordklappe in der Brücke der Glomar Discoverer und starrte beim Essen in die Bugwelle und den trüben schwarzblauen Ozean. Sie hatten Pearl Harbor am Morgen des Vortages verlassen und fuhren auf dem Meer Zickzackkurs auf der Suche nach Sauerstoffkonzentrationen über dem Moloklaibruch.
    Gelegentlich sank von seiner Mahlzeit eine unbedeutende Krume Weißbrot in feuchtes Vergessen. Er stellte sich vor, daß irgendein wanderndes Zooplankton es bald finden und genießen würde. Nichts ging immer wirklich verloren, wenn man nur Zugang zu allen Augen und Sinnen im Universum hatte, wie er sich manchmal von Gott ausmalte. Gott selbst hatte keine Augen. Er schuf Augen und bestellte Lebewesen zu ihren Herrn, damit Er die Majestät der Schöpfung aus einem objektiven Standpunkt bezeugen konnte.
    David Sand kam die Treppe herauf und lehnte sich neben Samshow an die Reling. Seine Augen waren von Schlafmangel gerötet. »Wir sind zwölf Stunden von dem Bruch entfernt«, sagte er. »Der Kapitän hat sich hingelegt, und Chao wird von jetzt die Deckwache halten.«
    Samshow nickte und kaute.
    »Keine große Begeisterung, wie es scheint?« fragte Sand.
    »Immerhin arbeiten wir«, sagte Samshow, nachdem er heruntergeschluckt hatte.
    »Fanning in der Funkstation sagt, daß die Navy hier draußen drei Schiffe hat, die nur vor und zurück kreuzen…« Er machte entsprechende Handbewegungen. »Vor und zurück. Sie halten Ausschau.«
    »Hat das Haus schon für Amtsenthebung gestimmt?« fragte Samshow und reckte sich, wobei die Beine routinemäßig das leichte Schwanken ausglichen. Er knüllte sein Sandwichpapier zusammen und steckte es sich in die Hemdtasche, hinter Kugelschreiber und Bleistifte.
    »Nicht, daß ich wüßte«, sagte Sand.
    »Manchmal denke ich, daß wir es verdient haben zu sterben, weil wir alle so verdammt stupide sind.« Samshows Ton war ungerührt und sanft. Er hätte ebensogut eine Bemerkung über einen Meeresvogel machen können.
    Sand lächelte unbehaglich und schüttelte den Kopf. »Stimme der Erfahrung«, war alles, was er herausbrachte.
    »Nun ja. Ich habe mich mit den Nachrichten auf dem laufenden gehalten und Bücher gelesen und seit mehr als sechzig Jahren mit allerhand Leuten gearbeitet und dabei auch diesen oder jenen Blödmann getroffen. Wir stoßen jeden Tag miteinander zusammen, wie es gerade kommt; und wir äußern unsere Meinungen, ob wir etwas wissen oder nicht. Und wenn uns jemand erwischt, dann lügen wir… Ach – pfeif drauf!« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin heute bloß ungewöhnlich mies gestimmt.«
    »Stimmt.« Sand strich sich sein von der Sonne gebleichtes Haar aus den Augen.
    »Sie haben uns erwischt, weißt du das? Wir liegen am Boden und sind schwach, und es gibt verdammt nichts, was wir tun können, als hingehen und Ausschau halten…« – er zog die Augenbrauen hoch und kniff den Mund zusammen – »und sagen: ›Jawoll, das ist es: Wir verbluten.‹ Die wissen genau, was zu tun ist. Sie haben ihre Köder benutzt, und wir sind darauf hereingefallen. Stupidität scheint ihnen schon seit Generationen geläufig zu sein, seit Jahrtausenden. Vielleicht haben sie in der ganzen Galaxis Welten voller Tölpel gefunden. So haben sie uns in Verwirrung versetzt; und wir liegen jetzt strampelnd auf dem Rücken und werden getreten. Sie haben uns das Messer an die Kehle gesetzt, wie man ein jämmerliches Schwein schlachtet.«
    Er packte die Reling und schaukelte leicht auf den Fersen. »Ich habe mich nie in meinem Leben so nutzlos gefühlt.«
    Sand neigte den Kopf zur Seite und sagte: »Mir erscheint es immer noch theoretisch. Ich kann nicht

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