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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Abschnitte der Charakterisierung (ziemlich geschickt, aber nicht mehr), Intrige und Politik. Genauer las er dann die Stellen mit Spekulationen und Extrapolationen. Das ist kein schlechtes Buch, dachte er. Selbst jetzt, zwei Jahre, nachdem ich es fertiggestellt habe, beansprucht es zumindest noch mein Interesse.
    Aber der Stolz war großenteils durch Kummer getrübt. Das Buch handelte von einer Zukunft. Was für eine Zukunft gab es jetzt? Sicher nicht die, welche er ins Auge gefaßt hatte, eine Zukunft von Menschen und Extraterrestriern, die bei einer großen Mission von Abenteuer und Entdeckungen zusammenarbeiteten. In gewisser Hinsicht erschien das jämmerlich naiv.
    Das Leben auf der Erde ist hart. Der Wettbewerb um die Lebensnotwendigkeit ist scharf. Wie lächerlich zu glauben, daß das Gesetz des rauhen Kampfes ums Überleben nicht auch anderswo gelten könnte, oder daß es durch die technischen Errungenschaften einer fortgeschrittenen Zivilisation aufgehoben würde…
    Und dennoch…
    Irgend jemand da draußen dachte altruistisch.
    Oder vielleicht nicht.
    Altruismus ist maskiertes Eigeninteresse. Aggressives Eigeninteresse ist ein maskierter Drang zur Selbstvernichtung.
    Das hatte er einmal in einem unveröffentlichten Aufsatz über Entwicklung in der Dritten Welt geschrieben. Die entwickelten Nationen konnten ihren Interessen am besten dienen, wenn sie Wachstum und Entwicklung weniger privilegierter, schwächerer Nationen förderten…
    Und das geschah jetzt auch hier.
    Aber viele Strategieexperten hatten seinen Aufsatz gelesen und scharf kritisiert. Sie hatten viele historische Beispiele angeführt, um zu beweisen, daß er im Unrecht war. »Wessen Interessen dient die Sowjetunion?« hatte ihn ein Leser gefragt. Die Sowjetunion, mußte er zugeben, war stärker denn je – dem Anschein nach –, war aber mit gewaltigen Problemen konfrontiert, um die Nationen und Völker zu koordinieren, die sie absorbiert hatte, Problemen, die nach Meinung anderer sich auf lange Sicht als verhängnisvoll erweisen könnten. »Aber jetzt noch nicht – und wie viele Nationen dauern länger als Jahrhunderte?« hatte der Kritiker geantwortet.
    Wende jetzt die Theorie des notwendigen Altruismus auf Gruppen intelligenter Wesen an, die Zehntausende von Jahren überlebt haben. Wenn nur eine davon Sonden ausschickt, die Planeten fressen und Zivilisationen vernichten; und keine davon reagiert mit dem Starten von Sondenkillern…
    Wer gewinnt?
    Sondenkiller würden also entschieden im Eigeninteresse gestartet. Aber warum sollte man versuchen, möglicherweise konkurrierende Zivilisationen zu erhalten? Warum nicht bloß die Planetenfresser vernichten – und damit Schluß?
    Das Netz war ihm nicht zugänglich. Er hatte nur eingepflanzte Erinnerungen und Information, an die er nicht herankonnte ohne die Hilfe des Netzwerks.
    Oft regte es seine Gedanken an, wenn er seine Finger sprechen ließ. Jetzt legte er eine Diskette ein und begann zu tippen. Die ersten paar Sätze kamen als Unsinn heraus, und er tilgte sie. Hier in mir gibt es eine Antwort. Das weiß ich.
    Aber so sehr er es auch versuchte, er konnte nicht alles zusammenbringen.
    Ich weiß nicht, warum sie uns zu erhalten suchen.
    Wenn er außerhalb des beruhigenden und überredenden Einflusses des Netzes war, machte ihm dieses Fehlen einer Antwort Sorgen.
     
    Harry Feinman konnte keinen Zusammenhang mit seiner Vergangenheit herstellen. Jene Zeit, da er beweglich und frei von Schmerz gewesen war, war eine Fiktion, ein Gebilde seiner Einbildung. Er konnte sich nicht vorstellen, daß er je Geschlechtsverkehr gehabt oder eine volle Mahlzeit gegessen hätte. In den wenigen klaren Momenten des Tages, die ihm noch geblieben waren, suchte er in seinem Körper nach irgendwelchen Anzeichen dieser Vergangenheit und fand nichts. Alles war weg. Er war eine andere Person; Harry Feinman war schon gestorben.
    Die meiste Zeit verbrachte er im Schlaf oder Halbschlaf unter starken Drogen. Er dachte nach oder träumte vage vom Leben nach dem Tode und kam zu dem Schluß, daß die Frage eigentlich belanglos war. Alles, sogar völliges Vergessen, war besser als diese Existenz halb und halb.
    Ithaca schwebte wie eine Wolke im Zimmer ein und aus. Wenn er zwischen Medikationen unter Schmerzen litt, saß sie bei ihm, innerlich verkrampft von Mitleid, und sagte nichts, wenn er starr mit zusammengebissenen Zähnen dalag.
    Du bezahlst deine Rechnung rein wie raus. Der Preis für diese Tour: Schmerz.
    Der Unterschied

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