Schmiede Gottes
machen?«
Donovan starrte ihn an. »Weißt du das nicht?«
»Nein.«
»Christus! Ich vermute…« – er brauchte das Wort, als ob es einen gewissen offiziellen Anstrich hätte, ihm aber schwer über die Lippen käme – »ich vermute, daß ihr da draußen etwas finden werdet, ehe wir euch absetzen. Oder vielleicht würdet ihr auch einfach erfrieren.«
»Ich hoffe, daß wir das werden«, sagte Reuben und schüttelte zweifelnd den Kopf. »Ich meine – da draußen etwas finden.« Bis jetzt haben sie mir nichts Böses angetan.
Er ging zum Bug und traf einen weißen Jungen, der etwa vier oder fünf Jahre jünger war als er, und eine gut gekleidete schwarze Frau um die dreißig. Eine steife, eisige Brise fuhr über das Deck und blies der Frau das Haar über das Gesicht. Sie schaute ihn an und blickte dann nach vorn, ohne ein Wort zu sprechen. Der Junge hielt ihm die Hand hin, und sie tauschten einen kräftigen Händedruck.
»Ich heiße Ian«, sagte der Junge mit den klappernden Zähnen.
»Reuben Bordes. Gehört ihr beide zum Netz?«
Der Junge nickte. Die Frau ließ die Spur eines Lächelns erkennen, blickte aber weiter auf den See hinaus.
»Ich bin besessen«, sagte Ian. »Du mußt es auch sein.«
»Sicher bin ich das«, sagte Reuben.
Ian fragte: »Veranlassen sie dich, irgendwas zu tun?«
»Sie veranlassen mich, jetzt dies zu tun.«
»Mich auch. Ich habe ein bißchen Angst. Niemand weiß, was wir machen.«
»Sie werden sich schon um uns kümmern«, sagte die Frau.
»Wie ist Ihr Name, Ma’am?« fragte Reuben.
»Das geht dich verdammt gar nichts an. Ich muß euresgleichen nicht mögen. Ich habe bloß dies zu tun.«
Ian sah Reuben verschmitzt an und warf ihr einen schiefen Blick zu. Reuben nickte.
Donovan und Mickey stiegen in die Steuerkabine auf dem Oberdeck. Ein Mann in dunkelblauer Uniform war schon am Ruder. Mit nur sechs Personen an Bord stieß das Boot vom Kai ab und nahm Kurs auf das glatte und ruhige morgendliche Wasser des Sees. Unter dem Bug drehten sich Eisbrocken. Reuben schlug vor: »Wir sollten besser hineingehen, sonst erfrieren wir, Ma’am.« Die Frau nickte und folgte ihm in den geschlossenen Passagierbereich.
Nach fünfzehn Minuten Fahrt kam Mickey zum Unterdeck herunter mit einem Karton und einem Thermos. Er sagte: »Die Kombüse ist nicht offen, aber wir haben diese Sachen mit an Bord gebracht.« Er nahm den Deckel des Kartons ab und brachte Krapfen und drei Plastiktassen zum Vorschein.
»Ich danke Ihnen sehr«, sagte die Frau, die auf einer Bank aus Fiberglas saß. Ian nahm sich zwei Krapfen, und Reuben folgte seinem Beispiel. Mickey schenkte den dampfenden Kaffee in die hingehaltenen Tassen ein. »Donovan sagt mir, daß niemand weiß, was da draußen ist«, sagte er und machte den Thermos zu.
Reuben schüttelte den Kopf und ließ etwas von dem Puderzucker von dem Krapfen in den Kaffee fallen.
»Was gibt es denn draußen anderes als Wasser? Will man euch ertrinken lassen?«
Die Frau sagte: »Da draußen gibt es etwas.«
»Das bezweifle ich nicht. Ich möchte mich nur nicht so verdammt gruselig fühlen. In den letzten paar Monaten ist alles zum Teufel gegangen. Gott sei Dank ist keine Saison. Keine Touristen. Der Präsident dreht durch. Die ganze Welt.«
»Gehören Sie zum Netzwerk?« fragte Ian.
Mickey schüttelte den Kopf. »Ich Gott sei Dank nicht. Aber Donovan. Er hat mir davon erzählt und die Spinne gezeigt. Das verdammte Ding wollte mich nicht beißen. Da sieht man, was, zum Teufel, ich wert bin. Ich habe daran gedacht, die Zeitungen anzurufen; aber wer würde mir schon glauben? Wen würde das kümmern? Ich und Donovan, wir arbeiten seit dreißig Jahren auf den Seen. Erst haben wir Stinte gefischt, dann Salonschwalben – ich meine Touristen – spazieren gefahren. Ich habe diesem Schiff den Namen gegeben. Das ist ein Witz.«
Niemand begriff; daher räusperte er sich: »Ich sage den Leuten: ›Wrack der Edmund Fitzgerald‹. Erinnert ihr euch an das Lied? Da ist ein Erztanker untergegangen. Eine große Welle oder so etwas hat ihm den Kiel gebrochen, und er ist spurlos gesunken. Aber, zum Teufel, Salonschwalben haben keine Ahnung von den Seen. Sie halten sie für Pfützen. Diese Seen sind verdammte Ozeane, nur von Land eingeschlossen. Ihr könntet auf dem Boden etwas verstecken, ganze Städte…« Er blickte sie mit Nachdruck an, eine bleistiftdünne Augenbraue hochgezogen. »So habe ich mir meine Gedanken gemacht. Ich brauche euch nicht zu sagen, was ich mir gedacht
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