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Schmiede Gottes

Schmiede Gottes

Titel: Schmiede Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Alters ihn auch an Land behindern mochten, sie waren verschwunden. Samshow, eine langbeinige, schmalgesichtige Bohnenstange von Mann, hatte mehr als zwei Drittel seiner einundsiebzig Jahre auf See verbracht. Auf zehn Dienstjahre 1942 bis 1952 in der Kriegsmarine waren vierzig Jahre der Forschung auf dem Gebiete der physikalischen Ozeanographie gefolgt.
    Tief im Bauch des Schiffes, in einem sonst leeren Frachtraum untergebracht, befanden sich seine gegenwärtigen Schützlinge: drei mannshoch aufragende stahlgraue zylindrische Gravimeter, die die Schweregradienten des zehntausend Meter unter ihnen liegenden Grabens maßen. Die Discoverer war auf ihrer sechsten Überquerung der Ramapo-Tiefe. Die See draußen war fast glasig, und das Schiff bewegte sich mit zehn Knoten gleichmäßig voran, so stabil wie gewachsener Fels, ideal für diese Art Arbeit. Sie würden wahrscheinlich eine Genauigkeit zwischen plus oder minus zwei Milligal im Mittel aller sechs Läufe erzielen.
    Samshow stieg ins Lager hinunter. Seine Füße berührten das mit Kork belegte Stahldeck nur leicht. Sein viel jüngerer Partner, David Sand, lächelte ihm zu. Sein Gesicht war im Schein des Farbmonitors leichenhaft grün und purpurn. Samshow brachte das verdeckte Aluminiumtablett zum Vorschein, das er aus der Messe heruntergetragen hatte.
    »Was kostet die Reise?« fragte Sand. Er war halb so alt wie Samshow und auch fast nur halb so schwer, kräftig, mit breitem Gesicht, blaßblauen Augen, einer kleinen Knopfnase wie auf einer Schottenmütze und vollem, drahtigem kastanienbraunen Haar. Samshow deckte das Tablett ab. Tief im Gemüt des alten Ozeanographen war Sand einer seiner vielen Söhne geworden. Er behandelte jüngere Assistenten mit der starken Zuneigung, die er seinem eigenen Kind entgegengebracht haben würde. Sand wußte und schätzte das. In seiner ganzen Laufbahn würde er wahrscheinlich keinen besseren Lehrer, Partner und Freund haben als Walt Samshow.
    »Gebratene Seezunge, Spinatpastete und rote Bete«, sagte Samshow. Der philippinische Koch war stolz auf seine Speisen nach Westernart, die er zweimal wöchentlich servierte.
    Sand zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf.
    »Das wird mich sehr gewichtig machen – könnte die Resultate beeinflussen.« Samshow stellte das Tablett neben ihm hin und blickte auf die Gravimeter, die in dreieckiger Anordnung in zwei Ecken und der Mitte des gegenüberliegenden Schotts angebracht waren.
    »Ich möchte nicht einen unglaublichen Abend ruinieren«, murmelte Sand. Er drückte heftig auf mehrere Tasten, nickte zum Display und steckte dann eine Gabel in die Rüben.
    »Ist das gut?«
    »Verteufelt nahezu vollkommen«, sagte Sand. »Ich werde essen, und du kannst mich in einer Stunde ablösen.«
    »Deine Augäpfel werden schon bald auf den Boden fallen«, warnte ihn Samshow.
    Sand sagte: »Ich bin jung. Ich werde ein Paar neue kriegen.«
    Samshow grinste, ging zur Leiter zurück und stieg durch das Labyrinth von Korridoren und Türluken wieder aufs Deck. Der Pazifik lag rings um das Schiff so dick und träge wie Sirup, mit kleinen Wellen aus leuchtendem Silber und samtigem Schwarz. Die Luft war ungewöhnlich trocken und klar. Von Horizont zu Horizont war der Himmel voller Sterne, bis hin zu ein paar Grad vom frischen Silber eines jungen Mondes, der sich fast im Abgrund der Nacht verlor.
    Samshow legte die Füße auf die Ankerkette am Bug und seufzte behaglich. Die Arbeit dieser Woche war lang gewesen, und er war auf eine Weise müde, die ihm gefiel, befriedigt in der Milde, die nur von guten Ergebnissen bewirkt wird.
    Er blickte auf seinen Taschennavigator, der auf ein Signal des Navigationssatelliten eingestellt war. Die erste Näherung auf dem erleuchteten Display lautete: E142°32’10“N30°45’20“, wonach sich die Discoverer ungefähr 130 Kilometer östlich Toru Island befand. Nach vier Stunden würden sie wieder wenden für eine siebente Überquerung.
    Sam rülpste behaglich und begann zu pfeifen: »String of Pearls«.
    Er hatte nach dreißig Jahren einer stürmischen, aber glücklichen Ehe eine Frau überlebt, die die große Liebe seines Lebens gewesen war. Jetzt hatte er zwei feine Frauen, die ihn umschwärmten, wenn er an Land war, etwa sieben Monate im Jahr. Die eine lebte in La Jolla – eine stämmige, reiche Witwe, und die andere in Manila – eine schwarzhaarige Philippinin, dreißig Jahre jünger als er und entfernt verwandt mit dem längst verschiedenen und betrauerten Präsident

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