Schmiede Gottes
Zelle füllte seinen ganzen Körper. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wie richtige Luft wirklich schmeckte. Minelli war schlimmer gewesen als sonst. Mal stammelte er, mal weinte er; und Edwards Ärger hatte sich in ihm aufgestaut, hilflos, heiß, wenn auch anästhetisch; er hemmte ihn mehr, als daß er ihn zum Handeln antrieb. Aktion führte zu nichts.
Minelli sagte: »Sie lügen, Mary, Mary. Wir sind Gefangene auf Lebenszeit.« Ein Psychologe der Luftwaffe hatte gerade mit Minelli gesprochen und war zu dem Urteil gekommen, daß der Mann an ›extremer Stubenangst‹ litte. So ging es allen.
Reslaw fragte: »Wir sind kein Sicherheitsrisiko mehr?«
»Ich denke, nicht. Sie sind gesund, und die Verlautbarung des Präsidenten macht die Untätigkeit ziemlich überflüssig, meinen Sie nicht auch?«
»Das habe ich mir schon seit Tagen gedacht«, sagte Reslaw.
Um zehn Uhr vormittags erschien Colonel Phan mit General Fulton. Die Vorhänge an den Isolierkammern wurden zurückgezogen, und Fulton grüßte sie alle feierlich und bat um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten. Minelli sagte nichts.
»Wir haben Ihre Freilassung bekanntgegeben«, sagte Fulton, »und eine Pressekonferenz heute nachmittag um zwei vorgesehen. Wir haben neue Kleidung für Sie und allen Ihren beschlagnahmten persönlichen Besitz.«
»Ein billiger Anzug und zehn Mäuse in der Tasche«, sagte Minelli.
Fulton lächelte grimmig. »Ihnen steht frei zu sagen, was immer Sie wollen. Obstruktion hat keinen Sinn. Wir hatten sehr gute Gründe für alles, was wir getan haben. Ich hoffe sogar jetzt, daß Sie diese Gründe verstehen werden. Ich erwarte freilich keine Sympathie.«
Edward biß sich leicht auf die Lippe. Seine Augen waren auf Fultons Mütze gerichtet. Dann blickte er in die Richtung von Stellas Fenster und sah sie in dem weißen fluoreszierenden Licht stehen – hager, fast gespenstisch. Sie hatte stark abgenommen. Ebenso Reslaw. Minelli war dagegen merkwürdigerweise fast dick geworden.
»Ich habe mir erlaubt, den Geländewagen von Mr. Shaw einer gründlichen Überprüfung in unserer Autowerkstatt unterziehen zu lassen. Das Öl ist gewechselt, der Motor eingestellt, und eine neue Garnitur Reifen aufgezogen worden. Das ist wohl das mindeste, was wir tun konnten. Außerdem haben wir für finanzielle Entschädigung für die hier verbrachte Zeit gesorgt. Sollten Sie in den nächsten Jahren irgendeine medizinische Behandlung brauchen, übernehmen wir die auch. Ich nehme an, daß der eine oder andere von Ihnen uns verklagen wird.« Fulton zuckte die Achseln. »All right. In fünf Minuten werden Ihre Türen zur Halle geöffnet werden. Wenn Sie wollen, möchte ich Ihnen persönlich danken und die Hand schütteln. Meine Dankbarkeit ist ehrlich, aber ich will Sie nicht ersuchen, das zuzugeben.«
»Dem Hundsfott von Präsidenten die Hand schütteln«, brüllte Minelli. »Ach, laßt mich bloß raus!«
Fulton ging mit dem Oberwächter durch den Verbindungsgang zwischen den Zellen. Sein Gesicht war aschfahl. »Dies ganze Ding… ist das übelste Schlamassel… meiner ganzen Karriere geworden«, sagte er mit halb geschlossenen Augen.
Nach einer halben Stunde standen die vier blinzelnd außerhalb der glatten Betonwände des Experimental Receiving Laboratory im Sonnenschein. Edward war bestrebt, dicht bei Stella zu bleiben. Sie wirkte gebrechlich und äußerst still. Ihr Gesicht war verzerrt und gequält wie das eines verhungerten Kindes.
»Werden Sie es schaffen?« fragte Edward.
»Ich möchte nach Hause. Ich bin sauber, aber ich will daheim ein Bad nehmen. Ist das verständlich?«
»Durchaus«, sagte Edward. »Alle die Gefängnisläuse abwaschen.«
Sie lächelte breit. Dann streckte sie die Arme weit aus und hielt sie zum Himmel empor mit ekstatischen katzenhaften Windungen. »Gott. Die Sonne.«
Minelli beschattete die Augen mit einer Hand und streckte die andere aus, um die Strahlen einzufangen. »Wunderschön«, sagte er.
»Was wollen Sie tun, Edward?« fragte Stella.
»Wandern«, sagte Edward ohne Zögern. »Wieder in die Wüste zurückgehen.«
»Falls einer von euch einige Zeit in Shoshone verbringen möchte…« Stella machte eine Pause. »Es ist vielleicht verrückt, ihr wollt wahrscheinlich so weit wie möglich von hier wegkommen, aber ihr könnt in unserem Haus bleiben. Ich verstehe, daß ihr andere Dinge zu tun haben müßt.«
»Wir sind nicht festgelegt«, sagte Reslaw. »Jedenfalls ich nicht.«
Sie kamen an General Fulton und
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