Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten
Komposthaufen, wo die praktisch verweste Wurzel der Hanfpflanze sichergestellt und ins Untersuchungslabor eskortiert wurde. Netterweise informierte die Staatsanwaltschaft zu diesem
Zeitpunkt auch noch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der, um überhaupt Fernsehbilder zu haben, gefüllte blaue Abfallsäcke filmte, in denen sich aber nur Reste meiner beschnittenen Rosenstöcke befanden.
Es war schon spannend, zum Zeugen zu werden, wie Hirngespinste sich entwickeln und immer größer werden. Ich hatte das Gefühl, als hätte mich der kuriose Blumentopf auf einen anderen Stern katapultiert.
Vor allem sah ich keine Chance, den Irrsinn zu stoppen. Bei den Überbietungen in den Schlagzeilen kam ich mir manchmal ziemlich ohnmächtig vor, obwohl wir rechtliche Mittel ergriffen hatten, die aber von den Medien erst einmal nicht zur Kenntnis genommen wurden.
»Keine Freiheit ohne Verantwortung« ist nicht nur ein Credo der Liberalen. Es sollte auch für die Pressefreiheit und die Verantwortungsethik von Journalisten gelten. Ich halte es für verantwortungs- und geschmacklos, wenn Politiker über die eigenen Kinder vorgeführt oder anstelle von sauberer Recherche Vorurteile geschürt werden, wie etwa das Klischee, dass blonde Frauen in erster Linie blöd seien. Damit ist aus meiner Sicht weder für Journalisten noch für Politiker ein Blumentopf zu gewinnen.
DIE AUTORIN
Cornelia Pieper (geb. 1959 in Halle an der Saale) ist stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP und FDP-Landesvorsitzende in Sachsen-Anhalt. Die studierte Sprachwissenschaftlerin für Polnisch und Russisch ist stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages.
ROBERT HABECK
Bild , Burma, Basta - Alice Schwarzer
Hätte ich eine Tochter bekommen, ich hätte sie gern Emma genannt. Offensichtlich werden ja für Eltern immer die Namensmoden attraktiv, die mindestens zwei Generationen zurückliegen. Dass Alice Schwarzer ihre Zeitschrift Emma nannte, begründete sie rückblickend einmal so: »Der Name war irgendwann aufgetaucht und gefiel uns. Nicht nur wegen der Anspielung auf die Em(m)anzipation, sondern auch, weil er das selbstironische Gegenteil vom platt Erwarteten war: Wie würde sie wohl heißen, diese Zeitschrift der jetzt vollends größenwahnsinnigen Schwarzer? Nora? Die Rächerin? Die Amazone? Nein. Emma. Ganz einfach Emma.« Emma, das war im Jahre 1977 noch ein Frauenname, der für altmodische, spießige, hausfrauliche (Un-)Tugend stand. Ihn als Titelname zu benutzen, war selbstironisch gemeint.
Hinter diesem kleinen Namenspotpourri steht ein merkwürdiges Phänomen, das alle Eltern kennen. Vor der Geburt seines Kindes macht man sich die ausgefallensten Gedanken, welchen Namen man dem Nachwuchs geben soll, denkt an Buchhelden und Urlaubsbekanntschaften. Einige lesen sogar Namensbücher, nur um dann festzustellen, dass auf einmal jedes dritte Kind so wie das eigene heißt. Offenbar gibt es so etwas wie eine Haltung, eine Meinung, vielleicht eine Sehnsucht, die für eine Alterskohorte
prägend ist. Und das, obwohl sie sich vielleicht ja gerade gegen jede Form der Prägung wehren will, eine Art negative Affirmation.
Auf die Idee, meine nie gezeugte Tochter »Nora« oder gar »Alice« zu nennen, wäre ich jedoch nicht gekommen. Das waren die gegebenen Namen der Eltern, wie Alice Schwarzer die gegebene Größe eines festgefügten Diskurses war. Ich bin mit dem Wissen aufgewachsen, dass sie die prägende Frau des deutschen Feminismus ist. Oder besser vielleicht: war.
Unterdrückung der Frau, sexuelle Prüderie, geschlechtliche Ungleichbehandlung, das ging in meinem Milieu und Umfeld, von den frühen Schülervertreter-Zeiten über autonome Ausflüge bis zu den Grünen, gar nicht. Obwohl Alice Schwarzer also für alles stand, was man politisch richtig fand, war sie einem immer irgendwie suspekt. So suspekt wie Joschka Fischer, Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine. Nicht, weil sie etwas Falsches sagten, sondern weil sie als Instanzen so gegeben schienen wie die Namens- (vor)urteile einer Generation. Irgendwie gingen sie einem auf den Nerv. Man wählte sie und trat in ihre Partei ein, aber mit einer Haltung der inneren Opposition. Und so wurde auch Emma gelesen. Widerwillig.
Vermutlich erwuchs dieses Suspektsein gerade daraus, dass sie scheinbar für das stehen, was richtig und im schlimmsten Fall auch noch moralisch unhinterfragbar ist. Eine merkwürdige
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