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Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Titel: Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maybrit Illner , Hajo Schumacher
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was los war. Die Belgier waren gereizt von seiner Insubordination und seinen mantraartigen Hinweisen darauf, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Belgien gerade verurteilt hatte, weil es die Meinungsfreiheit und den Journalistenschutz missachtete. Sie verweigerten Tillack, einen Anwalt oder seine Frau anzurufen. Er solle dankbar sein, dass er sich nicht in Burma befände, wurde ihm stattdessen zugeraunzt. Schließlich nahmen die Polizisten 17 Kartons mit Akten und Dokumenten mit. Einige Wochen später erhielt er die meisten Dokumente zurück, die Polizei behielt tausend Seiten Material und hatte sich Kopien der Festplatte gezogen.
    Der Stern zog ihn kurz danach aus Brüssel ab. Planmäßig, allerdings verlängert um drei Monate. Er wurde nach Berlin versetzt. Außerdem hat Tillack zusammen mit seinem Arbeitgeber mehrere Gerichtsverfahren gegen den belgischen Staat und die EU begonnen. Tillack selbst ist seitdem noch staatskritischer, als er es schon zuvor war. »Natürlich frage ich mich manchmal: Was hat das mit mir gemacht?« Viermal die Woche geht er joggen, in der Zeit nach der Razzia fragte er sich jedes Mal, ob er bei seiner Rückkehr seine Wohnung unversehrt wieder vorfinden würde. »Seit Brüssel ist mein Grundmisstrauen gegenüber Behörden gestiegen.«
     
    Nun macht er in Berlin weiterhin das, was er als seinen Job versteht: nachbohren, aufdecken, im besten Fall enthüllen. Immer wieder gelingt ihm eine Geschichte, aber im nationalen Umfeld ist er mit seiner kritischen Art nicht allein. Berlin ist im Medienzeitalter. Nach wie vor gibt es gegen ihn jede Menge Anzeigen und Versuche, eine Gegendarstellung zu erzwingen. Solche Bemühungen sind fast
immer erfolglos. Auch die Beschwerde beim Presserat gegen ihn wurde abgewiesen.
    In Brüssel ist es, seitdem Tillack weg ist, wieder ruhiger geworden. Für die EU-Institutionen ist es angenehmer, Preise an Menschen zu vergeben, die sich in anderen, weit entfernten Teilen der Welt für Meinungs- und Pressefreiheit einsetzen.
     
     
    DIE AUTORIN
    Dr. Silvana Koch-Mehrin (geb. 1970 in Wuppertal) ist Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament, Mitglied in Präsidium und Bundesvorstand der Partei. Nach ihrer Promotion zum Thema »Historische Währungsunionen« übernahm sie 1999 den Vorsitz der Auslandsgruppe Europa der FDP. Die Mutter von drei Kindern erhielt 2004 den Politikaward als »Nachwuchspolitikerin des Jahres«.

DOROTHEE BÄR
    Seine Gemeinde ist das Volk - Peter Hahne
    Seit meiner ersten Wahl in den Bundestag im Herbst 2002 ist mir Peter Hahne immer wieder begegnet. Wirklich kennengelernt haben wir uns Anfang 2006, als er bei einer Veranstaltung der Landfrauen in meinem Wahlkreis in Unterfranken auftrat. Peter Hahne ist eine Ausnahmeerscheinung, sowohl als Mensch wie auch als Journalist. »Unter 3«, die Chiffre für Vertraulichkeit, wird von ihm konsequent respektiert, Respekt ist für ihn nicht nur ein Wort, Gnadenlosigkeit ist ihm als Christen fremd. Ich schätze Peter Hahne, weil er ein Beispiel dafür ist, dass die notwendige Distanz zwischen Journalisten und Politikern gewahrt wird, zugleich jedoch ein vertrauensvoller Umgang möglich ist.
     
    »Wir brauchen keine Vorschriften, sondern Vorbilder« - mit diesem Satz begrüßt Peter Hahne die Besucher seiner Homepage. Ob er sich selbst ein Vorbild nennen würde? Immerhin ist der engagierte Protestant preisgekrönter Journalist, Publikumsliebling, auflagenstärkster christlicher Buchautor im deutschsprachigen Raum und im Hauptberuf Moderator von Berlin direkt im ZDF.
    Nein, er würde sich selbst nicht als Vorbild bezeichnen - dafür hat der Drogistensohn aus dem Westfälischen zu viel Bodenhaftung erhalten. Was ihn jedoch nicht davon abhält, neben dem journalistischen Tagesgeschäft in philosophische Höhen zu entschweben: Er schreibt über
Glauben und Werte, Sein oder Nichtsein, Feuer und Asche. Hahne moderiert nicht nur, sondern vertritt seine eigene Meinung offensiv und engagiert. Von den Politikern, dem wesentlichen Betrachtungsfeld seiner Tätigkeit als Fernsehjournalist, erwartet er hingegen umso mehr, die von ihm eingeforderte Vorbildrolle einzunehmen.
    Wie für Hahne der Glaube eine Flamme braucht, die nur durch konkretes Vorleben entzündet werden kann, braucht auch eine lebendige Demokratie Vorbilder, denen es durchaus erlaubt ist, mehr missionarischen Eifer an den Tag zu legen, um andere von ihrer Meinung zu überzeugen. Politik braucht Leidenschaft, um - wie der Glaube -

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