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Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Titel: Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maybrit Illner , Hajo Schumacher
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mit Menschen, von denen sehr viele große Probleme haben. Verkehrsprobleme, Kriminalität, Ängste - das bewegt die Menschen.« 19 Damit war er geistiger Vater von Diepgen-Nachfolger Frank Steffel, 2001 CDU-Bürgermeisterkandidat gegen Klaus Wowereit. Dessen Motto lautete: »München ist Deutschlands heimliche Hauptstadt.« Egal, ob links oder rechts, grün oder schwarz: Wer auf der einen Seite den Über-Patrioten raushängen lässt, auf der anderen aber die Stadt schlecht macht, dem geht keiner auf den Leim. Aber Widersprüche sind kein Problem für Gafron: In einem einzigen Interview schafft er es, den Spaßkanzler und die Spaßgesellschaft zu verdammen, um zwei Gedanken später zu dem Schluss zu kommen: »Deutschland ist mir schon lange zu eng und zu miesepetrig geworden. Meinen Lebensabend werde ich hier nicht verbringen.« 20
     
    Nach seinem Ausscheiden aus dem Journalismus im Jahr 2004 vertickt Gafron heute Beilagen exklusiv für den
Springer-Verlag - vor allem an große Konzerne versteht sich. Sind dem ehemaligen »Schultheiss-Berliner« 21 die Feinde abhanden gekommen? Gafrons unverwechselbares, martialisches Stakkato (»brutal, rücksichtslos, verbrecherisch!« 22 ) ist beinahe verklungen. Nur bei ausgewählten Krisen darf Gafron tiefschürfende Analysen bringen wie die: »Dass Merkel Beifall von Lafontaine bekommt, sollte die Kanzlerin nachdenklich stimmen.« 23 Aber was macht ein Mann, der sein Leben zum Krieg erklärt hat? Wo ist die ungebändigte konservative Wut hin? Hat er uns nicht geschworen, »vor der BZ darf niemand sicher sein« 24 ?
    Dürfen »Alpha-Wölfe« (Gafron über Gafron) in den politischen Vorruhestand? Gibt es Nachwuchs? Der konservative Scharfmacher hat damals schon nach Leuten gesucht, die genauso hart sind wie er. Aber wo sind die Gafrons von heute?
     
    Fakt ist: Ein wenig langweiliger ist es ohne ihn schon geworden. Denn eigentlich kann jede politische Gesinnung einen glockenschellenden Hofnarren wie Gafron gebrauchen. Politik ist schließlich die Fortsetzung von Krieg mit anderen Mitteln. 25 Und eine scharfe Sprache ist dafür nur recht. Gafron hat intellektuelle Anwandlungen, die ein Harald Martenstein nie an ihm entdecken würde, wie etwa »Die Aufgabe geistiger Disziplin führt zu wachsender Verblödung«. 26 - ein geniales Bonmot. Vielleicht hört Gafron auch die Zeichen der Zeit und wird grün. Himmlisch: »Das Land baut ein Kohlekraftwerk. Deutsche, kettet Euch an!« oder »Deutsche Autos: Zu fett, zu schmutzig, zu teuer!«
    Leider wahrscheinlicher: Militarist Gafron, Innenminister Schäuble und Ernst Jünger-Fan Otto Depenheuer gründen eine nationale Sicherheitstroika. Das könnte sich heute
so lesen: Otto Depenheuer: »In einer tragischen Entscheidungssituation kann der rechtschaffene Bürger seine Würde einzig darin finden, dass er sein Interesse bis hin zur Aufopferung seines Lebens den Interessen anderer oder des Gemeinwohls unterordnet.« 27 Wolfgang Schäuble: »Ich schütze die Grundrechte.« 28 Und Georg Gafron: »Schickt endlich Panzer - nach Kreuzberg!«
    1 Sebastian Bukow (HU Berlin) in: »Veränderte Rahmenbedingungen und neue Herausforderungen für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN«
    2 Focus , 8. 10. 2001
    3 Gafron über Gafron, in: Süddeutsche Zeitung , 24. 1. 2001
    4 Der Tagesspiegel , 12. 7. 2000
    5 FAZ , 13. 3. 2002
    6 Focus , ebd.
    7 Focus , ebd.
    8 Spiegel , 22. 1. 2001
    9 Der unter anderem in einem wichsenden Hundert,6-Frosch und dem sinngemäßen Zusatz »Stoppt Schamonanie« bestand - eine Anspielung auf Ulrich Schamoni, den Hundert,6-Gründer.
    10 Spiegel , 22. 1. 2001
    11 Der Tagesspiegel , 12. 7. 2000
    12 taz , 22. 8. 1992
    13 Focus , 8. 10. 2001
    14 FAZ , 13. 3. 2002
    15 Der Tagesspiegel , 12. 7. 2000
    16 Süddeutsche Zeitung , ebd.
    17 FAZ , ebd.
    18 Spiegel , 22. 1. 2001
    19 Der Tagesspiegel , 12. 7. 2000
    20 Der Tagesspiegel , ebd.
    21 Gafron über Gafron, in: Süddeutsche Zeitung , 24. 1. 2001
    22 zuletzt BILD , 25. 11. 2008
    23 BZ , 25. 11. 2008
    24 Der Tagesspiegel , 18. 1. 2001

    25 Michel Foucault in Umkehrung der Aussage von Carl von Clausewitz »Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln«
    26 Spiegel , 14. 5. 2001
    27 Otto Depenheuer, Selbstbehauptung des Rechtsstaates (2007)
    28 taz , 14. 10. 2008
     
     
    DER AUTOR
    Benedikt »Bene« Lux (geb. 1981 in Berlin) ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Der Grüne wuchs in der Nähe des Grenzstreifens Berlin Steglitz-Zehlendorf auf. Doch warum amerikanische Soldaten mit

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