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Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten

Titel: Schmierfinken - Politiker ueber Journalisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maybrit Illner , Hajo Schumacher
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Sendung viel zu wenig diskutiert.« Ja, dachte ich mir, jetzt habe ich ihn mit den eigenen Waffen geschlagen. Das musste gesessen haben. Zumindest sah ich ein verlegenes Schmunzeln in dem ansonsten so kontrollierten Gesicht.
     
    Sämtliche Provokationen, das Herauskitzeln ungewöhnlicher Aussagen, Widersprüche zu kontern, all das ist nur Mittel zum Zweck. Frank Plasberg möchte Themen, die die Menschen bewegen, diskutieren. Keine abgehobenen Sprücheklopfer-Runden, sondern Auseinandersetzungen mit konkreten Beispielen. »Die Aufmerksamkeit in unserer Gesellschaft ist sehr ungleich verteilt. Diejenigen, die Politik machen, werden sorgfältiger beobachtet, als die, die sie zu ertragen haben. Es diene der Machtkontrolle, heißt es, den Politikern genau auf die Finger zu sehen. (…) Aber könnte es nicht auch der Machtkontrolle dienen, mehr und Genaueres über ›ganz normale Bürger‹ zu wissen?«, schreibt Plasberg in seinem Buch Der Inlandskorrespondent .
    Daher ist die Zusammensetzung seiner Gästerunde auch anders als bei anderen politischen Talkshows. Betroffene Bürger sitzen mit Politikern, Funktionären und Unternehmern an einem Tisch. Auch wenn Plasberg selbst sagt, dass
sich die Lebenssituationen der einzelnen Bürger nicht generalisieren lassen, so seien sie dennoch auch immer ein Beispiel, das es gibt und ernst genommen werden muss. Gerade die Meinungen der Bürger sind Plasberg enorm wichtig, aber er weiß auch um seine Verantwortung. Denn die meisten, die bei Hart aber fair ihre Meinung sagen, sind keine Medienprofis. Zudem können viele nicht überblicken, welche Auswirkung ihr Beitrag in der Sendung haben könnte.
    »Wenn ich Pech habe, geht der Gast mit einem Trauma aus der Sendung und wird noch ein halbes Jahr später darauf angesprochen, dass er sich blamiert hat. Bei den Betroffenen übernehmen wir für einen Moment die Verantwortung für ihr Leben. Und das macht Druck«, sagte Plasberg über seine Verantwortung gegenüber den Bürgern in einem Tagesspiegel -Interview. Deshalb führt er immer lange Vorgespräche und ruft die Gäste auch nach der Sendung wieder an.
     
    Eine besondere Herausforderung für Gäste wie für die Redaktion sind die Einspieler, die den Talk immer wieder unterbrechen. Sie haben den Anspruch, Aussagen zu bestätigen oder zu widerlegen. Das ist für Gäste richtig fies. Man kennt die Einspieler vorher nicht, kann die Zahlen und Behauptungen nicht mehr überprüfen und muss spontan darauf reagieren. Einmal habe ich mich über einen Einspieler dermaßen aufgeregt, dass ich noch nach der Sendung wütend auf Plasberg losging.
    In seiner Sendung Wahlcheck 05 kurz vor der Bundestagswahl 2005 saß ich für die FDP. Es ging um Rente und Gesundheit. Als es um die Altersversorgung von Politikern ging, brachte er einen Einspieler über mich. Mit viel Aufwand ließ mich eine Computeranimation altern. Es
wurde gegenübergestellt, wie hoch meine Rente sein würde, wenn ich in der Bank geblieben wäre, und wie hoch die Altersversorgung als Politiker sein würde. Das Unfaire war der Vergleich: Verglichen wurde die gesetzliche Rente eines Zweigstellenleiters mit der Pension eines Bundesministers nach mindestens sieben Amtsjahren.
    Ich regte mich auf. Die betriebliche Altersvorsorge wurde gar nicht berücksichtigt. Und dann entgegnete ich: Bundesminister haben schließlich eine hohe Verantwortung und sind wohl eher mit Vorstandsmitgliedern einer Bank als mit Zweigstellenleitern gleichzusetzen - und dann sieht der Vergleich schon ganz anders aus. Im Moment der Sendung sah ich schon zahlreiche wütende Bürgerzuschriften auf mich einprasseln. Ich hatte Sorge, dass fälschlich wahrgenommen würde: Junger Politiker kriegt üppige Pension.
    Also ging ich nach der Sendung auf Plasberg los: Unsachlich sei der Vergleich, und unfair noch dazu, schließlich hatte ich schon mehrfach gegen Widerstand einen Systemwechsel bei der Politikerversorgung gefordert. Plasberg konterte zunächst nur kühl. Ich solle froh sein, dass mir der Computer bei der Alterung überhaupt noch Haare gelassen hätte. Das machte mich nur noch wütender. Plasberg prophezeite mir, dass ich keine Zuschriften erhalten würde, schließlich hätte ich ja dargestellt, dass die Altersvorsorge für Spitzenkräfte in der Wirtschaft deutlich attraktiver sei.
    Nach einigen Tagen habe ich mich kleinlaut bei Plasberg gemeldet. Er hatte Recht behalten: Ich hatte so gut wie keine Zuschriften erhalten. Das hätte ich nicht gedacht.
    Für seine

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