Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall
kümmer dich drum.«
»Mach ich.«
Direkt vor der Tür lief
der Hauptkommissar in die Arme der Radioreporterin, die noch immer vor dem Haus
ausharrte.
»Hallo, guten Abend, Herr
Lenz. Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
»Ach, Frau Strack, Sie
wissen doch, wie ich das liebe. Wenden Sie sich an Uwe Wagner, der kann Ihnen
viel besser weiterhelfen als ich.«
»Der gute Uwe ist aber
nicht zu erreichen. Sicher tobt er schon mit seinen Kindern im Garten herum.
Außerdem erzählt der mir immer nur das, was er von Ihnen oder Ihren Kollegen
gesteckt bekommen hat.«
Lenz wusste, dass die
Reporterin und der Pressesprecher der Kasseler Polizei sich gut kannten und
schätzten. Wagner ließ nichts auf die Frau kommen, was bei einem Journalisten
ziemlich viel zu bedeuten hatte.
»Also?«, fragte er mit
einem vielsagenden Blick auf das Aufnahmegerät in ihrer Hand. Sie bemerkte
seinen Blick und winkte ab.
»Das
Ding ist ausgeschaltet. Interviews bei mir nur mit Zustimmung des
Gesprächspartners, das wissen Sie doch.«
»Jaja«, murmelte der
Polizist. »Was wollen Sie denn wissen?«
Sie lächelte ihn charmant
an. »Stimmt es, dass es zwischen der Geschichte hier und der von letzter Nacht
in Baunatal eine Verbindung gibt?«
»Wer sagt das?«
Wieder ihr Lächeln. »Die
Spatzen auf den Dächern.«
Der Kommissar kniff die
Augen zusammen. »Ja, könnte sein.«
»Wo ist die
Verbindungslinie?«
»Das ist noch nicht ganz
klar«, log er.
»Ich habe gehört, dass es
in der Wohnung ziemlich übel aussehen soll?«
»Das kann ich bestätigen,
obwohl ich glaube, dass Sie bereits einen Blick hineingeworfen haben.«
Sie nahm Aufnahmegerät
und Mikrofon in die Linke, hob die rechte Hand und streckte drei Finger in die
Luft. »Bestimmt nicht, Ehrenwort.«
»Gut.«
»Was meinen Sie …?«,
weiter kam die Frau nicht. Hain hatte sich von hinten genähert und sich zwischen
sie und seinen Chef gedrängt.
»Wir müssen los, Paul.
Ich hab die Adresse.«
Lenz warf der Reporterin
einen entschuldigenden Blick zu. »Tut mir leid, Frau Strack, aber Sie sehen ja
selbst.« Er drehte sich um und wollte hinter Hain herlaufen, der schon auf
halbem Weg zum Wagen war, doch die Journalistin bat ihn, einen Augenblick zu
warten.
»Ich hätte noch eine
private Frage an Sie, die ich jedoch nicht an die große Glocke hängen möchte.«
»Ja?«
Sie kam mit ihrem Kopf so
nah an sein Ohr, dass er ihr Parfüm riechen konnte. »Stimmt es, dass Sie und
die Frau von Oberbürgermeister Zeislinger ein Paar sind?«
Lenz wich ein paar
Zentimeter zurück. »Wollen Sie das im Radio bringen?«
»Nein. Es würde mich
interessieren, weil ich es gerade nicht im Radio bringen will.«
»Kann ich mich darauf
verlassen?«
Sie nickte.
»Dann stimmt es«,
erwiderte er mit einem Lächeln. »Aber jetzt würde mich im Gegenzug
interessieren, woher Sie diese Information haben.«
»Aus
dem Rathaus. Aber ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich zu den genauen
Hintergründen nichts sagen kann.«
»Selbstverständlich. Und
warum bringen Sie nichts darüber?«
»Weil
es Grenzen gibt, Herr Lenz. Und weil sich ein Radiosender nicht
instrumentalisieren lassen darf. Von nichts und niemandem.«
»Danke.«
»Gern.«
»Was
wollte sie?«, fragte Hain, als Lenz das kleine Cabriolet erreicht hatte und
sich in den Sitz fallen ließ.
»Jemand hat ihr die Sache
mit Maria gesteckt.«
»Warum überrascht mich
das jetzt überhaupt nicht?«
»Keine Ahnung. Was ist
mit Erika Schäfer?«
»Die wohnt in
Oberzwehren. Zwei Streifenwagen sind auf dem Weg zu ihrer Adresse und melden
sich, sobald sie etwas wissen.«
»Prima. Und nun fahr
los.«
*
Leonhard Witsch bewohnte ein kleines Reihenendhaus im
Stadtteil Bettenhausen. Am Klingelschild war nur sein Name zu lesen, einen
Hinweis auf eine Frau Witsch gab es nicht. Aus dem Innern des Hauses drang
leise Musik. Volksmusik.
»Na, das sieht doch gut
aus«, frohlockte Hain, und legte den Finger auf die Klingel. Als auch nach dem
zweiten Läuten keine Reaktion kam, hämmerte er mit der Faust gegen die Tür.
Lenz ging nach rechts in
den kleinen Vorgarten und versuchte, durch eines der Fenster etwas zu sehen.
»Alles leer. Ich gehe mal ums Haus herum, vielleicht ist er ja am Rasen mähen.«
»Und in Rom fährt der
Papst mit der Lambretta um den Petersdom, Gina Lollobrigida auf dem Rücksitz«,
kommentierte Hain zynisch und trommelte erneut mit der Faust gegen die
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