Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall
passt.«
»Und du gibst mir dein
Ehrenwort, dass es von dir niemand erfährt?«
»Außer meiner Frau, und
da bitte ich um Verständnis, weil sie unseren OB aus tiefstem Herzen hasst und
ihm alles erdenklich Schlechte wünscht.«
Lenz nickte zustimmend.
»Genehmigt.«
»Schön. Also, wie lange
geht das schon mit euch?«
»Knapp acht Jahre.«
Brandt saß ein paar
Sekunden stumm da, bevor er reagierte. »Na, nach einer so langen Zeit sollte
man schon wissen, wie der Furz des anderen riecht.«
»Pfui, Ludger. Das denke
ich nicht mal.«
»Acht Jahre«, resümierte
der Kriminalrat fassungslos. »Und ihr konntet in der ganzen Zeit die Geschichte
geheim halten?«
»Hast du was darüber in
der Zeitung gelesen?«
Brandt winkte ab. »Dumme
Frage. Ich ziehe sie zurück. Trotzdem, wie geht es nun weiter mit euch? Bei dir
ist es ein bisschen klein, wie ich vermute. Und unter einem Dach mit
Schoppen-Erich in dessen Haus dürfte es auch nicht so richtig funktionieren.«
Lenz konnte sich ein
Grinsen nicht verkneifen. »Stimmt. Wir suchen uns was Größeres, sobald der Pulverdampf
sich ein wenig verzogen hat. Bis dahin genießen wir unser junges Glück in
meiner kleinen Butze unter erschwerten Bedingungen.«
Sein Chef nickte und sah
eine Weile wortlos aus dem Fenster. »Manchmal bin ich wirklich ein Idiot, Paul.
Ich schäme mich regelrecht dafür, dass mir nichts Besseres eingefallen ist, als
dir die blöden Erpressungsversuche von Zeislinger und seinen Schergen im
Ministerium und hier im Präsidium eins zu eins weiterzureichen. Ich kann nur
noch mal sagen, dass es mir aufrichtig leid tut.«
Der Hauptkommissar winkte
ab. »Schon in Ordnung. Du steckst halt auch nur in deiner Haut. Viel dringender
erscheint mir jetzt die Frage, wie du deinen Sinneswandel nach oben verkaufen
willst.«
»Das lass mal meine Sorge
sein. Ich glaube, in den paar Jahren, die mir noch bis zur Pension bleiben,
wird mir nichts Schlimmes mehr zustoßen können. Bei dir dagegen bin ich mir da
nicht ganz so sicher. Immerhin ist dein Kontrahent der OB der Stadt und in
Politik und Gesellschaft bestens vernetzt.«
Lenz lehnte sich
entspannt zurück. »Das halten wir aus.«
»Gut«, nickte Brandt.
»Gibt es was in der Sache mit den Karlshof-Erziehern, das ich wissen sollte?«
»Ja«, bestätigte Lenz,
und brachte seinen Chef auf den neuesten Sachstand in den Mordfällen Bauer und
Liebusch, ohne auf die Details vom Vorabend in der Kneipe näher einzugehen.
»Und wenn ich nicht
beurlaubt werde, gehe ich mit deiner freundlichen Genehmigung jetzt wieder an
die Arbeit«, beendete er seine Ausführungen.
»Mach das. Hast du heute
schon mit RW gesprochen?«
»Ja, vorhin.«
»Er wird eine Zeit lang
ausfallen. Brauchst du einen Mann als Ersatz?«
Lenz schüttelte den Kopf.
»RW ist nicht zu ersetzen. Außerdem hoffe ich für ihn und für uns, dass er
baldmöglichst wieder im Dienst sein wird.«
»Das hoffe ich auch«,
beendete der Kriminalrat das Gespräch.
13
Die Fahndung
nach Horst und Wolfgang Fuchs lief, war jedoch bis zum jetzigen Zeitpunkt
erfolglos geblieben. Deshalb beschlossen die beiden Polizisten, sich zunächst
um die ominösen Überweisungen an die verstorbene Petra Soffron zu kümmern. Die
letzte Meldeadresse der Toten war ein heruntergekommenes Haus am hinteren Ende
der Hafenstraße gewesen, etwa zwei Kilometer von der Kasseler Innenstadt
entfernt. Lenz hatte sich geweigert, Hain das Steuer zu überlassen und parkte
deshalb das kleine Mazda-Cabriolet an der Einfahrt zum Kasseler Hafen, der in
früheren Jahren einmal eine gewisse Bedeutung als gewerblich genutzter
Umschlagplatz für auf der Fulda transportierte Güter gehabt hatte. Diese Zeiten
waren allerdings lange vorbei. Heute war daraus ein reiner Sportboothafen
geworden.
Sie gingen auf das Haus
zu, an dessen Mauern der Putz bröckelte und dessen Vordach bedrohlich schief
und lose aus der Wand ragte. Neben der Eingangstür fanden die Polizisten auf
einem verblichenen, ausgefransten Schild den Namen Soffron am Klingelbrett.
Insgesamt gab es sechs Wohnungen, zählte Hain, und läutete. Zur großen
Überraschung der Beamten ertönte kurze Zeit später eine blecherne Stimme aus
der Sprechanlage.
»Ja, was ist los?«,
fragte eine verschlafen klingende Frau.
»Wir sind von der
Kriminalpolizei und haben ein paar Fragen zu Frau Soffron, die bis zu ihrem Tod
hier gewohnt hat.«
Stille in der Leitung.
»Hallo?«, rief Hain in
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