Schmusekatze, jung, ledig, sucht
keinen Anruf, dass ich dir den Hausschlüssel bringen muss, du erzählst mir, dass es in deinem Lokal gut läuft, du berichtest mir nicht von neuen Strafzetteln, weil du wie üblich vergessen hast, einen Parkschein zu ziehen, oder weil du wieder mitten im Halteverbot geparkt hast. Verschweigst du mir diese Dinge, oder bist du auf einmal vom Glück verfolgt?«
»Ich verschweige dir nichts«, versicherte Chrissy ihr und zuckte mit den Schultern. »Aber im Moment läuft es irgendwie ganz gut. Allerdings habe ich ja auch kaum was um die Ohren. Magdalena hat diese Woche den Laden ganz allein geführt, nächste Woche springt eine Nachbarin von gegenüber ein. Du weißt schon, Sandra.«
» Von dem Ehepaar mit den beiden Katzen?«
»Genau die.«
Valerie überlegte kurz. »Ich glaube bald, dass dich dein Aushilfsjob am Morgen und dann dein Restaurant für den Rest des Tages etwas überfordern«, sagte sie bedächtig, um Chrissy nicht vor den Kopf zu stoßen. »Dir bleibt am Tag eigentlich gar keine Zeit, um das alles richtig zu planen.«
»Ich weiß«, stimmte Chrissy ihr zu. »Ich müsste eigentlich bei Metzener kündigen, um im Lokal die Bestände zu kontrollieren und alles einzukaufen – und das natürlich nicht in unserem Supermarkt unten im Center, sondern im Großmarkt oder bei irgendeinem Discounter, sodass ich etwas sparen kann.«
»Ja, und du brauchst eine Halbtagskraft, die mehr Stunden in der Woche arbeiten kann als deine Studentin.«
»Und einen Lottogewinn.«
»Einen Lottogewinn?«, wiederholte Valerie.
»Na ja, wenn ich so vorgehe, wie ich es sollte, also indem ich bei Metzener kündige und eine Halbtagskraft einstelle, die ganz normal sozialversichert wird, dann brauche ich einen Lottogewinn, damit ich den Verlust ausgleichen kann, den ich so jeden Monat einfahre. Diese ganze Aktion mit Robert und meiner Katze kostet mich eigentlich jetzt schon zu viel. Die Einnahmen sind zwar gut, aber Magdalena hat mich allein in der letzten Woche so viel gekostet wie sonst im ganzen Monat. Und ich muss von dem Geld, das reinkommt, auch noch leben. Ganz zu schweigen davon, dass mir der Betrag fehlt, den ich sonst durch die paar Stunden jeden Morgen bei Metzener verdiene.«
»Oh, stimmt ja«, sagte ihre Freundin und machte eine betretene Miene. »Aber wieso lässt du dann diese … Sandra? … ja, wieso lässt du sie ab morgen arbeiten, wenn sie dich ja sogar noch mehr kostet? Warum stellst du dich nicht wieder selbst an deine Pfannen?«
»Ich kann meine Katze nicht von heute auf morgen den ganzen Tag über allein lassen«, erklärte sie. »Lady Penelope ist an meine Anwesenheit gewöhnt. Wenn ich plötzlich sechs Tage die Woche hintereinander immer früh morgens weggehe und erst spät abends wiederkomme, wird sie die Welt nicht mehr verstehen. Ich kann sie nur Stück für Stück daran gewöhnen, indem ich nur alle paar Tage im Lokal arbeite und dann die Abstände allmählich kürzer werden lasse.«
»Reicht dein Geld so lange?«, erkundigte sich Valerie. »Oder soll ich dir was leihen?«
»Ich glaube, das wird schon hinkommen, danke«, lehnte sie das Angebot ab. »Falls es doch noch irgendwie eng werden sollte, dann weiß ich ja, an wen ich mich wenden kann.«
Besorgt legte Valerie eine Hand auf Chrissys Unterarm. »Denk bitte mal in Ruhe darüber nach, ob du nicht deine Katze vielleicht doch weggeben solltest. Wenn sie jemanden braucht, der den ganzen Tag zu Hause ist, dann ist sie bei dir am falschen Platz.«
»Ich kann doch nicht einfach Lady Penelope weggeben«, widersprach sie. »Sie fühlt sich wohl bei mir, sie weiß, sie wird von mir gut behandelt.«
»Chrissy, vor zwei Wochen hättest du eine Devon Rex nicht von einem Angora-Meerschweinchen unterscheiden können. Du kannst mir doch nicht erzählen, dass dir die Katze in den paar Tagen so sehr ans Herz gewachsen ist. Deine Katze war nur ein Mittel zum Zweck, nämlich einen Mann auf dich aufmerksam zu machen. Den Zweck hat sie nicht erfüllt – wieso ist sie dann aber noch bei dir?«
Chrissy legte den Kopf schräg und musterte Valerie argwöhnisch. »Du hast noch nie was gegen Tiere gehabt. Wieso jetzt auf einmal? Lady Penelope hat dir nichts getan.«
»Mir nicht«, sagte sie und nickte bestätigend. »Aber dir.«
»Redest du von den Kratzern?«
»Nein, ich rede davon, dass du dir ein Tier nach Hause geholt hast, das du dir in Wahrheit nicht leisten kannst und gegen das du zu allem Überfluss auch noch allergisch bist. Du kannst nicht auf Dauer
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