Schmusekatze, jung, ledig, sucht
Geld verkauft, damit diese Siedlung entstehen konnte.«
»Ein Tierfriedhof?«, fragte sie erstaunt. »Ist mir nicht aufgefallen.«
»Gleich an der Einmündung, gegenüber von der Stelle, an der ich auf Sie gewartet habe.« Er zeigte auf ein älteres, lang gestrecktes Einfamilienhaus, das sich hinter einer Querstraße befand, die die Neubausiedlung von dem bereits länger bestehenden Teil dieses Viertels abtrennte.
Sie bog in die Einfahrt ein und hielt an, dann stiegen sie beide aus und gingen zum Haus, das schon seit Längerem einen neuen Anstrich hätte vertragen können. Kampmann schloss auf und ging vor, Chrissy folgte ihm nach drinnen und drückte die Tür hinter sich zu.
»So«, sagte er und gab ihr ein Zeichen, ihm ins Wohnzimmer zu folgen, das mit Schränken in dunkler Eiche und mit einer tiefbraunen Ledergarnitur eingerichtet war, was insgesamt sehr erdrückend wirkte. »Da wären wir, und da ist auch schon der kleine Schatz. Darf ich vorstellen? Annabelle Alexia vom Hohenfeldt.«
In einem Sessel lag auf einer Wolldecke eine Katze zusammengerollt, die auf ihren Namen nicht reagierte, wenn man davon absah, dass sie ein Auge einen Spaltbreit öffnete und erst Kampmann, dann die unbekannte Besucherin ansah – nur um gleich darauf das Auge wieder zuzukneifen.
Chrissy ging näher heran und betrachtete das Tier aus respektvollem Abstand. Es hatte sandbraunes, leicht gekräuseltes Fell, der Kopf war schon aus dieser Perspektive betrachtet auffallend kantig und breit, und als Chrissy noch einen Schritt in Richtung Sessel machte, hob Annabelle Alexia plötzlich den Kopf, sah sie an und miaute leise.
»Hallo«, sagte Chrissy und blieb stehen, um das Tier genauer zu mustern. Der Schädel wies wie auf den im Internet gefundenen Fotos wirklich eine sehr ausgeprägte Form auf, fast schon wie ein auf der Spitze stehendes Dreieck mit auffallend großen Ohren. Die Augen standen dabei für eine Katze ungewöhnlich weit auseinander, wodurch der Kopf noch breiter wirkte. »Ich bin die Chrissy.«
Die Katze setzte sich auf und machte einen langen Hals, gleichzeitig begann sie, intensiv zu schnuppern, und legte den Kopf ein wenig schräg. Wieder miaute sie, woraufhin Chrissy in die Hocke ging und vorsichtig eine Hand ausstreckte. Annabelle Alexia drückte ihre kalte, feuchte Nase an die Finger, atmete tief ein und stieß die Luft schnaubend wieder aus, schließlich begann sie, den Kopf zu drehen, um ihn in jeder nur denkbaren Haltung an Chrissys Hand zu reiben.
Plötzlich stutzte Chrissy, als sie hörte, dass die Katze tiefe, kehlige Laute von sich gab. »Schnurrt sie jetzt, oder knurrt sie mich an?«, fragte sie, an Kampmann gewandt.
Der lachte amüsiert auf. »Sie schnurrt, weil ihr gefällt, was Sie da machen. Sagen Sie, Sie hatten noch nie eine Katze, nicht wahr?«
»Nein, früher hatten wir Hunde, als ich noch klein war«, antwortete sie. »Meine Eltern haben jetzt auch wieder Hunde, aber sie wohnen inzwischen in Süddeutschland. Mit Katzen hatte ich noch nie näher zu tun.«
»Nicht dass ich neugierig sein will«, sagte Kampmann, nachdem er sich geräuspert hatte, »aber wenn Sie noch nie eine Katze hatten, warum dann jetzt diese Eile?«
Während der Fahrt hatte sich Chrissy den Kopf zerbrochen, was sie auf diese Frage antworten sollte, mit der sie rechnen musste, weil jeder vernünftige Mensch wissen wollen würde, warum sie so dringend eine Katze und dann ausgerechnet eine Devon Rex benötigte. Die Wahrheit konnte sie diesem Mann nicht sagen, weil sie damit rechnen musste, dass er ihr dann die Katze nicht verkaufen würde. Auch wenn sie noch so oft und beharrlich das Gegenteil beteuerte, würde jeder davon ausgehen, dass sie jegliches Interesse an der Katze in dem Moment verlor, in dem sich herausstellte, dass Robert an einer Beziehung mit ihr gar nicht interessiert war, weil er sie bloß nett fand, weiter aber nichts. Also musste sie etwas anderes erzählen, etwas hoffentlich Glaubwürdiges, was sich gleich zeigen würde. » Wissen Sie, es ist eigentlich eine echte Tragödie. Ein befreundetes Ehepaar ist vor einer Weile bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben gekommen, nur die Tochter hat überlebt, aber sie lag einige Zeit im Koma. Ich hatte mich schon zu Lebzeiten meiner Freundin bereit erklärt, mich um das Mädchen zu kümmern, sollte ihr und ihrem Mann irgendetwas zustoßen, und diese Woche soll die Kleine zu mir nach Hause kommen.«
Kampmann nickte anerkennend. »Das ist aber sehr anständig von
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