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Schmusekatze, jung, ledig, sucht

Schmusekatze, jung, ledig, sucht

Titel: Schmusekatze, jung, ledig, sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Sander
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gab sie ironisch zurück. »Sie wird sich womöglich an mich erinnern.«
    »Dann gib dich einfach für deine Zwillingsschwester aus, die als Restaurantkritikerin arbeitet und bei besonders großzügigen Portionen zum normalen Preis freundlichere Kritiken schreibt.« Beim Anblick ihrer ungläubigen Miene fügte er hinzu : »Das machen Leute wirklich … nicht, dass sie sich als ihr eigener Zwilling ausgeben, sondern dass sie erzählen, sie würden für dieses oder jenes Magazin Kritiken schreiben. Und dann fragen sie ganz ungeniert, ob sie denn ein Essen spendiert bekommen, weil sie dann Lokale besser wegkommen lassen.«
    »Das habe ich noch nicht erlebt«, sagte sie.
    » Vermutlich ist der Nervenkitzel größer, wenn es darum geht, ein Menü für hundertfünfzig Euro und mehr zu erschnorren.«
    »Und wie gehst du mit solchen Leuten um?«
    »Oh, immer höflich und freundlich. Ich erzähle ihnen dann, dass sie für ein kostenloses Kritikeressen einfach nur zur Industrie- und Handelskammer gehen müssen. Da gibt es ein Antragsformular, das man ausfüllen muss, und dann kann man als Kritiker kostenlos essen, was man will und wo man will. Das Restaurant bekommt die Auslagen von der IHK ersetzt.«
    Chrissy konnte nicht länger ernst bleiben. »Das ist ja herrlich.«
    » Vor allem geht es mir darum, die Leute loszuwerden, die sich das nur ausgedacht haben, und das klappt sehr gut«, fuhr er fort. »Mich hat zwar mal eine Dame von der IHK angerufen und mich gebeten, den Leuten doch nicht solche Märchen aufzutischen, weil da an drei Tagen hintereinander die angeblichen Kritiker aufgekreuzt sind und diesen Antrag ausfüllen wollten. Aber die echten Schnorrer werde ich auf diese Weise los, und sie versuchen es auch nicht noch mal, weil sie wissen, dass ich sie durchschaut habe. Und die zwei oder drei echten Restaurantkritiker im Jahr, die diese dreiste Tour versuchen, melde ich sofort ihrer Redaktion. Sie bekommen zwar ihr Gratisessen, aber das war dann auch vorläufig das letzte Mal, dass sie eine Kritik über ein Lokal geschrieben haben.«
    » Was bin ich froh, dass ich so ein einfaches Lokal habe, dass niemand das bei mir versuchen will«, meinte Chrissy.
    »Ehrlich gesagt, darum beneide ich dich.«
    »Ach komm, Robert, mit deinem Löwenhof hast du was richtig Großes. Das da drüben ist doch nichts im Vergleich dazu.«
    »Etwas richtig Großes ist nicht zwangsläufig auch etwas Besseres«, widersprach er ihr. »Die Verantwortung ist schon mal eine ganz andere. Du arbeitest für dich selbst und für eine Aushilfe, aber meine Entscheidungen können für über hundert Leute Arbeitslosigkeit bedeuten, wenn etwas nicht so läuft, wie es soll. Ich stelle einen neuen Chefkoch ein, der mit den besten Empfehlungsschreiben zu mir kommt, und auf einmal laufen mir die Gäste weg, weil er was Neues ausprobiert, das aber niemand mag. Ich kann den Mann feuern, aber die Gäste sind wir dann erst mal los. Ich stelle den nächsten Chefkoch ein, das ist kein Problem. Nur wie bringe ich unsere vormaligen Gäste dazu, wieder zu uns zu kommen und die Küche unter der neuen Leitung zu testen? Ein Abend auf Kosten des Hauses? Tolle Idee, die von den wohlhabenden Gästen mit Begeisterung angenommen wird, weil sie alles mitnehmen, was nichts kostet. Aber was ist dann? Wie viel kostet mich so ein Abend? Und haben wir die Gäste zurückgewonnen? Oder haben die sich nur gesagt, wir nehmen ein Gratisessen mit, aber danach sehen die uns nie wieder? Oder ein anderes Beispiel : Irgendein Sultan kündigt sich kurzfristig an und wird am nächsten Samstag mit zweihundert Gästen eintreffen. Was mache ich? Rufe ich all unsere Stammgäste an und sage ihnen, ihre Reservierung fällt leider flach? Aus welchem Grund? Vor allem, was sage ich, wenn ich weiß, dass sie am Montag in der Zeitung lesen, dass der Sultan von Sowieso im Löwenhof zu Abend gegessen hat? Werden meine Stammgäste verärgert sein, weil ich ihnen abgesagt habe? Und was ist mit dem Sultan? Habe ich von dem Mann eine schriftliche Zusage, dass er auch tatsächlich erscheint? Und selbst wenn er mir ein Fax schickt – was soll ich machen, wenn er sich am Samstag nicht blicken lässt und ich aus der Zeitung erfahre, dass er doch schon früher in seine Heimat abgereist ist? Was werden meine Stammgäste dann erst sagen? Ich lade sie aus, weil ich einen wichtigeren Gast habe, der dann doch nicht auftaucht? Das wird Schadenfreude auslösen. Und es wird meinen Chefkoch ›freuen‹, weil das, was er

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