Schmusekatze, jung, ledig, sucht
schnellstens behandelt werden. Wieso hat Frau Rodenberg Sie in diesem Zustand eigentlich erst noch ins Wartezimmer geschickt?«, wunderte er sich.
»Das war nicht Frau Rodenberg, das war Frau Meiß«, erwiderte sie.
Der Arzt zog daraufhin die Augenbrauen hoch. »Oh, das erklärt alles. Ich werde sie jetzt nach Hause schicken, bevor sie noch mehr Unheil anrichten kann.«
Er wünschte Chrissy gute Besserung, und sie machte sich auf den Weg zu ihrer Lungenfachärztin – die sie schon vor zwei Stunden hätte aufsuchen können, wenn ihr der eigentlich so naheliegende Gedanke gekommen wäre, dass Lady Penelope bei ihr eine Allergie ausgelöst hatte.
Als Chrissy eine Stunde später aus der Praxis von Dr. Delihn kam, fühlte sie sich wesentlich besser. Gleich nachdem sie von ihrem Hausarzt nach unten gegangen war, hatte sie eine Spritze gegen ihre allergische Reaktion erhalten, die mittlerweile gewirkt und alle Symptome so weit gelindert hatte, dass sie sich wieder gut fühlte. Sie hatte einen Plan für die Desensibilisierung gegen Katzenhaare in der Tasche, außerdem ein Rezept für Tabletten, die sie vorläufig nehmen musste, damit ihr Körper auf Lady Penelopes feine Härchen nicht noch einmal so heftig reagierte, sowie für einen Inhalator, den sie regelmäßig benutzen sollte, um die Engstellung der Bronchien zu bekämpfen, die durch die Allergie ausgelöst wurde.
Inzwischen war es Mittag, und auf den Fußwegen wimmelte es von Angestellten aus den Büros ringsum, die die Pause nutzten, um einen Döner, einen Hamburger oder etwas anderes runterzuschlingen, für das man sich nicht erst irgendwo hinsetzen musste. Viele von ihnen hielten in der anderen Hand einen Kaffeebecher.
Chrissy hasste diese Leute wie die Pest. Viele von ihnen waren so dreist und setzten sich mit dem Kaffeebecher von nebenan bei ihr hin und wollten dann etwas zu essen bestellen. Sie hatte schon einige Kunden dadurch verloren, weil sie beharrlich – mit der Ausnahme von Säuglingen, die noch ihr Fläschchen bekommen mussten – den Standpunkt vertrat, dass Mitgebrachtes in ihrem Lokal nicht verzehrt wurde. Immerhin bot sie selbst ja auch Kaffee an. Wenn sie das erst einmal einreißen ließ, würden demnächst vier Gäste an einem Tisch sitzen, von denen nur zwei etwas bei ihr bestellten, weil die beiden anderen ein Sandwich von der Subway-Filiale schräg gegenüber mitgebracht hatten.
Sie erreichte die nächste Querstraße, gleich gegenüber lag das Worringer Carré. Zwar hatte sie gar nicht vorgehabt, Magdalena einen Besuch abzustatten, weil es ihr selbst so vorgekommen wäre, als würde sie ihre Mitarbeiterin überwachen. Aber da sie nun schon mal hier war, sollte sie trotzdem nach dem Rechten sehen. Magdalena hatte bislang nicht angerufen und einen Hilferuf übermittelt, aber damit hatte sie auch nicht gerechnet, weil sie wusste, dass die Studentin sehr ehrgeizig war. Wenn schon, dann wollte sie auch beweisen, dass sie genauso wie Chrissy in der Lage war, das Restaurant allein zu führen.
Im Einkaufscenter suchte sie zunächst die Apotheke auf, um ihr Rezept einzulösen, dann begab sie sich zur intern von allen so bezeichneten Fressmeile, in der alle gastronomischen Betriebe des Centers an einem Punkt versammelt waren, was zwar manchen Besucher angesichts der großen Auswahl zur Verzweiflung treiben konnte, für die Inhaber aber eine ziemlich faire Lösung war, weil e s nicht ein einzelnes Lokal gab, das besonders davon profitieren konnte, nur weil es direkt an dem Ein- und Ausgang lag, der von den Kunden am häufigsten benutzt wurde.
Es herrschte der übliche Mittagstrubel, und Chrissy sah schon von Weitem, dass ihr Lokal gut besucht war. Magdalena hatte alle Hände voll zu tun. Chrissy setzte sich im Eiscafé gegenüber an einen Tisch und bestellte eine heiße Schokolade, dann beobachtete sie, wie ihre Mitarbeiterin arbeitete. Es war beeindruckend, mit welchem Eifer sie bei der Sache war, das völlige Gegenteil von Daniela, ihrer ersten Aushilfe, von der sie sich nach einer Woche schon wieder getrennt hatte, weil sie keine Lust hatte, Gäste zu bedienen und Gerichte zuzubereiten, wenn sie lieber eine Zigarette rauchen wollte. Sie hatte dieses Desinteresse unverhohlen zur Schau gestellt, indem sie einfach vor dem Lokal stand und rauchte, während drinnen die Kundschaft saß und etwas bestellen wollte. Wer genug Geduld besaß, sie vier- oder fünfmal an den Tisch zu rufen, bis sie sich endlich in Bewegung setzte, der konnte deswegen aber
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