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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wenn jemand mit einem Möhrchen wedelt. Wenn dir die Bewerbungsgespräche
     zu doof sind, bring etwas Pepp in die Sache.«
    Ich hatte keinen Schimmer, wovon sie sprach.
    »Ich habe zum Beispiel mal eine Großpackung Klopapier mitgenommen und sie auf den Besprechungstisch gelegt«, sagte Troll.
    Ich kicherte. »Was hat dein Gesprächspartner gesagt?«
    »Er fragte, ob ich das Toilettenpapier auf den Tisch lege, um ihn zu provozieren.«
    »Das stimmte«, erwiderte ich.
    »Natürlich«, stimmte Troll grinsend zu. »Aber das zuzugeben hätte bedeutet, ihm die Initiative zu überlassen. Also stellte
     ich mich naiv und sagte, ich lege es dahin, damit ich es nachher nicht unter dem Tisch vergesse.«
    »Hast du die Stelle bekommen?«, fragte ich.
    »Die Stelle, um die es da ging, habe ich gar nicht gewollt«, klärte Troll mich auf. »Es war nur ein Übungsgespräch.«
    Die Vorstellung, freiwillig und nur zu Übungszwecken zu einem Bewerbungsgespräch zu gehen, war absurd.
    »Ein anderes Mal hatte ich eine von diesen durchsichtigen Parfümeriemarkt-Plastiktüten dabei. Die war vollgestopft mit Kondomen.«
    Sie knabberte an der Möhre, die sie mitgebracht hatte.
    Ich spürte, wie ich rot wurde.
    »Mit Noppen und Erdbeergeschmack und so Zeug«, ergänzte sie.
    Ich stellte mir vor, was der Rad schlagende Pfau mit den rasierten Beinen wohl zum Klopapier gesagt hätte. Oder zu den Kondomen.
     Ob er wenigstens einmal gestutzt hätte? Ein einziges Mal? Ein kleines Entgleisen der Gesichtszüge, ein – wenn auch nur kurzes
     – Zucken der Nasenlöcher, in die ich ziemlich lang gestarrt hatte, wenn auch offenbar nicht lang genug, um die Stelle zu bekommen?
    Aber wollte ich überhaupt einen Job, der mir diesen Anblick öfter bescherte? Ich muss gestehen, dass meine Zweifel wuchsen.
     Sicher war ich mir auf jeden Fall in der Einschätzung, dass ich nie, wirklich absolut niemals den Mut aufbringen würde, mit
     Klopapier oder Kondomen in ein Bewerbungsgespräch zu gehen. Es musste also ohne das klappen – oder es würde gar nicht klappen.
    Die Besuche beim Arbeitsamt, das Ausdrucken und Absenden von Bewerbungen, das Entgegennehmen von Absagen und weitere Vorstellungsgespräche
     verliefen, nachdem die erste Aufregung über die neue Situation abgeklungen war, gleichförmig, ja geradezu eintönig.
    Bis zu dem Tag, an dem sich alles änderte.
    Zunächst zum Guten. Das andere kam ja erst später.
     
    Es war ein Freitag, ich hatte ein Vorstellungsgespräch und trug wieder meine modisch geschnittene schwarze Hose, den modisch
     geschnittenen schwarzen Pullover und die modische schwarze Kette. Die Hose benötigte inzwischen einen Gürtel, denn die Essstörung
     hielt zwar nicht mehr konstant an, flammte aber immer wieder auf, wenn ich Greg im Bad begegnete, Sue ihre spitzen Schreie
     hören ließ oder mir eine Absage ins Haus flatterte. Greg schien meineleichte Gewichtsreduktion übrigens bemerkt zu haben, jedenfalls hatte ich mir beim letzten Treffen vor der Badezimmertür eingebildet,
     ein entsprechendes anerkennendes Funkeln in seinen Augen zu sehen.
    In Trolls Gegenwart aß ich recht gut, aber hauptsächlich Möhren. Sie kaufte kiloweise Möhren, die sie ständig mit sich herumtrug.
     Dauernd knabberte sie an dem Zeug und immer bot sie mir auch eine an. Ich gewöhnte mich daran, statt der Süßigkeiten, die
     ich bei AIQ genascht hatte, Gemüse zu knabbern. Allerdings keinen Kohlrabi, denn danach riecht man aus dem Hals und das kann
     Greg überhaupt nicht leiden. Aber Möhren sind o.k.
    Ich saß also während des entscheidenden Bewerbungsgesprächs in meiner leicht schlackernden Hose auf dem bequemen Lederstuhl
     vor dem Schreibtisch des
Site Directors
und lauschte seinen Ausführungen zum
Mindset
der Agentur, seiner
Vision
und der
Roadmap
zur Erreichung derselben. Ich war darauf vorbereitet, meine Fähigkeiten, Kenntnisse und beruflichen Erfahrungen sachlich professionell
     aber mit wohldosierter Begeisterung routiniert zu erläutern, und hatte drei Fragen im Kopf, die ich selbst stellen konnte,
     sollte ich dazu aufgefordert werden.
    Herr Thyssen (»Theissen gesprochen, ja, es gibt da verwandtschaftliche Verwicklungen, die ich selbst gar nicht so genau verstanden
     habe, hahaha, aber unser Zweig stammt aus den Staaten«) hatte mich nun mit den
Main Targets
, den
Stepstones
und dem
Daily Workflow
bekannt gemacht und holte gerade Luft, um zu weiteren spannenden Themen überzuleiten, als sein Telefon klingelte.
    Natürlich hob er

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