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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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einigen Sekunden mein Foto mit einer neuen
     Frisur. Ein Pagenschnitt.
    »Wow«, war das erste Wort, das einer der beiden männlichen Teilnehmer von sich gab.
    »Nicht schlecht«, gab Byrone zu, »aber mit dieser Frisur wirkst du wie ein skandinavisches Au-pair-Mädchen. Ein bisschen dumm
     und sexuell verfügbar.«
    Ich fand keine Zeit, seine Vorurteile über skandinavische Au-pair-Mädchen zu überdenken, denn er tippte wieder, produzierte
     zwischendurch eine Art franseligen Wischmopp, dann eine Kurzhaarfrisur und kam letztlich auf den Pagenschnitt zurück.
    »Im Grunde kommt nur das infrage«, murmelte er. Mit ein paar Mausklicks und Tastenkombinationen ließ er die Ponyfransen wachsen,
     stufte die Seiten ein bisschen durch und verlegte den Scheitel von der Kopfmitte auf die linke Seite.
    »Das ist dein Look«, sagte er, fügte virtuelles Make-up hinzu, das farblich deutlich zurückhaltender war als meine aktuelle
     Wahl, meine hellen Augen betonte, die Lippen voller und das etwas runde Kinn feiner wirken ließ, druckte das Bild aus und
     sagte: »Mit dir sind wir fertig,
Corazón
. Jetzt kommen die schwierigen Fälle.«
    Ich war erleichtert.
    Die Brünette schnappte erst nach Luft, dann nach ihrer Tasche und verließ fluchtartig den Raum.
     
    »Du hast doch heute Abend nichts vor?«, fragte Troll gegen fünf Uhr dreißig telefonisch an, als ich Schotts Wohnung mit einem
     schriftlichen Auftrag in der Tasche verließ.
    Meine Antwort kam schnell und unmissverständlich.
    »Doch«, erwiderte ich. »Erkältung auskurieren und schlafen.«
    Mein wichtigstes Vorhaben   – Sie wissen schon   –, wollte ich lieber nicht erwähnen.
    »Falsch«, entgegnete sie. »Du hast eine Werbeveranstaltung. Ich hole dich um halb acht ab.«
    »Werbeveranstaltung?«, fragte ich zurück, jetzt doch ziemlich entgeistert. Dieses Wort war niemals zwischen uns gefallen.
     Ich war davon ausgegangen, dass die Werbung mit den Handzetteln, der Website und Trolls Guerilla-Marketing fürs Erste erledigt
     war. Erst recht, da sie Wirkung zeigte. Im Laufe des Tages waren zwölf neue Anfragen per Telefon eingegangen, die E-Mails hatte ich seit morgens nicht mehr gecheckt.
    »Zieh dir Ausgehklamotten an. Kein Business-Outfit.«
    »Troll, es geht wirklich nicht«, protestierte ich. »Ich bin krank, überarbeitet, völlig fertig mit den Nerven und muss noch
     fünf Angebote und zwei Auftragsbestätigungen schreiben. Ich gehe nirgendwohin.«
    »Doch«, sagte sie. »Es ist die einzige Veranstaltung dieser Art, und ich konnte nur deshalb noch eine Karte bekommen, weil
     ich einen der Organisatoren kenne. Also keine Ausreden, ich bin um halb acht da.«
    Ich hatte gerade noch Zeit für die wichtigsten Schreibarbeiten und zum Umziehen, bevor Troll kam, um michzu dieser geheimnisvollen Werbeveranstaltung zu schleppen.
    »Wir nehmen dein Auto«, sagte sie.
    Natürlich.
    Im Autoradio lief gerade die Wettervorhersage, und ich freute mich über Temperaturen bis minus sieben Grad für die Nacht,
     stellte aber schnell fest, dass eine Autofahrt ohne Heizung unter diesen Bedingungen nicht angenehm ist. Troll fand das wohl
     auch, denn sie fummelte bereits eine Minute nach dem Start am Heizungsregler herum.
    »Die Heizung bleibt aus«, sagte ich und schob den Regler zurück auf Null.
    »Es friert«, entgegnete sie. »Und du bist erkältet.«
    »Wenn du um meine Gesundheit besorgt bist, hättest du mich ins Bett gehen lassen sollen.«
    »Du wirst den Abend schon überstehen, vorausgesetzt, du nutzt die Errungenschaften modernster Technik und drehst das Gebläse
     auf.«
    »Keine Heizung.«
    »Was ist los mit dir?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Zum Diskutieren fehlte mir die Kraft – und die Argumente. Den wahren Grund konnte ich ja schlecht
     sagen.
    »Wohin fahren wir denn?«, fragte ich stattdessen, aber nun stellte Troll sich stur. Das Einzige, was sie von sich gab, waren
     die Richtungsanweisungen. Ich ließ mich von ihr leiten, ohne darauf zu achten, wohin wir fuhren. Es interessierte mich nicht.
     Ich wollte es hinter mich bringen, was immer »es« war, und dann mein Frachtgut loswerden.
     
    »Da sind wir«, sagte Troll mitten in meine Überlegungen hinein. »Such dir einen Parkplatz.«
    Tolle Idee. Die Straße war eng und komplett zugeparkt.
    »Hier ist bestimmt Anwohnerparkzone«, gab ich zu bedenken und fuhr weiter.
    »Hier«, rief Troll.
    Ich fuhr weiter.
    »Hier ist einer!«
    Tatsächlich, ein Parkplatz. Da war doch bestimmt ein Haken dabei. Ich

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