Schmutzengel
Chirurgin und immer auf der Suche nach Typen wie dir«, sagte Troll.
Fotograf: »Nee, oder? Du bist doch nicht echt Chirurgin?«
»Nein«, sagte Troll, »leider, sonst hätten wir für deine OP direkt einen Termin machen können. Aber was ich anzubieten habe,
ist auch nicht übel.«
Troll reichte ihm ein Faltblatt, ich hielt mir den Magen. Mir wurde langsam schlecht.
Fotograf: »Was soll das sein? Ein Putzfrauenbund? Bist du doof oder tust du nur so?« Seine Stimme hatte einen aggressiven
Unterton.
»Keine Ahnung.« Trolls Stimme klang immer noch vollkommen gelassen. »Sag Bescheid, wenn du es rausgefunden hast. Aber vorher
liest du dir den Flyer genau durch, und wenn das für dich nicht infrage kommt, gibst du ihn an deinen Chef weiter, klar?«
Kalter Schweiß überzog meine Stirn und meinen Rücken, ich bekam kaum noch Luft.
Gong.
»Troll, lass uns tauschen«, rief ich.
Jetzt hatte sie mich gehört, hob ihr Handy ans Ohr und sagte: »Einen noch, Baby, das macht so viel Spaß.«
»Mit wem redest du?«, fragte der nächste Pechvogel. Mitte dreißig, Jeans, T-Shirt mit irgendeinem Aufdruck, fast zwei Meter groß und spindeldürr. Das dunkelblonde Haar kurz, die Hände lang und schmal. Er
legte die Unterarme auf den Tisch und verschränkte die Finger locker ineinander. Er machte einen ruhigen, gelassenen, entspannten
Eindruck. Ich fand ihn nicht hübsch, aber sympathisch.
Troll: »Hör zu, Süßer, ich habe keinen Bock auf oralen Banalverkehr. Hast du einen Job?«
Mann: »Ja. Ich bin beim Fernsehen.«
Er sagte das ganz bescheiden, ohne Angeberei. Das gefiel mir.
Troll: »Arbeitest du viel, verdienst du gut?«
Mann: »Sag mal, sollte es bei solchen Gesprächen nicht ein bisschen um persönliche Sympathie oder so etwas gehen?«
Auch das gefiel mir. Er ließ sich nicht von Troll an die Wand quatschen, ging auch nicht auf ihre beleidigende Art ein, sondern
stellte freundlich klar, dass er sich unter diesem Treffen etwas anderes vorgestellt hatte. Ich hoffte, dass Troll ihn nicht
zu hart anfassen würde.
Troll: »Worum es dir geht, ist mir relativ egal, ich jedenfalls schlage vor, dass du meine Frage beantwortest, sonst muss
ich vermuten, dass du eine halbe Aushilfsstelle als Kabelträgerlehrling hast.«
Schade, meine Hoffnung hatte sich nicht erfüllt. DerFernsehmann lächelte etwas ungläubig und blieb weiter entspannt. Ich bewunderte seine Gelassenheit.
Mann: »Ja, ich habe einen super Job und verdiene einen Haufen Geld, sonst käme ich wohl nicht gerade in diesen angesagten
Laden, um eine Frau kennenzulernen, oder?«
Seine Aussage passte zu dem gehobenen Ambiente dieses Lokals. Er hingegen passte mit seiner unprätentiösen Art wenig hierher.
Seltsam, dass er gerade hier eine Frau suchte.
Troll: »Also dann nimm diesen Flyer mit, lies ihn von vorn bis hinten durch und rede in den nächsten drei Tagen mit jedem
Kollegen in der Kantine darüber. Und jetzt geh, es läutet gleich.«
Gong.
Ich schaltete mein Handy aus und sprintete so schnell ich konnte durch den Saal, riss Troll von ihrem Hocker und pappte mir
mein Namensschild an den Pulli. Der entspannte Fernsehmann bemerkte unser Manöver und starrte mit unverhohlenem Interesse
zu mir herüber, während er zum nächsten Hocker ging. Ich versuchte ein entschuldigendes Lächeln, das aber völlig in die Hose
ging, nicht zuletzt deshalb, weil ich einen Hustenanfall bekam. Selten war mir eine Situation so peinlich gewesen wie diese.
Außer Atem und obernervös sank ich auf die Sitzgelegenheit in exakt demselben Moment, in dem ein gedrungener Kerl mir gegenüber
Platz nahm.
»Hi, ich heiße Udo, steht ja hier, haha. Ich bin Abteilungsleiter in einer großen Versicherung und hatte keine Zeit für Privatleben,
aber jetzt habe ich eine Position erreicht, in der ich andere die Überstunden schieben lasse, jetzt kann ich mich mal wieder
den angenehmen Dingen des Lebens zuwenden.«
»Dem Hausputz?«, fragte ich mit heiserer Stimme.
Udo zuckte zusammen. »Nee, das ist doch nix Angenehmes. Das macht man so nebenbei, weil es ja sein muss.«
»Warum hast du keine Putzfrau?«, fragte ich.
»Denen kann man doch nicht trauen. Die lümmeln ein paar Stunden in meiner Wohnung herum, saufen mir meinen Brandy weg, telefonieren
von meinem Anschluss und lassen sich dann auch noch dafür bezahlen. Nee, danke.«
»Muss nicht sein«, sagte ich. »Schau dir das an, ein seriöses Angebot für erfolgreiche Leute, die ihre Freizeit nicht
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