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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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fuhr ein paar Meter vor, setzte den Blinker und parkte
     ein. Ich stieg aus und begutachtete alle Verkehrsschilder im Umkreis von zehn Metern.
    »Was hast du denn?«, fragte Troll genervt.
    »Heute Morgen hatte ein Abschlepper meinen Wagen schon am Haken«, sagte ich. »Das brauche ich nicht noch mal.«
    Ich konnte kein Schild entdecken, das das Parken auf diesem Platz verboten hätte, also ließ ich mein Auto dort stehen. Troll
     schob mich ungeduldig auf die andere Straßenseite und in eine hip ausgestattete Kneipe hinein. Schlichte Holztische mit Designerhockern
     drum herum, Raumteiler in dunklem Holz mit Messing, vereinzelte Skulpturen im Raum verteilt.
    Zu Hause hatte ich in den mir zur Verfügung stehenden fünfeinhalb Minuten versucht, aus meinem Kleiderschrank ein Outfit in
     den zu mir passenden Farben zu zerren, und kam mir nun in meiner hellblauen Jeans und dem weißblauen Pullover vollkommen fehl
     am Platz vor. Alle anderen trugen mindestens ein Kleidungsstück in – natürlich – Schwarz.
    »Wir müssen hinten durch in den Saal.«
    Am Eingang des Saals befand sich ein Tisch, an dem bereits einige Leute standen, die sich offenbar anmeldeten. Sie sagten
     ihre Namen, wurden auf einer Liste abgehakt, bekamen ein Schildchen zum Anstecken und gingen weiter in den Saal, in dem viele
     kleine Tische mit je zwei Hockernin einem großen Kreis aufgestellt waren. Alle Tische blieben leer, niemand setzte sich. Stattdessen strebten alle Besucherinnen
     und Besucher zur Bar. Endlich waren wir dran.
    Troll regelte die Anmeldung und ich bekam ein Namensschildchen. Dann gingen wir in den Saal.
    »Was ist das für eine komische Party?«, fragte ich.
    »Speed-Dating.«
    »Was?« Ich blieb stehen.
    »Nun komm schon.« Troll zog mich am Arm vorwärts. »Du sollst hier keinen Mann finden, sondern Werbung machen. Es ist die größte
     Speed-Dating-Veranstaltung diesen Monat und die mit der gehobensten Klientel. Hier triffst du fünfzig alleinstehende Männer
     an einem Abend. Fünfzig potenzielle Kunden. Und ein persönlicher Kundenkontakt wiegt zwanzig ganzseitige Anzeigen im ›Playboy‹
     auf, die du dir sowieso nicht leisten kannst. Also los, mach Werbung.«
    Ich machte erst mal gar nichts, sondern stand stocksteif neben Troll, die sich ein leuchtend blaues Getränk an der Bar holte
     und mir ungefragt ein Bier mitbrachte. Sie schaute einigen Gästen anerkennend hinterher. Frauen, wie mir schien.
    »Ich bin erkältet«, sagte ich.
    »Das sind alle anderen zu dieser Jahreszeit auch. Kein zukünftiger Kunde wird wissen, von welcher der Damen er sich den Bakterienbefall
     geholt hat.«
    »Ja, aber meine Stimme wird das hier nicht durchhalten. Ich habe Halsweh und spüre bereits, wie ich heiser werde.«
    »Dann trink viel.« Sie deutete mit dem Kopf auf das Glas in meiner Hand.
    »Soll ich vielleicht mit einem Bier in der Hand Werbung machen?«, fragte ich.
    »Du hast noch eine Viertelstunde Zeit, bevor es losgeht. Trink es vorher, das entspannt.«
    »Mit einer Bierfahne komme ich auch nicht sehr seriös rüber«, hielt ich ihr entgegen. Sie hätte mir auch ein Glas Milch reichen
     können und ich hätte etwas daran auszusetzen gefunden. Diese Veranstaltung war die Hölle. Wie konnte sie mir das antun? Fünfzig
     fremde Männer, die auf der Suche nach einer Frau waren, mit meiner Werbung zutexten? »Und warum sollte ich nicht mein Businesskostüm
     anziehen, wenn ich hier als Unternehmerin auftreten muss?«, maulte ich.
    »Es geht um zwei Dinge«, erklärte Troll in einem Tonfall und einer Deutlichkeit, als spräche sie zu einem kleinen Kind. »Erstens
     ist diese Art der Werbung echt wirkungsvoll, ich habe das schon mal ausprobiert.«
    Ich erwiderte nichts.
    »Zweitens kann dir ein bisschen Übung im Umgang mit fremden Menschen nicht schaden. Du bist schüchtern und zurückhaltend,
     das geht nicht für eine Geschäftsfrau, die ihre Dienstleistung glaubwürdig vertreten und teuer verkaufen will.«
    Die Tatsache, dass sie recht hatte und dass ich wusste, dass sie recht hatte und dass auch sie wusste, dass ich es wusste,
     machte es nicht besser. Ich war sauer.
    »Ich gebe dir mein Namensschild und du machst die Werbung«, sagte ich nach einer Weile, in der ich geschmollt hatte. »Du kannst
     das sowieso viel besser.«
    »Stimmt«, sagte Troll, »das ist ja das Problem. Du musst es lernen. Es ist wirklich nicht schwer. Du musst ja nichts über
     dich sagen, sondern nur über dein Unternehmen. Gib eine kurze Erklärung, was

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