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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Ich fragte nicht, wo Troll den Rest der Nacht verbringen wollte, ich jedenfalls
     wollte nach Hause. Der Abend hatte mir den letzten Rest meiner noch vorhandenen Kraft geraubt.
    So fertig wie ich war, dachte ich erst, ich wäre an meinem Auto vorbeigelaufen. Also drehte ich um und ging zurück, wobei
     ich jedes geparkte Fahrzeug genau betrachtete. Mein Auto war weg. An der Stelle, an der ich geparkt hatte, wareine Lücke. Auf dem Asphalt waren die kümmerlichen Überreste eines aufgemalten Halteverbotsschildes zu sehen, das man wegen
     des spitzeren Winkels und der glänzendnassen Fahrbahn aus dem Auto nicht hatte sehen können. Eine Politesse jedenfalls musste
     gewusst haben, dass dieses Halteverbot an genau dieser Stelle bestand, denn wer sonst hätte mein Auto mitten in der Nacht
     abschleppen lassen?
    Dem ersten Impuls, mich auf den Bordstein zu setzen und in Tränen auszubrechen, gab ich dennoch nicht nach. Ich fummelte mein
     Handy aus der Tasche, bestellte ein Taxi und ließ mich nach Hause bringen, wo ich fast übergangslos ins Bett fiel.
    Während ich versuchte, den Gedanken an das Problem in meinem Kofferraum zu verdrängen, tauchte Greg vor meinem inneren Auge
     auf. Ziemlich schnell wurde sein Gesicht von Jens verdrängt. Mit dem Gedanken an einen fremden Mann schlief ich ein.

9
    Das Telefon weckte mich am nächsten Morgen eine halbe Stunde, bevor ich zu meinem ersten Akquisetermin in Oberkassel erscheinen
     musste. Den Wecker hatte ich offenbar verschlafen, aber zum Glück rief Lisbeth an und meldete sich wieder zurück zur Arbeit.
     Wir verabredeten uns in Oberkassel, und ich nahm nach der schnellsten Dusche meines Lebens das zweite Taxi innerhalb von zehn
     Stunden. Damit musste umgehend wieder Schluss sein, sonst würden die Taxikosten mich in den Ruin treiben, bevor mein Geschäft
     den ersten bescheidenen Gewinn abwarf.
    Die Akquisetermine vor Ort waren für mich einfacher und angenehmer, wenn Lisbeth dabei war, denn viele Männer wollten die
     Frau, die demnächst in ihrer Wohnung ein und aus ging, persönlich kennenlernen.
    Der erste Termin an diesem Vormittag führte uns in eine Junggesellenbude der teureren Art. Der etwa dreißigjährige Mann im
     Dreiteiler, der seinen Beruf ungefragt als »Geld verdienen – und zwar viel Geld« angegeben hatte, wollte das Zweihundert-Quadratmeter-Loft
     picobello gereinigt und vierzehn Hemden pro Woche (»bei meinem Lifestyle kommt man mit einem Hemd am Tag einfach nicht aus«)
     gewaschen und gebügelt haben. Zusätzlich seien regelmäßigDelikatessen aus drei verschiedenen Geschäften zu besorgen und als nett angerichtete Platte für freitagabends fertig zu machen.
     Den Champagner würde er selbst kalt stellen. Als Zeitbedarf hatte er maximal drei Stunden errechnet. Pro Woche.
    »Wer macht diese Arbeiten denn bisher?«, fragte Lisbeth in neutralem Tonfall, während sie sich in dem ehemaligen Fabrikgebäude
     umsah. Der Boden war übersät mit Wollmäusen, Krümeln und langen Haaren, was auf dem unruhigen Industrieparkett allerdings
     erst auffiel, wenn man genau hinschaute. Wir schauten genau hin, Lisbeth natürlich noch genauer als ich.
    »Ich hatte schon einige Putzfrauen, war aber mit deren Arbeitsauffassung nicht sehr zufrieden.«
    Inzwischen hatten wir uns weiterbewegt und waren in der Küchenecke angekommen. Die Arbeitsflächen und Schranktüren waren fleckig,
     der Boden klebte, es roch nach Müll.
    »Den Backofen müssten Sie natürlich vernünftig reinigen, ich weiß nicht, was sich die bisherigen Damen dabei gedacht haben,
     den einfach auszulassen. So kann man doch nicht arbeiten, dass man nur das Sichtbare erledigt und hofft, der Rest fiele nicht
     auf.«
    Lisbeth öffnete die Backofentür und schaltete die Beleuchtung ein. Der Ofen sah aus, als sei darin etwas explodiert. Etwas
     Dunkles, Fettiges, Klebriges. Lisbeth schloss die Tür wortlos.
    »Natürlich muss auch das Bett jede Woche neu bezogen werden. Einmal die Woche ist das Mindeste.«
    Unter dem Bett lag ein Kondom. Ich verzichtete auf eine nähere Betrachtung, ging aber davon aus, dass es benutzt war.
    »Die Fenster am liebsten auch wöchentlich, wenn Sie dasnicht schaffen, würde zur Not auch vierzehntägig reichen. Eine entsprechende Leiter bringen Sie sicher mit.«
    Die Fenster hatten eine Gesamtfläche von geschätzten hundert Quadratmetern bei einer Höhe von vier Metern.
    »Drei Stunden, sagten Sie?«, fragte Lisbeth.
    »Höchstens. Das wird ja wohl reichen, oder? Bei Ihren

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