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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Selbstständigkeit getan.Aber seit Montagabend hatte mir ein gemeines Schicksal dieses Leben aus den Händen gerissen und kräftig durcheinandergewirbelt.
     Jetzt hatte ich eine Leiche am Hals und keine Ahnung, wie ich sie wieder loswerden sollte. War wahrscheinlich straffällig
     geworden und hatte das Vertrauen meiner Kunden missbraucht.
    Ich zerpflückte das letzte Stück Vollkornbrot beinahe aggressiv und warf die Krümel in die Suppentasse.
    Ich drückte das Brot mit der Löffelrückseite in die Tasse, damit es die letzten Reste der Suppe aufsog.
    Ob ich Lisbeth die ganze Geschichte erzählen und sie um Rat fragen sollte? Aber was würde sie mir schon sagen? Dass ich zur
     Polizei gehen sollte. Dass ich das sofort hätte tun sollen. Dass es völliger Schwachsinn war, die Leiche eines Mannes in mein
     Auto zu laden. Dass sie mit diesen kriminellen Vorgängen nichts zu tun haben wolle.
    »Du bist so still, Kind. Geht es dir nicht gut?«, fragte Lisbeth in meine Überlegungen hinein.
    »Nein, alles in Ordnung, danke.« Ich versuchte ein Lächeln. »Ich muss dann jetzt mal los und mein Auto auslösen.«
     
    Doch daraus wurde nichts.
    Noch während ich bei Lisbeth am Küchentisch saß, klingelte mein Handy.
    Es war Jens.
    »Jens?«, fragte ich verblüfft. »Der Jens von gestern Abend?«
    Lisbeths linke Augenbraue hob sich, ein amüsiertes Lächeln lag um ihre Mundwinkel. Offenbar vermutete sie eine Art der Beziehung,
     die ich mit dem Anrufer definitiv nicht hatte.
    »Ich habe im Sender, ganz wie befohlen, von deinem Unternehmenerzählt und eine Kollegin ist ganz heiß auf die Geschichte. Ich wollte dich nur vorwarnen, sie meldet sich vermutlich noch
     heute bei dir.«
    Ich konnte mich kaum bedanken, als der Anklopfton in meinem Handy mir anzeigte, dass ein weiteres Gespräch ankam.
    Jens lachte. »Das ist sie vermutlich schon. Ciao.«
    »Klopf, wie Kopf mit l oder wie klopfen ohne en hintendran, aber am besten duzen wir uns, das tun wir alle hier, ich bin die
     Heidi.«
    Vorstellung, Verbrüderung und Duzangebot – alles auf einmal im ersten Satz. Im zweiten erläuterte mir die Heidi den Beitrag,
     den sie über die ›Schmutzengel‹ bringen wollte.
    »Wann wollen Sie, Pardon, du diesen Beitrag denn drehen?«
    »Wir können so gegen vierzehn Uhr bei dir sein.«
    Ich sah auf die Uhr. Kurz vor eins.
    »Heute? Um zwei? Das ist ja schon in einer Stunde?«, stotterte ich.
    »Wo müssen wir denn dann hinkommen?«, fragte die Heidi ungerührt.
    Keine Frage, ob mir das recht sei. Ob es passe. Oder ob ich vielleicht arbeite? Termine hatte? Nein, wenn das Fernsehen ruft,
     springen die Leute, das weiß die Heidi genau, deshalb hält sie sich mit Absprachen nicht auf, sondern macht Ansagen. Punkt.
    Ich unterdrückte das inzwischen bekannte hysterische Kichern, verabschiedete mich von meinem ursprünglichen Plan, holte tief
     Luft und fügte mich in mein Schicksal, denn Troll hatte mir eingetrichtert, dass man Leuten von der Zeitung, dem Radio und
     dem Fernsehen niemals widerspricht, solange man noch etwas von ihnen will. Die Widerspruchslosigkeit kommt außerdem meinem
     Naturell entgegen,denn lieber akzeptiere ich zähneknirschend einen Befehl, als mich in unerquickliche Diskussionen verwickeln zu lassen. Diesen
     Wesenszug sollte ich ablegen, hatte Troll gesagt, nur eben nicht gegenüber den Medien. Ich nannte der Heidi also meine Geschäftsadresse,
     sie bestätigte und ich beendete das Telefonat mit zitternden Fingern.
    Ich erläuterte Lisbeth die Sachlage, nahm ihre Ermahnungen (»halt dich gerade und sprich nicht so leise«) und ihre Ermunterung
     (»lass dich ja nicht von den Fernsehfritzen verrückt machen – die kochen auch nur mit Wasser«) entgegen und nahm mir, wieder
     mal, ein Taxi.
    Den Rest der Zeit vor Heidis Eintreffen verbrachte ich damit, meine Termine für den Nachmittag zu verschieben (sieben Minuten),
     mein Büro aufzuräumen (zwölf Minuten) und mich umzuziehen (einunddreißig Minuten).
    Dabei waren mir all die Informationen, die ich am Tag vorher während des Stilseminars erhalten hatte, eher hinderlich als
     nützlich, denn ich sah nun deutlich, dass mir weder Schwarz noch Weiß steht. Das nutzte mir gerade wenig, denn ich hatte keine
     anderen Jacken als schwarze und keine anderen Blusen als weiße. An meine unvorteilhafte Figur mochte ich gar nicht denken.
     Ich war zutiefst verunsichert und sah vermutlich auch so aus. Aber auch mit dieser Katastrophe würde ich wohl leben müssen.
    Eine gute

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