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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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vorher gar nicht gekommen, jetzt erschien Sie mir als die einzig
     logische. Ich rief also die Heidi an.
    »Eine Folgesendung?«, fragte sie überrascht. »Aber die erste ist doch erst ein paar Tage her.«
    »Es gibt aber einen sehr aktuellen Anlass«, erklärte ich ihr. »Ein Hacker versucht, mir das Geschäft kaputt zu machen.« Ich
     berichtete ihr möglichst detailgetreu, aber ohne Tabeas Namen zu erwähnen.
    »Ist der Hacker durch unsere Sendung auf dein Unternehmen aufmerksam geworden?«, fragte Heidi, als ich geendet hatte.
    Ich überlegte krampfhaft, ob ein Ja oder ein Nein die bessere Antwort war. Bestenfalls bestätigte ein Ja die Wichtigkeit der
     Sendung und ich hatte bei der Heidi ins Schwarze getroffen.
    »Oh, das ist ein toller Aufhänger für eine Folgesendung. Wann geht es denn?«
    Wir verabredeten uns für den morgigen Samstagvormittag, Heidi versprach, auch Samstag noch zu schneiden. Ich hatte berechtigte
     Hoffnung, dass mein Leben vielleicht schon am Montag wieder in Ordnung wäre – bis die Heidi sagte: »Mit diesem Beerdigungsunternehmer
     muss ich natürlich auch sprechen.«
    Verdammt, auch das noch.
    »Ich weiß nicht, ob das geht«, stammelte ich, »da muss ich erst mal nachfragen.«
    Ich rief Lauenstein an und redete anscheinend so wirr durcheinander, dass er mich irgendwann unterbrach: »Also, Sie meinen,
     da kommt ein Fernsehteam, das mich interviewen will wegen des gefälschten Fotos auf Ihrer Internetseite?«
    »Ja«, murmelte ich.
    »Das ist doch die beste Werbung, die ich kriegen kann«, jubelte er. »Wann kommt die gute Frau denn?«
    Manchmal kann das Leben so einfach sein.
     
    Die Heidi kam diesmal mit einem anderen Team. Kameramann und Tontechnikerin waren weniger künstlerisch ambitioniert, dafür
     aber gute Handwerker. Sie filmten meinen Internetauftritt ab, ich durfte einige Statements abgeben, dann zog die Karawane
     weiter.
    Niemand hatte mich eingeladen, bei der Aufzeichnung im Beerdigungsinstitut dabei zu sein, also blieb ich zu Hause. Doch meine
     Gedanken kreisten unentwegt um Lauenstein und sein Unternehmen. Ob er wieder seinen schwarzen Anzug trug? Vermutlich schon,
     denn das gehörte zu seinem Job ja dazu. Ob er vor der Kamera eine gute Figur machte? Ob er sich wohl dekorativ vor einem offenen
     Sarg filmen ließe? Und wie ging die Sache mit seinem Vater weiter? War er denn überhaupt sein Vater? Eigentlich ging mich
     das Ganze nichts mehr an. Oder doch? Wäre es nicht nur recht und billig, wenn ich das Ergebnis meines Ausflugs ins belgische
     Güterbahndepot erführe?
    Stundenlang tigerte ich in der Wohnung auf und ab, anstatt an meiner Entschuldigung für Tabea zu arbeiten. Fast hätte ich
     den Sendetermin des Regionalfensters verpasst, in dem der Beitrag über den kriminellen Hackerangriff auf die Schmutzengel
     gesendet wurde. Die Anmoderation lief bereits, als ich bei Herrn Metzenrath klingelte, denn ich besaß noch immer keinen eigenen
     Fernseher.
    Der Bericht begann mit einer kurzen Sequenz aus der vorigen Sendung, in der die Schmutzengel vorgestellt wurden. Dann kam
     eine Großaufnahme des leidigen Internet-Fotos ins Bild. Aus dem Hintergrund erläuterte Heidi die haarsträubende »Werbe«-Aktion
     einschließlich gefälschter E-Mail an meine Kunden, dann wurde ein Interviewblock mit mir dazwischengeschoben. Ich berichtete über die Erfolge, die die Schmutzengel
     in den letzten Wochen vorzuweisen hatten, die wahre Flut an Aufträgen, die Tatsache, dass ich bereits einen Arbeitsplatz geschaffen
     hatte und weitere bald folgen würden. Danach wurde es spannend. Hinter mir wurde plötzlich eine schwarze Silhouette eingeblendet,
     dramatische Musik ertönte und eine Stimme ratterte ein paar statistische Zahlen über Kriminalität im Internet runter. Dann
     kam Lauenstein ins Bild. Ja, auch er sei ein Opfer, denn das manipulierte Foto zeige den Namen seines Beerdigungsinstituts.
     Nein, er sei sicher, dass zu keiner Zeit eine Leiche in einem Teppich vor seiner Tür gelegen habe. Ich hörte gar nicht mehr
     auf das, was er sagte. Ich sah nur noch ihn. Lauenstein sprach vollkommen ruhig, aber nicht salbungsvoll. Seine Wangen waren
     nicht gerötet, die Stirn war trocken. Er saß in einem geschmackvoll eingerichteten Büro am Schreibtisch und er machte eine
     unerwartet gute Figur. Eine ganz hervorragende Figur sogar. Er betonte, dass die Schmutzengel erstklassige Arbeit leisteten
     und weiterhin sein uneingeschränktes Vertrauen besäßen. Öffentlich. Im

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