Schmutzige Haende
Typ.
Stalin Rossetti brauchte Pino Marino.
Stalin Rossetti wusste, dass er ihn furchtbar verletzen würde, wenn er nein sagte.
Stalin Rossetti brauchte Pino Marino.
Er beschloss, sich Zeit zu lassen.
Stalin Rossetti lächelte zuversichtlich und umarmte Pino.
– Ich kümmere mich darum, mein Sohn!
Weihnachten … in Weiß
1.
Zwei Stunden, nachdem sie sich kennengelernt hatten, waren Scialoja und Mariella Brin im Bett gelandet. Das war nicht unbedingt ein Rekord, aber beinahe. Sie war an ihn herangetreten, weil sie mit ihm ein Interview über die Vorlieben und Passionen eines Mannes führen wollte, der genauso mächtig wie zurückgezogen und öffentlichkeitsscheu war. Er hatte sie abblitzen lassen: Es war nicht sein Stil, Interviews für ein Revolverblatt zu geben. Auch wenn die Journalistin, fügte er vielsagend hinzu, es durchaus verdient hätte …
– Versuchen Sie etwas, Doktor Scialoja?, hatte Brin mit breitem Grinsen geantwortet: Sie war ein Meter siebzig, trug einen spektakulären Minirock und hatte einen beachtlichen Busen.
– Das würde ich mir nie erlauben!
– Was für eine Enttäuschung!
– Habe ich noch Zeit für einen erneuten Versuch?
– Möchtest du meine Markensammlung sehen? Ich wohne nicht weit von hier …
Und jetzt stand Mariella Brin unter der Dusche und schmetterte „Il cobra non è un serpente …“ Sie trällerte, bitte, Liebling, würdest du mir den Haarbalsam reichen … Mit glänzender, feuchter Haut und begehrlichem Blick kam sie ins Zimmer. Als Liebhaberin gehörte sie zur Gattung der übermäßig Leidenschaftlichen, die nichts zu Ende brachten. Sie hielt sich für unwiderstehlich. Aber sie besaß keinen Funken von Patrizias Sinnlichkeit.
Patrizia.
Zum ersten Mal betrog er sie.
Denn es war nicht mehr und nicht weniger als ein Betrug.
Patrizia war sauber. Sogar Camporesi hatte das Handtuch geworfen. Er hatte sich entschuldigt und das Handtuch geworfen. Scialoja hatte alles zunichtegemacht. Scialoja hatte alles ruiniert.
Die läufige Katze, die sich an ihm rieb, widerte ihn plötzlich an.
Er fühlte sich schuldig, zweifach schuldig. Weil er Patrizia betrogen und weil er ihr das Vertrauen entzogen hatte.
Nackt wie er war, sprang Scialoja auf und suchte in der plüschigen Suite, die auf die Piazza Tor Sanguigna blickte, seine Kleider.
Mariella Brin schaute betrübt drein. Es war ihm scheißegal.
– Du bist mir zu Recht böse, Nico.
– Ich bin dir nicht böse. Ich muss zur Arbeit.
– Das Interview war nur ein Vorwand.
So, da hätten wir’s. Jetzt würde sie auf ihre Bezahlung bestehen. Eine Gegenleistung fordern, wie es Vecchio ausgedrückt hätte.
Vielleicht wollte sie jemandem vorgestellt werden.
Oder vielleicht gab es einen Redakteur, der ihr auf die Nerven ging.
Oder sie brauchte eine Empfehlung.
– Mach dir keine Sorgen. Es war schön mit dir. Du bist eine großartige Liebhaberin.
– Lügner. Aber seitdem ich dich das erste Mal gesehen habe, wollte ich mit dir ins Bett gehen!
Scialoja drehte sich um. Jetzt lächelte sie, wehrlos.
– Wie? Wo? Wann?, fragte er ungläubig.
– Bei diesem Regisseur, wie heißt er doch gleich, Trevi …
– Trebbi.
– Ja, genau, bei ihm. Ich bin den ganzen Abend um dich herumscharwenzelt, aber du hast mich nicht zur Kenntnis genommen.
– Und was hast du bei Trebbi gemacht?
– Arbeit.
– Was für eine Art von Arbeit?
– Interviews, so was eben … mit einem Wort, es war Liebe auf den ersten Blick.
Das Mädchen stand jetzt hinter ihm. Sie streichelte sein Geschlecht. Er zog sich zurück. Sie brach in Gelächter aus.
– Schuldgefühle?, unterstellte sie. Schau, ich bin sehr, sehr diskret. Auch weil du letzten Endes zu mir zurückkommen wirst …
Scialoja glaubte zu ersticken. Wer war diese Mariella Brin eigentlich? Eine späte D’Annunzio-Anhängerin? Du wirst zu mir zurückkehren … aber ich bitte dich! Abgesehen davon, dass sie keine Forderungen stellte, sprach sie sogar von Liebe! Nein, nein! Scialoja küsste sie auf die Wangen, zog sich an, wobei er der Versuchung widerstand, noch eine letzte Nummer zu schieben, und konnte erst wieder erleichtert aufatmen, als er die Piazza Navona und diesen drögen, auspuffgeschwängerten Vormittag hinter sich gebracht und sich hinter seinem massiven Nussholzschreibtisch verschanzt hatte.
Liebe! Liebe auf den ersten Blick!
In diesem Scheißmilieu, das von der
convenienza
, der Kosten-Nutzen-Rechnung, beherrscht wurde!
Es gab drei Möglichkeiten. Erstens: Das
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