Schmutzige Haende
wussten, dass man das Verbot des Professors mit etwas gutem Willen hätte umgehen können. Ilio hatte erleichtert aufgeatmet. Sie hatte nicht weiter darauf bestanden. Ilio hatte ihr gestanden, erschöpft zu sein. Aber auch er wollte nur den Schein wahren. Ilio war merkwürdig. Wieder merkwürdig. In einem gewissen Sinn war das die Wahrheit.
Deshalb Cortina,
of course
.
Diese berechenbaren Reichen. Diese Gewohnheitstiere. Die so ein großes Bedürfnis nach immer denselben Gesichtern und Orten hatten. Das gab ihnen Sicherheit.
Diese unerträgliche Mischpoche.
Ihre Mischpoche.
Eine
Apartheid
-Mischpoche.
Maya beobachtete Jimmy und Shona. Die dunkelschwarzen Gesichter, die eleganten Bewegungen. Die beiden wussten, was Apartheid bedeutete.
Sie hingegen war bloß eine reiche Dame, verwöhnt und gelangweilt. Früher oder später würde sie abhauen. Früher oder später. Aber nicht an diesem Abend. Nicht in Cortina.
Beim Wildgulasch – zu Raffaella hatte man allerdings gesagt, es handle sich um Huhn: Von einem nicht einmal achtjährigen Kind konnte man ja nicht verlangen, Bambistücke zu verzehren – erzählte Ramino Rampoldi mit einer an Ekstase grenzenden Leidenschaft von seinem letzten Gipfeltreffen mit Professor Gianfranco Miglio, dem Ideologen der Lega Nord. Beschreibung: ein alter, rüstiger Jakobiner aus der Poebene. Träume: ein wunderbarer Norden, der endlich zur Gänze den Bewohnern der Poebene gehörte.
– Ohne Professoren aus dem Scheißsüden. Ohne Arbeiter aus dem Scheißsüden. Ohne Richter aus dem Scheißsüden.
Ramino ließ seinen Blick über die Clique schweifen, fast, als wolle er überprüfen, wie sich der Enthusiasmus eines Frischgetauften auswirkte. Ein paar nickten, sogar mit einer gewissen Überzeugung. Manche, wie Ilio, wandten den Blick ab. Maya konnte der Versuchung nicht widerstehen und meinte untergriffig:
– Auch keine Richter? Wie das? Wart ihr denn nicht alle begeistert von Di Pietro und seinem Gefolge?
– Sie übertreiben.
Ramino zuckte mit den Achseln. Diesmal stimmten alle mehr oder weniger zu. Maya fing Ilios angespannten Blick auf.
– Aber als sie Craxi den Ermittlungsbescheid zugestellt haben, bist ausgerechnet du, Ramino, mit einer Magnum Champagner aufgekreuzt!
– Mit Prosecco aus der Poebene, meine Liebe, um ganz genau zu sein.
Gelächter. Ilio hob den Blick nicht vom Teller. Das Gespräch behagte nicht einmal ihm. Er machte gute Miene zum bösen Spiel. Aber warum? Gab es denn eine Einheit, die nicht zerbrochen werden durfte? Um keinen Preis? Maya entfernte sich vom Tisch und ließ sich mit einem Krimi auf einen Sessel fallen. Cortina oder Sankt Moritz, und vielleicht auch noch Davos. Sie hatte sich entschieden, einer Apartheid anzugehören, und deshalb würde sie sich umso mehr zurückziehen. Sie verspürte immer mehr den Wunsch, woanders zu sein. Woanders, und in einem anderen Leben.
– Alles in Ordnung?
Ilio streichelte sie. In seinem Blick lagen Liebe und Sorge.
– Alles in Ordnung.
Und außerdem hätte es nichts gebracht, einfach wegzugehen. Sie hätte auch ihn mitnehmen müssen. Brücken abbrechen. Die Strategie der verbrannten Erde. Und irgendwo neu anfangen. Ilio blieb ein paar Augenblicke bei ihr, berührte ihr Haar mit einem zärtlichen, aber vorsichtigen Kuss.
Irgendetwas lag an diesem Abend in der Luft. Eine schleichende, unerklärliche Spannung. Argwohn vielleicht.
Der Eklat ereignete sich später, als sich wie gewöhnlich jegliche Hoffnung auf einen außergewöhnlichen Abend zerschlagen hatte und die Clique langsam auseinanderging. Einige Gäste, die die Nacht in der wunderbaren, denkmalgeschützten Unterkunft des Gründers verbrachten, waren bereits in ihr Zimmer hochgegangen.
Ramino Rampoldi unterhielt sich höchst angeregt mit Ilio und Giulio Gioioso, der sich mittlerweile zur Abendgesellschaft gesellt hatte. Jimmy richtete das Unheil an. Als er ein Tablett vom Tisch nahm, warf er ungeschickterweise ein Glas Whisky um. Auf dem Pullover Ramino Rampoldis, der natürlich grün war, breitete sich ein riesiger Fleck aus.
– Pass auf, du Neger!
Eigentlich keine ganz schlimme Beleidigung. Eine Feststellung, nicht mehr und nicht weniger. Die Feststellung, dass es zwei unterschiedliche und streng getrennte Klassen gab: hier Ramino, dort der Neger. Dass er nicht ausdrücklich Scheißneger gesagt hatte, war vielleicht einem spontanen Respekt dem Hausherrn gegenüber geschuldet.
Maya, die den Vorfall beobachtet hatte, bemerkte den
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