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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Hand! Aber was für einer Hand!
    Es war nicht der richtige Augenblick. Aber würde der Augenblick jemals kommen? Oder verlor er den Mut?
    – Was für ein Gerücht, Zio?
    – Gewisse Klatschmäuler behaupten, dass Riina von Freundeshand fiel …
    Die Gerüchte, dass Provenzano anderer Meinung war, wurden immer mehr, flogen von Mund zu Mund, wurden immer größer, bis sie fast zum Fluch wurden. Die Ehrenmänner vertrauten einander nicht mehr. Der Bruder hatte Angst vorm Bruder. Die Familien lösten sich auf. Irgendjemand beschuldigte das Triumvirat des Verrats. Schließlich hatte Zu’ Cosimo eine Liste der suspekten Subjekte aufgestellt, die entweder offen ihren Ungehorsam zum Ausdruck gebracht oder die Richtlinien der Zentralkommission nicht widerspruchslos hingenommen hatten. Auf dieser Liste standen auch die Namen vieler Ehrenmänner, die Provenzano nahestanden.
    Zu’ Cosimo reichte Angelino das Dokument und fragte ihn: Welchen von denen willst du retten? Angelino überflog die Liste. Sein Name stand an oberster Stelle. Angelino seufzte.
    – Alle, die verdienen zu leben, sollen gerettet werden, und die, die den Tod verdienen, sollen verurteilt werden.
    Zu’ Cosimo nickte. Er ließ sich ein Zündholz geben und verbrannte die Liste. Dann zog er sich hüstelnd und lächelnd zurück.
    Während der letzte Fetzen des verbrannten Papiers ins Tal hinunterflatterte, begriff Angelino, dass es keine Rettung, keinen Ausweg gab. Angelino verstand, dass der Tod der einzige Ausweg aus der Cosa Nostra war.
    Aber Angelino fühlte sich zu jung, um an den Tod zu denken.

Carús Erleuchtung
    Ideen. Mythen. Darin bestand das ganze Geheimnis: Ideen verbreiten. Mythen beherrschen. Dann wirst du auch die Menschen beherrschen.
    So sprach Emanuele Carú.
    Genau. Aber wie zum Teufel sollte er diese grundlegende Wahrheit, die ihm nicht aus dem Kopf ging, in einem Kommentar unterbringen, in dem der Triumph des Staates über Salvatore Riina gefeiert werden sollte? Carú schwitzte, Carú goss sich noch einen Bourbon ein und zerriss die x-te Version des Textes, den er in Kürze vor der Fernsehkamera eines der vielen Sender lesen sollte, mit denen er zusammenarbeitete.
    Ideen. Mythen.
    Und du bist nicht länger „ein Mitarbeiter des Kartells“, armer alter Carú. Was nichts anderes hieß als: Du bist ein Hilfsarbeiter, ausrangiert, den Launen jedes x-beliebigen Direktors ausgeliefert, der dem Mehrheitsaktionär genehm ist.
    Carú träumte davon, selbst Mehrheitsaktionär zu werden.
    Der Mehrheitsaktionär seiner selbst. Carú träumte von einer Zeitung. Seiner Zeitung.
    Zeitungen säen Ideen. Zeitungen erzeugen Mythen. Zeitungen kontrollieren das Bewusstsein der Leute.
    Er hatte ganz klare Ideen.
    Ganz niedrige Redaktionskosten, mithilfe eines Trupps von frustrierten Journalisten, die gegen die Herren der roten Intelligenzija in den Krieg ziehen sollten, von der sie zu resigniertem Schweigen gezwungen worden waren. Großkampagnen im Zeichen der neuen moralischen Ordnung und der Demolierung der Tabus einer Gesellschaft, die infolge der Permissivität der Linken verweichlicht und weibisch geworden war. Ein paar soziale Aspekte, damit man nicht von Anfang an als brutal faschistisch dastand: Dazu waren die Italiener noch nicht bereit. Das würde noch etwas dauern. Die Veränderung des allgemeinen Bewusstseins musste, zumindest in den ersten Phasen, bewusst vorsichtig in Angriff genommen werden. Die Apotheose des Suggerierens mittels Sagen und Nichtsagen. Eine subtile Neubewertung der Allgemeinplätze, die seine eiskalten intellektuellen Ex-Freunde gerade mit einem verächtlichen Schulterzucken verabschiedeten. Antihistorische Vorschläge. Man würde sehen. Sobald die Italiener endlich aufwachten, mit einem Haufen präziser Ideen im Kopf, was ihre Gegenwart und die ihres Landes anbelangte. Zigeuner gehen uns auf die Eier. Schwarze stinken. Frauen sind lauter Huren, und die, die abtreiben, sind die größten Huren. Häftlinge müssen im Gefängnis bleiben. Alle haben das Recht sich zu bewaffnen, um ihr Privateigentum zu schützen. Endlich würden die Italiener aufwachen und sich darüber wundern, dass alle so dachten.
    Man musste nur, wie bei einer geduldigen Hebammenarbeit, das Schlimmste hervorholen, was die Italiener seit eh und je in sich trugen.
    Der Faschismus hatte das geschafft! Mussolini wäre nicht gescheitert, wenn er sich nicht eingebildet hätte, ernsthaft Faschist zu sein. Mussolini wäre nicht gescheitert, wenn er sich nicht zu

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