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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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ernst genommen hätte.
    Früher oder später haben die Italiener die Nase voll von denen, die sich zu ernst nehmen.
    Carú nahm sich nie ernst. Carú nahm keine Idee ernst. Carú hielt das rechte Gedankengut für Dreck.
    Carú hielt das linke Gedankengut für Dreck. Carú hielt jedes Gedankengut für Dreck.
    Carú dachte, dass ein intelligenter Mensch sich niemals an eine Idee verkaufte.
    Carú dachte, dass sich ein intelligenter Mensch gewissermaßen eine Zeitlang von einer Idee pachten lässt, um größtmöglichen Profit daraus zu schlagen. Keine Minute länger, keine Minute weniger.
    Es gab nur ein einziges, ernst zu nehmendes Problem. Geld. Eine Zeitung kostet Geld. Eine Zeitung ist ein Unternehmen. Carú hatte sich umgesehen und war dabei fast in Schwermut verfallen.
    Von wem sollte er das verdammte Geld bekommen?
    Von den alten Christdemokraten, die es bald hinwegfegen würde? Von den neuen Freunden, den Sozialisten, deren Tage ebenfalls gezählt waren?
    Von der MSI? Offenbar hatten sie ja die düstere Vergangenheit begraben. Aber wie lange würde es noch dauern, bis sie salonfähig waren?
    Von den Barbaren der Lega mit ihren merkwürdigen Riten mit Ampullen und Streitwagen und dem ausgerufenen Zustand permanenter Erektion?
    Jemand klopfte an die Garderobentür. Carú beschloss, dass er improvisieren würde. Den Staat zu loben, widerte ihn an. Aber genau das verlangte sein Auftraggeber. Und genau das wollte das Volk hören. Auf jeden Fall würde er versuchen, irgendeine giftige Bemerkung unterzubringen. Etwa den im Hintergrund agierenden Richtern zu ihrer Arbeit zu gratulieren, von denen auf den Titelseiten nie die Rede war, sondern die still und leise ihre Arbeit machten. Ja, das konnte man sagen. Aber leise. Um nicht zu riskieren, dass das Lob auf die einen wie eine Kritik an den anderen klang. Die Erinnerung an die Massaker war noch zu frisch. Das Land wimmelte nur so von Leuten, die lautstark um Falcone und Borsellino trauerten. Es würde noch lange dauern, bis ein freier Mensch endlich frei seine Ideen kundtun konnte.
    Ideen … Mythen …
    Carú erledigte brav seine Pflicht, dann ging er auf ein Gläschen zu Trebbi.
    Und ausgerechnet an diesem Abend bei einem mittelmäßigen Mousse au Chocolat – seit geraumer Zeit gab es im Hause Trebbi nichts Ordentliches zu essen – machte Carú eine Begegnung, die sein Leben verändern sollte.
    Und zwar, als ein Logenbruder ihn nach dem Begrüßungsritual fragte, ob er auf dem Laufenden sei, was in Mailand vor sich ging.
    – Und zwar?
    – Gar nicht so sehr in Mailand, sondern in Arcore …
    – Ich verstehe noch immer nicht.
    – Es heißt, Berlusconi habe vor, in den Ring zu steigen …
    – In den Ring zu steigen?
    – Du bist nicht auf dem Laufenden, Carú! In den Ring steigen … in die Politik gehen … eine Partei gründen, mit einem Wort!
    – Und mit wem will er die Partei gründen? Mit Mike Bongiorno und denen aus der Sendung
Drive-in
?
    Der Mitbruder hatte das Gespräch jäh abgebrochen, verärgert, dass es dem anderen an Takt mangelte. Später erfuhr Carú von Trebbi, dass der Typ dem mittleren Management von Publitalia angehörte, der Werbeagentur von Berlusconis TV-Sendern. Am Anfang war er zwar ungläubig und auch ein wenig belustigt gewesen – Berlusconi in der Politik? Reagan war zwar auch Präsident der USA gewesen, immerhin – doch in den Tagen darauf sah er die Sache langsam in einem anderen Licht.
    Carú machte ein paar Anrufe.
    Alle, die etwas wissen hätten können, leugneten. Alle die leugneten, leugneten auf allzu überzeugte Weise. Als wollten sie jemanden überzeugen.
    Carú begriff, dass die Information ernst zu nehmen war, und fragte sich, ob sich hinter dem beiläufigen Ton des Mitbruders nicht ein Angebot oder Rekrutierungsversuch verbarg. Ob er nicht das Terrain sondierte.
    Carú spürte, dass er erschauerte.
    Carú sondierte selbst das Terrain.
    Carú traf Leute. Sammelte Meinungen.
    Von Berlusconi ging eine gewisse Faszination aus. Er hatte Charisma. Er war skrupellos. Wer ihn kannte, behauptete, dass man sich seinem Charme kaum entziehen konnte. Er war glühender Antikommunist. Er war überzeugt, dass es die Linken auf ihn abgesehen hatten. Der Sieg der Roten war womöglich sein Untergang. Berlusconi hatte auch einen Haufen Schulden und eine politische Lösung konnte seinem Unternehmen nur nutzen. Berlusconi wurde vom Volk geliebt. Vor ein paar Jahren, als die Richter seine TV-Sender abgedreht hatten, hatte es eine echte Revolte

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