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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Sache zog sich in die Länge. Und als sie versuchte, auf B. G. zu sprechen zu kommen, erntete sie nur ein erschöpftes Seufzen. Sie musste für alle Unkosten aufkommen und ihre Brieftasche wurde immer schmäler. Hätte ihr Stalin Rossetti nicht das viele Geld versprochen, hätte sie sie in dieser beschissenen Pension verrotten lassen und wäre abgehauen. Aber sie konnte nicht. Es war eine schöne Stange Geld. Und sie brauchte es.
    Nach einigen qualvollen, unerträglich schwülen Augusttagen hatte Sonila beim Blättern in einer Illustrierten herausgefunden, dass in einem Lokal an den Navigli ein Fest stattfand, an dem der bekannte Sänger B. G. teilnehmen würde. Sie hatte Valeria gezwungen, sie zu begleiten: Ohne sie wäre es ihr nicht einmal gelungen, auch nur einen Blick hinter die verdunkelten Fenster des
Nottiziario
zu werfen. Aufgetakelt, wie es Sonilas Geschmack entsprach (wieder einen Haufen Geld ausgegeben, um diese Bohnenstange einzukleiden, aber wenigstens hatte sie sich entschlossen, sich zu frisieren, wenigstens das!), aufgetakelt also wie zwei Vorstadtnutten waren sie ein paar Minuten nach acht vor dem Tor gestanden. Der Portier hatte sie keines Blickes gewürdigt und ihnen bloß den Weg versperrt. Sonila hatte ihm mit dem Ellbogen in den Bauch gestoßen.
    – Dieses Fräulein ist eine Freundin von B. G.!
    – Eine gute Freundin?, hatte der Mann mit süffisantem Lächeln gefragt.
    – Eine sehr gute, hatte Sonila erwidert, und aus der winzig kleinen Börse zwei Hunderter herausgeholt.
    Der Portier war zur Seite getreten. Sonila hatte Valeria zu dem Tisch geschubst, wo B. G. thronte, umringt von reifen, vom Psychopharmakamissbrauch niedergebügelten Damen, von wohlsituierten Fünfzigjährigen mit hohem Herzinfarktrisiko und jungen Mädchen im Zustand fortgeschrittener Anorexie. Seitdem B. G. anständig geworden war, verzichtete er auf Fransenjacken und Westernstiefel. Man munkelte, dass er in die Politik gehen wollte.
    Als er plötzlich das Gespenst aus seiner Vergangenheit vor sich sah, sprang B. G. auf, zwang sich zu einem falschen Lächeln und reichte ihr wohlerzogen die Hand, wie es die Attitüde eines Neo-Dandys erforderte. Aber als sein Blick den Valerias kreuzte, wurde er steif, wie gelähmt vor Schreck.
    Tote Augen. Die Augen einer Toten. Ramino Rampoldi, der am Ende der Tafel saß, hatte indessen lebhaften Augenkontakt mit Sonila aufgenommen.
    – Stellst du uns deine Freundinnen nicht vor, B. G.?
    Er hatte sich von seinem Schreck erholt und stammelte mit unsicherem Lächeln: – Das ist Valeria. Wir sind … Cousins.
    Höfliches Schweigen, unterbrochen vom unterdrückten Kichern Rampoldis. Valeria lächelte. Das Lächeln war, sofern möglich, noch schrecklicher als der Blick. Dann schlug sie ihre abgekauten Nägel in B. G.s Handrücken und drückte wütend zu.
    – Ich sehe, du bist bestens in Form, Cousin!
    Und zog sich zurück. Sonila erreichte sie an der Tür. Sie packte sie am Arm und zwang sie, sich umzudrehen.
    – Bist du verrückt? Was ist in dich gefahren? Du machst alles kaputt.
    – Lass mich in Ruhe oder ich bringe dich um!
    Sonila war erschrocken. Wer weiß, wozu diese Dumpfbacke imstande war. Sie lockerte den Griff, ging ein paar Schritte zurück. Und fand sich in den Armen Ramino Rampoldis wieder.
    – Etwas aufgeregt, die Cousine, was?
    Sonila blickte Valeria zerstreut nach. Sie lief, auf den hohen Absätzen gefährlich wankend, davon.
    – Das vergeht. Sie steht ein wenig unter Stress, das ist alles!
    – Hör zu, warum beenden wir den Abend nicht woanders … nur wir zwei?
    – Warum nicht?
    Am Morgen darauf rief Sonila Stalin Rossetti vom Telefon im Hause Rampoldi aus an (Ramino: ein grunzender, fantasieloser und schwacher Liebhaber, aber großzügig, vor allem an Versprechungen) und informierte ihn.
    – Gut, gute Arbeit.
    – Und was soll ich mit ihr machen?
    – Lass sie gehen. Sie ist verloren.
    Wie immer war Stalin weitsichtig.
    Vor dem Tor des
Nottiziario
war etwas Endgültiges passiert.
    Valeria hatte Sonila wiedererkannt.
    Aber sie war nicht Sonila.
    Sie war Lady Heroine.
    Lady Heroine rief sie zu sich.
    Ihr Untergang war beschlossen.
    Und so würde es sein.

I left my heart in Portofino
1.
    Wohlerzogen wie immer hatte Ramino Rampoldi die Aufgabe übernommen, die männlichen Mitglieder der Clique davon zu informieren, dass „die Freundin des Römers eine ehemalige Hure“ war. Es folgten Schenkelklopfen, Gelächter und ein Haufen schweinischer Witze, an denen sich

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