Schnabel, Andreas
Wissen Sie, wann und wo ich den Wagen abholen lassen kann?«
»Er steht an der Vila Sirena. Im Moment ist die Spurensicherung noch dabei, alles auszuwerten, danach können Sie ihn haben.«
» Gracias , Señor Comisario, aber sagen Sie bitte Ihren Kollegen, dass sie mit ihrem schwarzen Puder keine Sauerei anrichten sollen. Das ist ja ein Teufelszeug, haben Sie schon mal versucht, einen Wagen nach einer derartigen Untersuchung zu säubern?«
»Ich werde es den Kollegen ausrichten«, erwiderte García Vidal grinsend. »Und haben Sie Dank für Ihre Hilfe.«
*
Der Konsulatssekretär war sichtlich bemüht, keinen Fehler zu machen, und dementsprechend steif wirkte der sonst eher lockere junge Mann. Dies war seine erste Anstellung nach dem Staatsexamen an der deutschen Fachhochschule des Bundes, und es schien ein kniffliger Fall zu sein, bei dem eine nicht unvermögende Deutsche einen Araber geheiratet hatte. Ausgerechnet er, der frisch examinierte Jungdiplomat Ewald Wirz, sollte nun die ganzen Dokumente beglaubigen.
Vor ihm saß der finster dreinschauende Araber, der mit Adleraugen jeden seiner Handgriffe beobachtete. Auf einem Stuhl hinter ihm hatte seine tief verschleierte Ehefrau Platz genommen. Den Platz rechts neben dem Herrn belegte der Dolmetscher. Es wurde Spanisch gesprochen.
Wirz sprach den frisch gebackenen Ehemann an. »Sie sind Abdul Qadir Ibn Abd Allah Abu Salama?«
Der Angesprochene nickte und schob ihm wortlos seinen algerischen Pass und den deutschen Personalausweis seiner Ehefrau über den Tisch.
»Und wenn ich das hier richtig sehe«, Wirz überflog eins der in Spanisch verfassten Dokumente, »ist das eine Heiratsurkunde?«
»Sí«, bestätigte der Dolmetscher.
»Und Sie, gnädige Frau, sind demnach Abiya Abu Salama, geborene Antonia Stefanie Friederike Adelgunde Freifrau von Michelsen zu Ahrenshoop und verwitwete von Siehl.« Er beugte sich zur Seite, um der verschleierten Dame zumindest in die Augen sehen zu können, dem Einzigen, was zwischen den Tüchern hervorschaute.
Außer sich vor Zorn erhob sich der Ehemann von seinem Stuhl und brüllte ihn auf Arabisch an. Kreidebleich wich Wirz zurück. »Was ist denn mit Ihnen los?«
»Wie kommen Sie dazu«, versuchte der Dolmetscher den Wortschwall zu übersetzen, »die Ehefrau dieses Mannes derart respektlos anzusprechen?«
Wirz hatte sich im Gegensatz zu dem aufgebrachten Araber sehr schnell wieder gefasst. »Sagen Sie dem Herrn bitte, dass er sich erstens im Ton mäßigen und zweitens wieder setzen soll, sonst lasse ich ihn aus dem Konsulat entfernen. Ich bin mir sehr sicher, dass ich in Ausübung meines Amtes ebenfalls Respekt verdient habe, den der Herr jedoch komplett vermissen lässt.«
Nachdem der Dolmetscher übersetzt hatte, beruhigte sich Abu Salama wieder, funkelte Wirz aber weiter mit feindlichem Blick an. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, zischte er dem Übersetzer etwas zu.
»Señor Abu Salama verbittet es sich, dass seine Gattin von Ihnen angeblickt, geschweige denn angesprochen wird.«
»Und ich verbitte mir einen derartigen Ton.« Wirz legte die Heiratsurkunde in den Pass des Arabers, klappte ihn zu und schob alles wieder über den Tisch. »Um die Identität Ihrer Gattin feststellen zu können, müssen wir sie erstens ansprechen dürfen und zweitens ihres unverschleierten Antlitzes ansichtig werden. Sonst können wir die Übereinstimmung des Personalausweisfotos mit der Ausweisinhaberin nicht überprüfen. Ich kann Herrn Abu Salama anbieten, dass diese Aufgabe eine Kollegin übernimmt, aber ohne Überprüfung der Identität gibt es keine Beglaubigung der Eheschließung.«
Wutentbrannt zischte der Ehemann eine Antwort.
»Herr Abu Salama wünscht, umgehend Ihren Vorgesetzten zu sprechen.«
Ewald Wirz erhob sich von seinem Stuhl. »Ich werde Frau Konsulin Flach über Ihr Anliegen informieren.«
»Ihr Vorgesetzter ist eine Frau?« Dem Dolmetscher war das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.
»Aber natürlich«, entgegnete Wirz lächelnd.
Nachdem seine Worte dem Ehemann übersetzt worden waren, schoss der wie angestochen hoch, drehte sich um, zerrte seine völlig überrumpelte Frau am Arm von ihrem Stuhl, schrie etwas und verließ wutschnaubend das Büro.
»Herr Abu Salama ist in seinem Land ein angesehener Mann, man würde es ihm niemals zumuten, mit einer Frau, die womöglich unverschleiert ist, sprechen zu müssen, geschweige denn deren Anweisungen entgegenzunehmen. Er wird sich bei der deutschen Botschaft in seinem
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