Schnabel, Andreas
antun?«
»Ich bin Major der algerischen Armee. Es gibt nicht wenige Soldaten, die es zwar sind, aber wir akzeptieren keine Homosexualität. Nur tote Schwule sind in der Armee gute Schwule.«
»Und warum bist du jetzt hier und nicht in deiner Kaserne?«
»Weil ich Hochzeitsurlaub genommen habe. Ich wusste ja, dass mir mein Onkel ein Weib schenken wollte. Und als ich dann dein Bild gesehen hatte, wusste ich, dass es Allah gut mit mir meinte.«
»Yussuf, wie stellst du dir unsere Flucht nun eigentlich genau vor?«
»Dass ich hier weggerufen werde, ist schon seit Langem geplant. Neu ist, dass du mitkommst, und das verkompliziert alles enorm.«
Sie legte den Kopf auf die Seite. »Das hört sich an, als könnte es gefährlich werden.«
»Wir beide werden nicht allein sein, und somit gibt es Mitwisser, was immer gefährlich ist. Mehr kann ich dir aber nicht verraten. Falls wir auffliegen, ist es besser, wenn du nichts weißt.«
»Vertraust du mir so wenig?«
»Ich vertraue dir völlig, aber ich kenne die Methoden, mit denen der militärische Abschirmdienst Verhöre führt. Glaub mir, nach einer Stunde würdest du behaupten, bei der Kreuzigung deines Heilands Augenzeuge seines Selbstmordes gewesen zu sein.«
»So schlimm?«
Er wandte sich von ihr ab. »Noch viel schlimmer.«
»Warst du bei diesem Abschirmdienst?«
»Nein.« Sein Gesicht erhellte sich. »Ich bin mit Leib und Seele Hubschrauberpilot. Ich bin auf einem Stützpunkt in Oran stationiert. Das ist die zweitgrößte Stadt Algeriens, an der Westküste gelegen. Von dort aus fliege ich eine ›Westland Seaking‹. Wir gehören auf unserem Stützpunkt weniger zu den aktiven Streitkräften, sondern mehr zur ›Search and Rescue Force‹ der algerischen Armee.«
Er schaute auf seine Uhr. »Lass uns wieder zum Lager zurückkehren, bevor wir vermisst werden. Dann habe ich auch noch genug Zeit, um unsere Abreise vorzubereiten.«
Annmarie beobachtete jede seiner etwas fahrigen Bewegungen. »Was ist los, Yussuf? Eben hast du mich noch angestrahlt, jetzt ist dein Gesicht wieder voller Kummerfalten.«
»Mir graut, ehrlich gesagt, vor der Nacht. Ich weiß immer noch nicht, wie ich das mit dem blutigen Laken machen soll, wenn der Bote aus irgendeinem Grund nicht wie verabredet kommen sollte.«
»Da wird es doch wohl Möglichkeiten geben.«
»Malala wird das Mädchen morgen ausfragen. Sie muss dann berichten, von mir mit Begeisterung entjungfert worden zu sein. Ich weiß aber nicht, ob mir das gelingt. Sie wird Angst davor haben und mir dies auch zeigen. Ich käme mir wie ein Vergewaltiger vor.«
»Mit zwölf wird sie noch nicht so sehr entwickelt sein. Du könntest Viagra nehmen, und ich male der Göre mit Edding einen Bart an.«
Yussuf bemühte sich, alles ebenso humorvoll zu sehen wie sie. »Frauen haben eben keinen kleinen Freund, der sie in bestimmten Situationen ganz schön hängen lassen kann.«
Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Aber besondere Männer haben in bestimmten Situationen eine Freundin an ihrer Seite, und die lässt sie bestimmt nicht hängen, auch dabei nicht.«
Er wusste nicht, warum er Annmarie blind vertraute, aber er tat es instinktiv, und wenn Hakim, sein Arbeitskollege und Freund, alles richtig machen würde, worum er ihn in einer SMS über Satellitentelefon gebeten hatte, dann wäre er heute Abend schon auf dem Weg zu seinem Stützpunkt, ohne Ehefrau Nummer zwei, aber, wie er hoffte, mit seiner ersten.
*
Die Abteilung Staatsschutz der Policía National bereitete in großer Eile die Observierung der Wellness-Finca vor. Satellitenbilder, Baupläne und Pläne der Kanalisation mussten besorgt, Empfängerantennen rund um das Grundstück herum platziert und bestehende Versorgungs-und Kommunikationsleitungen angezapft werden. Währenddessen traf sich García Vidals Truppe zu einem Zwischenbericht im Büro des Comisarios.
Da Carmen vom Schreibtisch aus alles koordinierte, eröffnete sie das Meeting. »Dank der Hilfe von Señor Wirz und der Liste der Konsulate sind Marga und Jordi ein großes Stück weitergekommen. In den vergangenen zwei Jahren sind insgesamt sechzehn betuchte Damen und Herren während eines Mallorcaurlaubs verschwunden und mit ihnen ihr Vermögen. Dabei reden wir nicht über verschwundene Brieftaschen, sondern um zusammengerechnet knapp einhundert Millionen Euro. Die Konten der Männer wurden von den verschwundenen Personen selbst, und zwar von Mallorca aus, abgeräumt, die Konten der Frauen von deren frisch
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