Schnabel, Andreas
sicher, ob ich das verstanden habe.«
Er musste lachen. »Ich mir auch nicht.« Er erhob sich, ging an ihren Computer und begann zu tippen. »Du schickst mir jetzt eine Mail, in der steht, der Cortado sei ›sehr zu empfehlen‹. So, raus ist sie.« Er erhob sich und ging wieder zu seinem Computer. Seine Finger flogen geradezu über die Tasten. »Nun öffne ich meinen ›Thunderbird‹, und da ist sie schon, deine Mail.« Er zeigte auf den Bildschirm. »Ich öffne sie und fange mir damit deine Läuse ein. Und nun mach ich noch schnell Homebanking und überweise mir zehn Euro auf mein Zweitkonto.«
»Aber wozu das Ganze?«
»Wenn alles so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, hast du in einer guten Stunde Auskunft über all meine Konten und wirst über jede Kontobewegung von mir informiert.«
»Aber solche Dateien habe ich nie erhalten.«
»Das weiß ich. Dein Computer speichert sie nur, bis sich der Initiator dieser ganzen Nummer bei dir einhackt und die betreffenden Dateien absaugt.«
»Und wer ist das?«
»Das kann ich dir sagen, wenn er sich unsere ›Läuse‹ eingefangen hat, die ich ihm als kleines Geschenk an meine Kontobewegung angeheftet habe.«
»Müssen wir dazu hier am Computer sitzen?«
»Nein.«
Sie nahm ihn bei der Hand. »Dann werden wir für eine Stunde an den Strand fahren. Du hast schließlich Urlaub.«
*
Berger hatte unbedingt mit seiner Dyane nach Manacor fahren wollen, und so tuckerte er mit dem Comisario auf dem Beifahrersitz ganz gemächlich über die C-714.
»Werden Sie bei diesem Anti-Tempo nicht wahnsinnig?«
Berger grinste amüsiert. »Was heißt hier Anti-Tempo? Das ist eine Reisegeschwindigkeit, bei der man noch die Möglichkeit hat, das eigene Gemüt mit dieser wunderschönen Insel visuell vollzutanken.«
García Vidals Handy klingelte. Er sah aufs Display und stellte gleich auf »Freisprechen«. »Hola, Andrea, was liegt an?«
»Wir sind hier in Campos an der Einsatzstelle von heute Nacht und werden wie die Deppen behandelt. Ich weiß nicht, ob sich der gute Álvarez an uns rächen will oder ob er von Haus aus irre ist. Wir dürfen jedenfalls nicht hinter die Absperrung, sonst will er uns verhaften lassen.«
»Und was macht die Spusi?«
»Die Kollegen stehen ebenso ratlos neben uns. Álvarez wartet auf seine eigenen Sprengstoffspezialisten, und vorher darf da niemand rein.«
»Dann haltet euch an die Anweisungen und bleibt so lange vor Ort, bis ihr reindürft. Ich bin mir bei der professionellen Arbeitsweise, die dieser Herr bisher an den Tag gelegt hat, ziemlich sicher, dass die eine Menge übersehen.« García Vidal schaute fragend zu Berger. »Oder hätten Sie anders entschieden?«
»Absolut nicht«, bestätigte der. »Ich persönlich hätte die Anweisung begrüßt, dass immer, wenn Álvarez an dem Kollegen Bastos vorbeigeht, die Dienstwaffe zu reinigen ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dabei ein Schuss löst, ist doch recht hoch, oder?«
Sie hatten sich inzwischen heillos im Gassengewirr Manacors verstrickt.
»Wer soll sich denn hier noch auskennen?«, schimpfte Berger.
»Das ist doch ganz einfach«, erwiderte der Comisario. »Es sind alles Einbahnstraßen. Immer abwechselnd geht die Fahrtrichtung nach Nordwesten und dann wieder nach Südosten. Und wenn Ihnen einer entgegenkommt, dann sind Sie ein Geisterfahrer.«
»So wie jetzt?« Berger fuhr rechts in eine Parklücke, um den Gegenverkehr vorbeizulassen.
»Nein, wir sind auf einer Hauptstraße.«
»Hauptgasse meinen Sie wohl.«
García Vidal zeigte auf ein Straßenschild. »Carrer de la Fe. Da müssen Sie links rein.«
Sie parkten vor der Hausnummer 48. Schräg gegenüber war ihr Ziel.
»Hm«, brummte Berger. »Ist ja ein ziemlich abgewohnter Kasten.«
»Hören Sie auf, schon jetzt zu nörgeln, Miguel. Sie sind lange genug auf Mallorca, um zu wissen, dass man hierzulande nicht viel Wert auf die Fassade legt. Schon so manche äußerliche Bruchbude hat sich innen als Juwel entpuppt.«
Sie mussten mehrfach klingeln, bis sie hinter der Haustür einen schlürfenden Gang vernahmen. Ein hagerer Mann, der vielleicht dreißig war, aber wie fünfundsiebzig aussah, öffnete ihnen.«
»Hola, Señor. Mein Name ist …« García Vidal zögerte und sah den Mann noch einmal von oben bis unten an. »Esteban Ponto. Das hier neben mir ist Rafael Sanchez, wir sind von der Stadtverwaltung. Dürfen wir reinkommen?«
»Nein.«
Der Comisario ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Der Mann war durch langjährigen
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