Schnappschuss
Benzingutschein, fünf Gutscheine von McDonald’s, einen für kostenloses Reifenauswuchten und Spureinstellung von Tyrepower und einen Aufkleber mit der Aufschrift »Sicher fahren und leben«.
»Dann sagen Sie sich eben, dass das Ihren Charakter bildet.«
»Ach ja, richtig«, sagte Pam.
Am Ende des Spazierganges fragte Ellen: »Kaffee?«
Pam machte kurz ein trauriges Gesicht und riss sich wieder zusammen. »Nein danke, Sergeant«, sagte sie würdevoll. »Ich habe vor der Arbeit noch ein paar Sachen zu erledigen.«
Ellen nickte und dachte: Sie will Alan nicht über den Weg laufen. Ellens Ehemann nannte Pam »diese aufdringliche kleine Uniformierte«, und bei den wenigen Malen, bei denen sie sich begegnet waren, hatte er seine Abneigung gegen sie nur notdürftig verbergen können. Es gefiel ihm nicht, dass seine Frau der Jüngeren unter die Arme griff.
Vor dem Geschäft verabschiedeten sie sich, und Ellen ging heim. Heim, das war ein Fiberzementhaus auf Stelzen. Einerseits waren es nur zwei Minuten zu Fuß bis zum Strand und zehn Minuten mit dem Wagen bis in ihr CIU-Büro in Waterloo, andererseits war das Haus überhaupt nicht isoliert und nur schwer zu heizen und warm zu halten. Am Morgen und am späten Nachmittag war es am schlimmsten. Ellen hasste es, in einem kalten Haus aufzuwachen oder nach der Arbeit ein kaltes Haus vorzufinden. Ständig spürte sie diese Kälte. Außerdem hatte sie abgesehen von ihrem Mann niemanden, mit dem sie reden konnte, und Alan war ihr da nur ein schwacher Trost. Als ihre Tochter Larrayne noch bei ihnen gewohnt hatte, war es besser gewesen, aber nun studierte sie in der Stadt.
Ellen kam in die Küche, wo ihr Mann in Uniform, ganz verhärtet vor Kummer und Groll, am Küchentisch saß und frühstückte. »Hast du die Heizkostenabrechnung gesehen?«
Hatte sie nicht. Die hatte sie ungeöffnet in dem kleinen Weidenkörbchen neben dem Telefon am Ende der Küchenbank vergessen, wo alle Rechnungen und Postwurfsendungen landeten. Sie schüttete sich Müsli und Sojamilch in eine Schüssel. »Wie viel?«
»Ach, nur knapp das Doppelte wie im Vorjahr«, antwortete Alan. Dann packte er tatsächlich eine Hand voll Rechnungen und Kreditkartenbelege und hielt sie ihr unter die Nase. »Jetzt, wo wir hier nur noch zu zweit sind, da müßten die Kosten doch sinken ,würde ich meinen«, sagte er.
Alan war kräftig gebaut, fast schon ein wenig übergewichtig von den vielen Stunden im Streifenwagen. Er war kürzlich zur Unfallaufnahme versetzt worden, hatte aber jahrelang bei der Verkehrspolizei gearbeitet. Er bekam im Sommer etwas Farbe und sah gesünder aus, doch im Winter wurde seine Blässe eines Rotblonden ein wenig zu blass und wirkte kränklich. Nicht zum ersten Mal fragte sich Ellen, warum sie mit ihm zusammenblieb, wo doch in ihrer Ehe schon seit langem die Liebe fehlte. Und was hatte er davon? Ihr Sexualleben fand nur sporadisch statt, sie wuchsen nicht aneinander, ständig stritten sie sich. Es wäre nicht schwer für sie, sich zu trennen, jetzt wo Larrayne nicht mehr zu Hause wohnte und nicht mehr von ihnen abhängig war.
Doch wenn sie Alan verließ, würde ihn das vernichten. Er wäre hilflos und ohne jede Hoffnung. Es gab keinen Grund, mit ihm zusammenzubleiben, aber der erste Schritt zu einer Trennung war nun mal der schwerste.
Er drückte die Augen zu Schlitzen zusammen und starrte sie an, als sie sich mit ihrem Müsli und einer Tasse Kaffee ihm gegenüber hinsetzte. »Hast du im Winter jemals den Heizlüfter den ganzen Tag laufen lassen?«
Ja, zwei-, dreimal vielleicht, vielleicht auch ein Dutzend Mal. »Nein«, sagte sie nachdrücklich.
»Lügnerin.« Dann überkamen Alan Zweifel. »Vielleicht ist das Messgerät kaputt.«
»Der Winter war bisher ziemlich kalt«, sagte Ellen, und um das noch zu unterstreichen, tuteten die Nebelhörner von der Westernport Bay herüber.
»Und?«
»Und ich finde, wir sollten uns eine Zentralheizung einbauen lassen.«
»Das sind wir doch schon alles durchgegangen.«
Wir? Es gibt kein wir, dachte Ellen. Und wenn ich ihn wirklich verlassen will, warum denke ich dann daran, eine Zentralheizung einbauen zu lassen? Vielleicht weil ich denke, ich kriege das Haus? Holla, dachte sie, jetzt gehst du aber ein bisschen zu weit.
»Und noch was«, sagte Alan. »Manchmal sitzt du da mit laufendem Heizlüfter und offenem Fenster. Das ist doch dumm. Das ist so, als wolltest du nicht nur das Zimmer heizen, sondern gleich ganz
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