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Schnarchen heilen

Schnarchen heilen

Titel: Schnarchen heilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Med. Berndt Rieger
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Ende des 19. Jahrhunderts das Schnarchen in der Ehe thematisiert. Der ungeliebte Ehemann von Flauberts „Madame Bovary“ ist ein Schnarcher, und jene Nächte, in denen sie seinem Schnarchen zuhört, werden zum Bild einer immer weiter zerrütteten Ehe. Wird anfangs noch neutral berichtet, wie Charles Bovary abends noch kurz von der Arbeit erzählt und reichlich isst und trinkt, bevor er dann übergangslos ins Bett geht, um gleich mit dem Schnarchen zu beginnen, ergibt sich für Emma bald die Eintönigkeit des Ehelebens daraus, dass die einzigen noch möglichen Veränderungen in dieser Beziehung darin liegen, ihren Ehemann lauter oder leiser schnarchen zu hören. Das Schnarchen wird darüber hinaus Symbol für das Nicht-zuhören-Können des Ehemanns in dieser Ehe, für seine Ich-Bezogenheit und seine Unzugänglichkeit. Ob Bovary nun schläft oder wacht, was er von sich erzählt, ist für seine Frau monoton geworden und belanglos wie Schnarchen.
     
    Auch in Tolstois „Anna Karenina“ spitzt sich die Situation zwischen den Eheleuten immer weiter zu, bis Karenin Alexej Alexandrowitsch seiner Ehefrau Anna durch sein Schnarchen beweist, dass ihre Ehe endgültig vorüber ist. Vor dem Zu-Bett-Gehen besprechen die Eheleute ihre verfahrene Situation, doch Alexej beteuert aufs Neue seine Liebe. Anna fühlt sich in die Ecke gedrängt und wird von dem Gespräch so müde, dass sie sich kaum mehr auf den Beinen halten kann. Anstatt ihrem Mann zu antworten, schlägt sie unvermittelt vor, ins Bett zu gehen. Wenig später kommt sie gewaschen und bettfertig aus dem Bad. Ihr Mann ist noch wach und liegt mit zusammengepressten Lippen da, als schmolle er. Er vermeidet ihren Blick und wartet wahrscheinlich darauf, dass sie sich erklärt, sich entschuldigt oder zumindest das Gespräch fortsetzt. Sie aber löscht das Licht und legt sich schweigend hin. Vielleicht wartet sie auf etwas, eine klare Entscheidung. Während sie im Dunkel liegt, beginnt sie, an ihren Geliebten zu denken, bis sie von einem Geräusch gestört wird: „Plötzlich hörte sie ein gleichmäßiges, ruhiges Schnarchen. Anfänglich schien es noch, als sei Alexej Alexandrowitsch von seinem Schnarchen entsetzt, denn es verstummte momentan, um nach einer Pause von ein oder zwei Atemzügen wieder aufzuleben und von nun an in einem neuen, geruhsamen Rhythmus wiederzukehren.“
    Ihr Entsetzen liegt darin, dass er einfach eingeschlafen ist. Auch wir spüren: Wenn der Karenin sie wirklich lieben würde, läge er nun wach und mit klopfendem Herzen da. In der emotional aufgeladenen Atmosphäre einer vom Scheitern bedrohten Ehe dann im Schlaf aber auch noch zu schnarchen, deutet tatsächlich auf eine Gefühllosigkeit hin, die jeden Ehebruch rechtfertigt.
     
    In den russischen Gesellschaftsromanen wird überhaupt viel geschnarcht. Wenn Turgenjew einen seiner Erzähler seine Geschichte unterbrechen lässt, um auf das „vulgäre Schnarchen“ eines Schläfers aufmerksam zu machen, und ein Prinz in einer anderen Geschichte auf die Frage, ob man Tiere hypnotisieren könne, antwortet: „Ja, es gibt so ein Tier. Kennen Sie einen gewissen Melwanowski? Sie versetzten diesen Mann vor meinen Augen in Schlaf, und und schon beginnt er zu schnarchen“, erkennt man sehr rasch, dass das Schnarchen der Aristokratie als untrügliches Zeichen minderwertiger Herkunft dient. Wahrscheinlich war es tatsächlich so, dass die russische Unterschicht, dieses Heer von Leibeigenen, Bauern und Bediensteten, stärker schnarchte als ihre Herrschaft. Der Enge in den Salons stand im wirklichen Leben die Enge eines Sklavenlebens gegenüber, der man nur durch den Tod entrann. Also war es allerorten üblich, sich hemmungslos zu besaufen, um wenigstens von all der Qual durch Rausch direkt in den Schlaf entfliehen zu können, der dann durch die Wirkung des Alkohols mit Schnarchen durchsetzt war. So wurde das Schnarchen Merkmal einer sozialen Schicht und in zunehmendem Maß die sich ballende Faust der nahenden Revolution. Mitunter kann es durch diese verkappte soziologische Bedeutung zum Bindeglied von Menschen in der Unterschicht werden und so etwas wie ein Identitätsgefühl schaffen. So wirkt es bei Tschechow, wenn er seinen Erzählen sagen lässt: „Ich legte Mantel und Stiefel ab, und überkommen von Erschöpfung legte ich mich neben dem leichten, angenehmen Schnarchen Sobols folgsam hin.“ Es klingt fast, als wolle er sagen: Ja, und so leicht und angenehm werden wir künftig alle schlafen, Brüder – als

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