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Schnauze Wessi: Pöbeleien aus einem besetzten Land (German Edition)

Schnauze Wessi: Pöbeleien aus einem besetzten Land (German Edition)

Titel: Schnauze Wessi: Pöbeleien aus einem besetzten Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Witzel
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wie etwa ein politisches Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom? Bei nur einem »Ja« bleiben Sie zu Hause!

Lektion 2. Wenn es trotzdem sein muss, pendeln Sie lieber!
     
    Übernachten Sie »unter der Woche« in einem der zahlreichen westdeutsch geführten Hotels und fahren Sie mit Ihren beamteten Landsleuten Donnerstagmittag wieder heim. Fernbeziehungen erhalten die Neugier und schonen auf beiden Seiten Nerven. Sollte das Ihr Budget in der 1. Klasse nicht hergeben oder der Drang unstillbar werden, »richtig« hier zu leben – suchen Sie sich eine überteuerte Wohnung in bevorzugter Lage. Dort treffen Sie genug Nachbarn mit wertvollen Tipps, wo man sonst noch am besten unter sich bleibt. Vergessen Sie auch bei den kleinsten Widrigkeiten nie: Es gibt immer ein Zurück!

Lektion 3. Nähern Sie sich Eingeborenen rücksichtsvoll!
     
    Und nicht wie von zu Hause gewohnt mit lautem Ego-Gepolter. Sprechen Sie niemanden gleich im ersten Satz auf seine Stasivergangenheit oder Ihre persönlichen Opfer beim Aufbau Ost an. Vermeiden Sie überschwängliches Lob für Anpassungsleistungen und frisch sanierte Fassaden, denn damit haben meistens nur Ihre eigenen Landsleute das Steuergeld abgeschrieben, von dem Sie glauben, es sei im Osten versickert.

Lektion 4. Verwechseln Sie »Guten Tag« nicht mit Freundschaft!
     
    Selbst eine Einladung zum Grillen in den Schrebergärten mitleidiger Kollegen heißt noch gar nichts. Freundschaft braucht hier etwas mehr Anlauf als einen Facebook-Klick oder die Vorspeise mit so genannten Geschäftsfreunden. Wahrscheinlich werden einheimische Freunde für Sie persönlich gar kein Thema sein, über das Sie sich hier den Kopf zerbrechen müssen.

Lektion 5. Biedern Sie sich trotzdem nie an!
     
    Kaum etwas macht ehemalige DDR-Bürger misstrauischer als Heuchelei, übertriebenes Interesse für angebliche Folklore-Rituale wie etwa Gruppensexorgien im Plattenbau-Partykeller oder unangemessene Fragen nach der Höhe ihrer Hartz-IV-Aufstockung, erst recht dann, wenn sie womöglich für Ihre Firma unter Tarif arbeiten. Um Eingeborenen auf Augenhöhe zu begegnen, beugen Sie sich auf keinen Fall herab – nicht einmal in Gedanken. Es reicht völlig, wenn Sie sich überall so benehmen wie ein deutscher Außenminister bei seinem Antrittsbesuch in Yad Vashem.

Lektion 6. Versuchen Sie es gar nicht erst mit Umerziehung!
     
    Falls Sie sich in eine so genannte, meist von westdeutschen Neonazis ausgerufene »national befreite Zone« verirren, belehren Sie die einheimischen Pappnasen nicht darüber, was Sie für Toleranz halten. Es könnte sein, dass man Sie allein aufgrund Ihres Dialekts für den neuen Anführer hält. Bitte auch nicht streicheln, füttern oder um Gnade winseln. Verschaffen Sie sich Respekt und nennen Sie den Anführer eine feige Schwuchtel – zu 94 Prozent werden Sie Recht behalten! (Achtung: Statistische Schwankungen möglich.)

Lektion 7. Kaufen Sie keine einheimischen Produkte!
     
    Jede Kaufhalle (Wenn Sie jetzt fragen, was das ist, beginnen Sie am besten noch mal mit Lektion 1.) bietet genug Auswahl an Marken, die Ihnen geläufig sind oder Ihre abgestumpften Geschmacksnerven nicht verunsichern. Wenn Sie einmal Nudossi auf dem Brötchen hatten, sind Sie für die Konkurrenz für immer verloren. Bleiben Sie am besten auch gleich bei den aufgeblasenen Brötchen der Besatzer-Back-Ketten. So geht Ihnen bei längeren Aufenthalten die eigene heiße Luft nicht aus. Lassen Sie sich notfalls Westpakete schicken.

Lektion 8. Erschrecken Sie nicht über Herzlichkeiten!
     
    Wenn Ihnen eine für Ihre Verhältnisse viel zu junge, zu hübsche und ungewohnt selbstbewusste Frau schöne Augen macht, liegt das nicht an Ihnen, Ihrer Ausstrahlung oder gar Ihrer Mundart, sondern höchstens an Ihrer protzigen Uhr. Halten Sie Bargeld für den brutalen Freund des Mädchens bereit, der spätestens am nächsten Morgen eine Entschädigung verlangt. Zur Vertiefung: Hemmungslose Orgien in Plattenbaukellern gibt es nicht mehr.

Lektion 9. Verzweifeln Sie nicht bei Verständigungsfragen!
     
    Im Zweifel lauschen Sie genau auf den Tonfall der fremden Laute und achten stets auf den Gesichtsausdruck des Eingeborenen. Ist er grimmig oder bewaffnet, lamentieren Sie nicht lange herum. Seien Sie bei Verabredungen immer eine Stunde früher da, dann kommen sie auch noch pünktlich, wenn Sie sich »Viertel nach Eins« notiert haben. Verstehen Sie nach mehrfachen höflichen Nachfragen immer noch: Scherdsch Heeme, Du Vohchl! – dann

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