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Schnauze Wessi: Pöbeleien aus einem besetzten Land (German Edition)

Schnauze Wessi: Pöbeleien aus einem besetzten Land (German Edition)

Titel: Schnauze Wessi: Pöbeleien aus einem besetzten Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Witzel
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Schon deshalb schwingt stets eine gewisse Beleidigung mit, wenn irgendwas nicht in das Koordinatensystem passt, in dem sie aufgewachsen sind. Im Zweifel bleibt ihnen nur der SED-DDR-PDS-Reflex, wenn unsereins im Westen nicht mehr alles so goldig findet wie noch vor 30 Jahren in einem zerfledderten Quelle-Katalog.
    Den Vorteil, beide Seiten zu kennen, werden sie nie ganz verstehen. Wie auch – ohne Vergleich? Vermutlich ist es deshalb auch nur Unsicherheit, wenn sie alberne CDs verschenken oder einen für »Humoristen-Preise« nominieren. Man kann ihnen nur immer wieder erklären, dass die Wahrheit über Gregor Gysi nicht so lustig ist, wie seine Sprüche vorgaukeln. Ähnlich wie Kindern, die erst lernen müssen, dass man nicht alles in den Mund nimmt, was aussieht wie Schokolade. Oder wie es Christian »Flake« Lorenz, Keyboarder des weltweit beliebten, ostdeutschen Marschmusik-Ensembles Rammstein einmal in der FAZ formulierte: »Ich habe keine Ostalgie. Ich finde nur den Westen scheiße.«
    Weil das bestimmt auch vielen Westdeutschen so geht, habe ich dort sogar noch Verständnis für jede vergeudete Protestwählerstimme an die Linkspartei. Vor allem auf die Kleine weiße Friedenstaube fallen da drüben immer noch viele Menschen rein, weil sie als Kind nicht unter dem gleichen Symbol zur vormilitärischen Ausbildung marschieren mussten. Als noch sowjetische Bomben Taliban-Kinder zerfetzten, hielt die »einzige Friedenspartei« brav den Tauben-Schnabel, so wie heute alle anderen. Offenbar hängt die Rechtmäßigkeit eines Afghanistan-Überfalls grundsätzlich davon ab, welche Supermacht ihn gerade anführt. Die Partei jedenfalls, »die immer Recht hat«, wie sie früher gern sang, hat heute nicht mal dann Recht, wenn sie ihren lächerlichen Streit um die eigene Bedeutung im Gaza-Streifen zwischen Rügen und Karl-Marx-Stadt als Richtungsstreit verbrämt. Der interne Nahost-Konflikt ist auch nur ein Ost-West-Konflikt. In Wahrheit zanken sich auch dort nur westdeutsche Karriere-Linke mit ostdeutschen SED-Strebern um Vorstands- und Listenplätze. Es ist wie in jeder Partei und überall in den besetzten Ländern: Warum soll es den Erben der Schergen anders gehen als ihren ehemaligen Untertanen?
    Mich jedenfalls trifft die SED-Keule nicht. Sie ist nur die Kasperklatsche im Demokratietheater. Der Baseballschläger der Ahnungslosen. Was schmerzt, ist die selbstgerechte Dummheit dahinter, die immer gleich jeden auf irgendeine Seite sortiert, nur weil er auf der anderen nicht »Hurra« schreit. Genau so hat es die DDR gemacht. Und genau deshalb kann man nach 20 Jahren auch mal frustriert sein, ohne sie zu vermissen. Wer sich an eine schöne Kindheit hinter Stacheldraht erinnert, verharmlost nicht die Stacheln – er kennt sie. Den Blick hindurch ebenso wie die Enttäuschung dahinter. Wenn das Westdeutschen vorkommt, als gäbe es heute mehr Anhänger der DDR als zu ihren traurigsten Zeiten, dann liegt das nur an ihrer eigenen Ur-Angst vor so genannten »System-Fragen«. Aber keine Sorge: Die verfliegt nach dem ersten selbst erlebten Umsturz. Wer einmal ein ewig gültiges System untergehen sah, stellt jedes andere in Frage. Das ist kein Extremismus, höchstens Fatalismus. Also alles halb so schlimm.
    Deshalb gibt es auch für die gelegentlich hohen Ergebnisse der SED-PDS-Linken hierzulande eine ziemlich einfache Erklärung: Wer soll das auch sein. 20 oder mehr Prozent? Ich persönlich kenne nur zwei, die das wählen, und einer ist mein zweitbester Freund Ludger aus dem Münsterland. Es sind also nicht Ostdeutsche, sondern – wenn überhaupt – höchstens 20 Prozent derjenigen 50 Prozent, die hier überhaupt noch wählen gehen. Von diesen 10 Prozent kann man noch einmal getrost die Hälfte abziehen, die das aus reiner Folklore tun – so wie etwa CSU-Wähler in Bayern – oder nur, um den Westen zu ärgern. Bleiben fünf Prozent. Und das können eigentlich nur Westdeutsche sein, die hier leben und sich in angeblich repräsentative Umfragen schmuggeln, weil sie immer irgendwas repräsentieren müssen oder tatsächlich glauben, die Linke wäre nicht mehr die SED. Die sollen erst recht die Schnauze halten.

»Und wenn die Wirklichkeit dich überholt,
hast du keine Freunde, nicht mal Alkohol.
Du stehst in der Fremde, deine Welt stürzt ein,
das ist das Ende, du bleibst allein.«
    Fehlfarben
     

Das Coming-out der »Generation Mandy«
     
    Plötzlich reden die letzten Kinder der DDR über das Trauma ihrer Herkunft, grausame

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