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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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Lokal, »muss ich nicht allzu oft von innen sehen. Ich hab’s nicht so mit Schickimicki.«
    »Aha.« Nina warf mir einen vielsagenden Blick zu, der übersetzt bedeutete: »Pfoten weg vom Hungerleider.« Zu Volker sagte sie dagegen laut und mit gönnerhaftem Augenaufschlag: »Und wo isst du dann meistens? An der Dönerbude?«
    »Nö. Ich esse kein Fleisch«, erklärte er wegwerfend.
    »Du bist Vegetarier?«, fragte Nina entsetzt.
    »Richtig.« Er hielt beide Daumen hoch und bleckte die Zähne.
    Wieder warf sie mir einen Blick zu. Und dieses Mal schien wie im Staatstheater eine Leuchtschrift quer über ihre Stirn zu laufen: »Pfoten weg! Pfoten weg! Pfoten weg!« Und das, obwohl sie wusste, dass ich ja ebenfalls Vegetarierin war.
    Sie räusperte sich und fragte Volker zuckersüß: »Und warum? Ich meine, ist Fleisch bei euch in Lübeck so teuer? Kannst du dir keinen Döner leisten? Erinnere mich bitte daran, dass ich dir nachher drei Euro mitgebe … Vielleicht könnten wir ja auch eine Hilfsorganisation gründen: ›SFA – Swabian Food Aid – We feed the northern folks‹ oder so ähnlich.«
    »Danke. Drei Euro hätte ich gerade noch. Aber ich esse aus politisch-moralisch-ethischen Gründen kein Fleisch.«
    Das saß. Nina verschlug es die Sprache. Endlich.
    »Echt jetzt?«, brach ich als Erste das Schweigen der Belämmerten. »So ähnlich wie ich?«
    Er nickte. »Ja. So ähnlich, ich bin auch Pudding-Vegetarier.«
    »Das habe ich noch nie gehört.« Nina schüttelte den Kopf. »Was soll das denn bitte sein?«
    Volker strahlte. »Naja, Pudding-Vegetarier essen aus Überzeugung beziehungsweise sonstigen Gründen kein Fleisch – nicht wegen der Gesundheit. Deshalb essen sie oft gerne fett, mit Zucker und ungesund. Sabine und ich essen allerdings auch keinen Fisch.«
    »Aha«, machte Silke wenig eloquent und musterte ihn ähnlich entsetzt wie Nina.
    »Jetzt macht doch nicht so ein Ding da draus. Vegetarier gibt’s doch wie Sand am Meer«, sagte er inzwischen reichlich genervt.
    »Aber in Stuttgart nicht so viele – jedenfalls keine, die auch Fisch links schwimmen lassen«, entgegnete ich.
    »Und was heißt: ›aus politisch-moralisch-ethischen Gründen‹?«, fragte Silke fasziniert.
    »Dass ich die Massentierhaltung ablehne, genauso wie die Massenschlachtungen – die ganze Tierquälerei eben. ›PETA‹ wird euch ja wohl was sagen. Da bin ich Mitglied.«
    »Ach …« Silke ließ sich überrascht in ihren Stuhl fallen.
    Da kurvte Paolo mit der üblichen Flasche Prosecco heran, schenkte vier Gläser voll und stellte sie vor uns auf den Tisch.
    »Oder darfst du nicht wegen deiner … Sekte?«, fragte Silke behutsam.
    »Warum habe ich nur meinen Mund nicht gehalten«, stöhnte Volker und schüttete ein Glas auf Ex in sich hinein.
    »Ja, das ist manchmal sehr viel besser«, erklärte ich spitz und tat es ihm nach.
    Er schaute mir tief in die Augen. »Ja, aber manchmal rutscht einem einfach mal Blödsinn heraus – und dann muss man eben auch ein Auge zudrücken können. Niemand ist perfekt.«
    Ich zuckte mit den Schultern und rümpfte hochmütig die Nase. »Kann sein. Aber manchmal passt man dann eben nicht zu diesem Niemand.«
    »Das sieht Niemand aber anders«, erklärte er kratzig und griff über den Tisch nach meiner Hand.
    »Seit wann hat Fabrizio denn einen Stehgeiger?«, wunderte ich mich. Doch außer mir hörte anscheinend niemand die Fiedeltöne. So schüttelte ich schnell den Kopf und die Musik verschwand.
    Volker, der meine Hand inzwischen fast zu Brei zerquetschte, hatte dafür keine Antwort parat – und definitiv nur Augen für mich. Ganz so, wie es sich gehörte.
    Silke, die nach wie vor gemütlich auf ihrem Schlauch saß, fragte erschrocken: »Was redet ihr denn da Kryptisches? Sabine, willst du etwa Mitglied in Volkers Sekte werden?« Sie schluckte. »Macht nichts. Ich lasse dich niemals fallen, das solltest du wissen.« Sie griff nach meiner anderen Hand.
    Dummerweise kam Paolo in diesem Moment mit der Vorspeise, sah, dass Silke und Volker mit Tränen in den Augen meine Hände zermalmten, und knallte erschrocken ein paar Teller auf unseren Tisch.
    »Sinde Sie kranke? Swer kranke?«, fragte er entsetzt und griff sich nach dem Herz.
    Nur mit Mühe befreite ich mit mehreren Rucken meine Hände und schüttelte genervt den Kopf. »Nein, nein, Paolo. Hier schwirren nur gleich mehrere Missverständnisse im Raum herum.«
    »Schirren? Hierre in Raume? Insekte vielleikt? Oder habe andere Tiere verlore?«,

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