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Schneckle im Elchtest

Schneckle im Elchtest

Titel: Schneckle im Elchtest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Ruehle
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fragte der arme, unglückliche Ober inzwischen völlig verwirrt.
    Da schaltete sich unsere Pragmatikerin ein. »Alles gut. Paolo. Nichts schwirrt. Der Raum ist ziemlich sauber und auch sonst in Ordnung. Und verloren hat die Dame da«, sie zeigte auf mich, »nur ihren Verstand.« Sie betrachtete den nach wie vor verwirrten Paolo skeptisch. Deshalb setzte sie hinzu: »Die da. Frau mit Clownfrisur. Plemplem. Stronza Idiota, capice?«
    So kannte und liebte ich Nina.
    Auch Paolo ging es anscheinend so. »Ah, sí, sí!«
    Er freute sich, dass er der Unterhaltung wieder folgen konnte, warf mir einen mitleidigen Blick zu und verteilte schließlich die Tellerchen ordentlich vor unseren Bäuchen.
    »Habt ihr das bestellt?«, fragte Volker verblüfft und deutete auf die daraufliegenden Austernpilze.
    »Das müssen wir nicht. Das kommt automatisch, weil wir das sowieso immer essen. Stimmt damit was nicht? Isst du als Vegetarier keine Pilze, weil die beim Ernten immer so schreien?«, fragte Nina mit zusammengekniffenen Augen.
    Unter Ninas Sprüchen zu diesem Thema hatte ich jahrelang selbst zu leiden gehabt.
    Mit einem Seitenblick zu Nina beugte ich mich zu Volker und meinte süffisant: »Auf das Thema Pilze reagiert sie in letzter Zeit etwas empfindlich.«
    Volker schaute uns drei der Reihe nach irritiert an. Dann erklärte er verunsichert: »Ich hoffe, ich sage jetzt nicht schon wieder etwas Falsches. Aber ich liebe Pilze.«
    Nina nickte zufrieden. »Gut.«
    »Finde ich auch«, strahlte ich.
    Silke seufzte tief und erklärte unendlich erleichtert: »Ich auch.«
    »Ihr seid irgendwie total abgedreht!« Volker schüttelte den Kopf und stürzte sich auf die Vorspeise.

    Drei Stunden und ebenso viele Gänge später bummelten Volker und ich zu meiner Wohnung.
    »Ich kann es nicht fassen: 200 Euro für vier Personen …« Er kam aus dem Kopfschütteln nicht heraus.
    »Ja und?«, fragte ich überrascht. »Wo ist das Problem?«
    »Da muss eine alte Frau lange für stricken.«
    »Ja, aber wir arbeiten doch alle hart«, hielt ich dagegen. »Und sonst leben wir doch alle recht bescheiden.«
    »Hm, du vielleicht«, überlegte er. »Bei den beiden anderen bin ich da nicht so sicher.«
    Ich grinste. »Stimmt. Schwäbisches Understatement.«
    »Aha. Und das heißt?«, wollte er wissen.
    »Naja. Willst du einen Einblick in unsere schwarze Seele beziehungsweise eine kurze Abhandlung in kultureller Identität?«
    Er nickte.
    Ich strahlte. »Gern. Also: Man muss uns unseren Reichtum nicht ansehen. Naja, man
soll
ihn uns nicht ansehen. Nicht auf den ersten Blick. Das wäre ja protzig – und das geht nur bei Reingeschmeckten. Aber natürlich muss trotzdem jeder wissen, dass man reich ist, weil man schließlich fleißig ist.«
    »Aha«, machte er ratlos. »Aber da stimmt doch was nicht.« Er runzelte die Stirn. »Eure Autos …«
    »Sind etwas anderes«, winkte ich ab.
    »Aha. Und der Killesberg?«
    »Außer Konkurrenz«, nickte ich.
    »Und das Restaurant im Porsche-Museum?«
    »Dito«, gab ich zurück. »Woher kennst du das denn überhaupt? Ich denke, ihr wart heute in Cannstatt.«
    »Peter hat mich ein bisschen herumgefahren. Ich habe von der Stadt ja noch nicht so viel gesehen«, erklärte Volker.
    »Stimmt.«
    Wie peinlich. Schlagartig wurde ich wieder rot. Anstatt ihm meine Heimat zu präsentieren, war ich bis zum Amaya-Intermezzo bisher lieber mit ihm unter der Bettdecke verschwunden.
    »Also Porsche …«, setzte er wieder an.
    »… ist Porsche. Wir Schwaben würden dort niemals nur einfach so zum Steaks essen und Herumsitzen hingehen. Wir zeigen uns dort nur mit euch Reingeschmeckten – damit ihr seht, was nur wir haben.« Ich grinste.
    »Aha. Also ich finde das alles ziemlich dekadent«, schnaufte er.
    »He«, empörte ich mich. »Wir sind ein sehr, sehr, sehr fleißiges Volk. Und nebenbei noch die Einzigen in ganz Deutschland, die sich dabei auch noch fleißig vermehren. Gönn uns für die ganze Mühe doch hin und wieder eine kleine Portion Angeberei.«
    »Tu ich ja. Aber man hat eben nicht nur hin und wieder, sondern irgendwie immer das Gefühl, ihr platzt vor Besitzerstolz und Überheblichkeit. Sogar Peter. Obwohl er mir seinen Laden verkauft hat und auswandern will, hat er die ganze Zeit so getan, als ob ich ihm unendlich dankbar sein müsste.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Naja, das kannst du doch auch. Er hat dir seinen gut gehenden Laden verkauft. In Stuttgart!«
    »Uff. Ich geb’s auf!« Er hob beide Hände. »Ihr seid das

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