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Schnee an der Riviera

Schnee an der Riviera

Titel: Schnee an der Riviera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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hat, wo er ist.«
    »Aber wie kann das sein? Warum sind sie geflohen?«
    »Fragen Sie mich das nicht, Dottoressa, woher soll ich das wissen, verdammt noch mal? Ihr Sohn war mal gutgelaunt, mal niedergeschlagen. Auch wenn er nicht gern davon sprach, war doch klar, dass ihm der Gedanke, dass sein Freund von einem noch unbekannten Killer vorsätzlich erschossen wurde, keine Ruhe ließ. Als er davon erfuhr, war das wie ein Schock für ihn. Und auch Habibs Tod hat ihn sehr mitgenommen.«
    »Aber Sie, Veronica, haben Sie kein Handy? Hatten Sie das nicht dabei, als Mau Sie im Keller eingesperrt hat?«, fragte Carlo verwundert.
    »Ich hatte es während des Essens auf den Tisch gelegt. Als wir in den Keller sind, habe ich es nicht eingesteckt, ich konnte ja nicht ahnen ...«
    Veronica sah sich suchend um. Im selben Moment ertönte von Nellys Handy das Signal, dass eine SMS eingegangen war.
    Sie war von Mau. Nelly las vor: »Mama, fahr zum Hof und befreie Veronica. Habe sie im Keller eingesperrt. Waffe und Handy liegen in der obersten Schublade der Kommode in ihrem Zimmer. Ich hab ihr die Waffe weggenommen, weil die Leute in den Filmen immer das Schloss aufschießen und sich so befreien. Sei nicht allzu sauer und mach dir keine Sorgen um mich. Bitte sie um Entschuldigung, ich weiß, dass ich echt arschig zu ihr war. Aber ich hatte keine andere Wahl, und ich weiß, was ich tue. LG«
    »›Mach dir keine Sorgen‹, schreibt der doch tatsächlich! Das glaube ich einfach nicht. Irgendwas muss passiert sein ... Monica! Sie muss ihn dazu überredet haben, diesen Unsinn zu machen, was fällt denen nur ein? Wohin wollen sie denn gehen, nachdem sie dieses Bravourstück durchgezogen haben? Wissen sie denn nicht, in welcher Gefahr sie schweben?«
    »Und jetzt?«, fragten Veronica und Carlo fast unisono.
    »Und jetzt ... fahren wir alle nach Hause und legen uns hin, was, verdammt, sollen wir um diese Uhrzeit sonst tun?«, erwiderte Nelly, die völlig ermattet war. Die anderen zwei nickten stumm.
    Auf der Rückfahrt schwiegen alle. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Als sie vor Veronicas Haustür angelangt waren, in Pegli, brach Nelly das Schweigen:
    »Montag früh erwarte ich deinen Bericht, Veronica. Ruh dich aus, mach dir keine Vorwürfe und ruf mich an, wenn dir irgendetwas einfällt. Versuche, das Verhalten meines Sohnes zu entschuldigen, wenn du kannst. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Commissario. Und grämen Sie sich nicht zu sehr. Mau mag ja manchmal ein kleines Aas sein, aber im Grunde ist er in Ordnung.«
    Nelly antwortete mit einem schwachen Lächeln. Als sie endlich im Bett lagen, strich Carlo ihr zärtlich über die Haare, wie man es bei kranken Kindern tut, und nahm sie in den Arm.
    »Es wird alles gutgehen. Mau wird schon seine Gründe gehabt haben. Er weiß, was er tut.«
    »Es wäre besser gewesen, wenn er mir seine Gründe anvertraut hätte. Ich glaube nicht, dass ich unter diesen Umständen die Ermittlungen weiterführen kann. Volponi wird es mir nicht erlauben, Esposito auch nicht. Und herumzuspazieren, während ein oder zwei Mörder frei herumlaufen, ist auch nicht gerade gesundheitsfördernd für diese Kinder. Ich wollte, ich hätte dein Vertrauen in Mau, Carlo. Und nicht diese schreckliche Angst.«
    Er umarmte sie, und sie schmiegte sich fest an ihn und schlief vor lauter Erschöpfung fast augenblicklich ein.

SECHSTER TAG
Morgen
     
    Nelly wurde vom hellen Schein der Morgensonne geweckt.
    »Wie ich die Sonne auf meinem Bett liebe«, brummte sie noch ganz verschlafen.
    »Und den Caffè Latte ans Bett«, erwiderte Carlo, der schon eine Weile mit dem Frühstück auf sie wartete.
    »Ich hatte einen komischen Traum«, murmelte sie, »oder besser gesagt, einen ganz üblen Albtraum.« Und sie begann zu erzählen.
    »Mau war noch klein, acht oder neun Jahre alt, in der Kluft der Wölflinge. Monica war auch da, ebenfalls noch ein Kind und in Pfadfinderuniform. Sie kletterten auf den Ästen eines sehr hohen Baumes herum, dessen Zweige zwischen steilen Felsen über einen reißenden Fluss hingen, mit Stromschnellen und kleinen Wasserfällen. Bei jeder Bewegung drohten die Kinder abzustürzen, doch sie lachten und alberten völlig gedankenlos herum. Ich versuchte, sie zu warnen, aber ich brachte keinen Mucks heraus und war außerstande, mich zu rühren. Dann sah ich, dass auch Franci bei ihnen war, weiter oben im Baumwipfel. Und Habib, auf einem anderen Ast. Plötzlich trat aus dem dichten Wald ein Mann hervor, der wie ein

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