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Schnee an der Riviera

Schnee an der Riviera

Titel: Schnee an der Riviera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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mitgerissen und auf den Strand gespült worden. Das erinnert mich an einen Fall vor vielen Jahren. Damals war es ein kleines Mädchen. Der Tod ist höchstwahrscheinlich in der Nacht vor dem Mord an Francesco Bagnasco eingetreten.«
    Die hatten wirklich keine Zeit verloren. Und Habib war keine Zeit geblieben abzuhauen. Sie suchten offensichtlich etwas verdammt Wichtiges. Etwas, das ihnen weggenommen worden war. Aber wann und von wem? Und weshalb waren sie bereits am Tag darauf in der Schule gewesen? Waren sie Franci gefolgt? Nellys Vermutung nach war es doch Monica gewesen, die den Klassenkameraden für ein Ablenkungsmanöver benutzt hatte. Wenn diese Vermutung denn stimmen sollte. Wenn das Mädchen im Besitz der Drogen, oder was auch immer hatte verschwinden sollen, gewesen war. Allerdings hatten sie nicht Monica entführt und gefoltert, sondern Habib. Und Franci hatten sie, ohne lange zu fackeln, umgebracht. Wer würde der Nächste sein? Alle, die etwas wussten, schwebten in Gefahr, Fatima, Maurizio, und vor allem Monica. Dieses kleine Biest steckte böse in der Klemme, und je mehr Nelly darüber nachdachte, desto sicherer war sie. Sie musste sie observieren lassen, zu ihrem eigenen Besten. Und auch, um mehr über ihre Rolle in der ganzen Sache herauszubekommen.
     
    Kaum hatte sie das San Martino verlassen und ein paar Mal tief durchgeatmet, um den grässlichen Geruch aus der Nase zu kriegen, rief Nelly ihren Assistenten an.
    »Gerolamo?«
    »Dottoressa.«
    »Was hat die Durchsuchung des Hauses neben der Schule ergeben?«
    »Es ist so gut wie sicher, dass der Schuss aus einem Fenster des obersten Stockwerks abgefeuert wurde, in dem saniert wird. Die Bauarbeiter sind immer erst am späten Nachmittag dort, vorher sind sie noch an einem anderen Haus zugange. Ist anscheinend billiger, auch wenn es doppelt so lange dauert. Die Ballistikexperten bemühen sich gerade um eine endgültige Bestätigung. Auf dem Boden war eine ziemlich vielversprechende Schicht Zementstaub, aber inzwischen sind natürlich alle durchgelatscht, Maurer, Klempner, Maler, es ist also fast unmöglich, Abdruck für Abdruck zuzuordnen, es sei denn, die möglichen Verdächtigen würden uns freundlicherweise ihre Schuhe zum Vergleich überlassen.«
    »Sehr lustig. Aber wer weiß, was noch kommt. Keiner soll den Raum bis auf weiteres betreten. Ich will nicht, dass die letzte Chance, irgendeinen Beweis zu finden, auch noch dahin ist.«
    »Das zu veranlassen, habe ich mir bereits erlaubt, Dottoressa«, sagte Gerolamo, und sie meinte, sein seltenes Grinsen durchs Telefon zu hören.
    »Ach, Gerolamo, ganz wichtig: Wir brauchen jemand Fähigen, der sich an Monica Pittaluga dranhängt, Tag und Nacht.«
    »Nicola und Lombardo? Oder soll Nicola bei Fernanda bleiben, um Fatimas Wohnung im Auge zu behalten?«
    »Nicola überwacht Habibs Wohnung. Sollten die noch immer nicht gefunden haben, was sie suchen, könnten sie’s aus lauter Verzweiflung auch noch mal dort probieren, vielleicht ertappen wir sie auf frischer Tat. Aber wahrscheinlich wissen sie, dass die Wohnung durchsucht wurde und unter Bewachung steht, und kommen nicht wieder.«
    »Lombardo und Rossi?«
    »Gut. Die Pittalugas dürfen auf keinen Fall Wind davon bekommen. Sonst kriege ich Ärger mit dem Polizeichef.«
    »In Ordnung.«
    »Gerolamo?«
    »Ja, Dottoressa?«
    »Das mit den Überstunden heute Abend geht also klar?«
    »Aber sicher.«
    Gerolamo würde nie einen Rückzieher machen.
    »Wir treffen uns um neun vor dem Anatra azzurra .«
    »Okay.«

DRITTER TAG
Abend
     
    Während sie den halbverhungerten Katzen etwas zu fressen gab, Maus Pflanzen goss und sich unter die Dusche stellte, um ihren Körper mit duftendem Schaum vom Dreck der Welt zu befreien, musste Nelly die ganze Zeit an die Bedeutung von Zeichen denken. Zeichen waren wichtig, doch das Entscheidende war ihre richtige Deutung. Selbst das augenfälligste Zeichen war nutzlos oder irreführend, wenn man es nicht zu deuten wusste. Es war wie ein im Müll versteckter Diamant. Und diesmal gab es viele Zeichen. Mehr als bei anderen Fällen. Doch nur die korrekte Interpretation würde zu handfesten Tatsachen führen. Bisher erschien alles wie in blendendes Licht getaucht, das nichts erhellte, sondern verwirrte, verzerrte, verhüllte.
     
    Nelly stand nackt vor dem großen Spiegel in ihrem Schlafzimmer und musterte sich eingehend: das nasse lockige Haar, das bäuerlich runde, mit Sommersprossen übersäte Gesicht, die kräftige Statur, die

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