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Schnee in Venedig

Schnee in Venedig

Titel: Schnee in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Principessa deutete mit dem Kinn über ihre Schulter. «Was machen die Soldaten hier? Die wollten mich zuerst gar nicht auf das Schiff lassen.»
    «Es gab einen Zwischenfall auf See», sagte Tron vorsichtig. «Die Militärpolizei ermittelt.»
    «Nicht Sie?»
    «Ich bin nur für San Marco zuständig.» Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber eine direkte Lüge war es nicht.
    «Ein Unfall?»
    Tron wünschte, er wäre der Principessa unter anderen Umständen begegnet. Er schüttelte den Kopf. «Es geht um einen Mord.»
    Für jemanden, der gerade erfahren hat, dass in seiner unmittelbaren Nähe ein Mensch ermordet worden ist, reagierte die Principessa ausgesprochen gelassen, fand Tron. Nur in ihren grünen Augen funkelte kurz etwas auf. Einen Moment lang hatte Tron das unsinnige Gefühl, dass sie bereits wusste, was geschehen war. Eine Hand voll Schnee wehte von ihrem Schirm herab und landete auf seiner Schulter.
    «Dürfen Sie mir verraten, wer ermordet worden ist, Commissario?» Die Stimme der Principessa klang so, als würde sie sich nach dem Wetter erkundigen.
    «Ein Hofrat aus Wien», sagte Tron. Er hielt es für besser, das Mädchen vorerst noch nicht zu erwähnen.
    «Gibt es bereits einen Verdächtigen?»
    «Das müssen Sie die Militärpolizei fragen.»
    «Ist ein Offizier in die Sache verwickelt?»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    Die Principessa sah Tron ausdruckslos an. «Weil die Militärpolizei ermittelt und weil es gestern im Bordrestauranteinen Streit zwischen einem Offizier und einem älteren Herrn gab. Ich saß am Nebentisch.»
    «Bei dem älteren Herrn handelte es sich um den Hofrat. Haben Sie verstehen können, worum es bei diesem Streit ging?»
    «Nein. Aber ich hatte den Eindruck, dass es ein ziemlich erbitterter Streit war, obwohl die Herren nicht laut gesprochen haben. Steht der Offizier unter Verdacht?»
    «Die Militärpolizei hält ihn für unschuldig», sagte Tron.
    Etwas in seinem Tonfall schien die Principessa stutzig gemacht zu haben. Sie sah Tron aufmerksam an. «Und Sie? Halten Sie ihn nicht für unschuldig?»
    «Ich hätte ihn vernommen, wenn mir der Fall nicht entzogen worden wäre», sagte Tron.
    «Entzogen?»
    «Eine Stunde nachdem ich die Ermittlungen aufgenommen hatte, ist die Militärpolizei an Bord aufgetaucht.»
    «Um den Fall zu übernehmen?»
    Tron nickte.
    «Was hätten Sie diesen Leutnant gefragt, Commissario?» Der Schneefall hatte sich verstärkt, aber trotzdem machte die Principessa keine Anstalten, sich von der Stelle zu rühren. Der Fall schien sie zu faszinieren.
    «Worum es bei diesem Streit gegangen ist», antwortete Tron. «Und ob er etwas über das Mädchen weiß, das der Hofrat in seiner Kabine hatte.»
    Die Principessa hob die Augenbrauen. «Der Hofrat hatte ein
Mädchen
in seiner Kabine?»
    «Sie ist ebenfalls getötet worden.»
    «Wer war dieses Mädchen?»
    «Jemand vom Hafen», sagte Tron.
    «Wollen Sie damit sagen, das Mädchen war eine   …» Die Principessa zog es vor, den Satz nicht zu beenden.
    «Es sieht ganz danach aus.»
    «Hat Ihnen die Militärpolizei erklärt, warum der Offizier als Täter nicht in Frage kommt?», erkundigte sich die Principessa.
    «Ja, aber ich weiß nicht, ob   …»
    «Ob Sie darüber sprechen dürfen?»
    Tron nickte. «Das Verbrechen scheint einen politischen Hintergrund zu haben. Das sagt jedenfalls der ermittelnde Offizier.»
    «Sie hören sich nicht an, als wären Sie davon überzeugt, Commissario.»
    Tron seufzte. «Wenn der Chef der Militärpolizei der Ansicht ist, dass es sich hier um einen politischen Fall handelt, ist die Meinung der zivilen venezianischen Polizei nicht von Belang.»
    «Ihr Vorschlag, den Offizier zu vernehmen, ist also zurückgewiesen worden.»
    «Oberst Pergen hat ausgeschlossen, dass der Leutnant etwas mit dem Fall zu tun hat.»
    Die Principessa zog die Stirn in Falten. «Sagten Sie Oberst
Pergen

    «Er leitet die Ermittlungen. Kennen Sie ihn?»
    Die Miene der Principessa war ausdruckslos. «Wir kennen uns   … von früher.» Einen Moment lang blickte sie über Trons Schulter hinweg in den fallenden Schnee. Dann sagte sie, ohne ihn anzusehen: «Denken Sie, das Militär will irgendetwas unter den Teppich kehren?»
    Tron zögerte mit seiner Antwort. «Ich würde es nicht ausschließen.»
    «Und das stört Sie nicht?» Die Stimme der Principessa schien einen tadelnden Unterton zu haben.
    «Auch wenn es mich stören würde – ich könnte nichts unternehmen. Die zivile Polizei darf keine Soldaten

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