Schneeballflirt und Weihnachtszauber
unmöglich!«
»Früher durfte man überall rauchen.«
Früher … Ich nahm einen Schluck. Früher war ich mal in Flori verliebt gewesen. »Lange her, was?«
»Wie man’s nimmt.« Er steckte die Pfeife in den Mund. Niemand nahm Notiz von ihm. Er ließ das Feuerzeug schnappen – und schon beugte sich einer der Männer zu ihm rüber. »Können Sie nicht lesen? Hier herrscht absolutes Rauchverbot.«
»Ich sehe die Buchstaben nicht mehr«, antwortete Opa Menno höflich. »Altershalber, wissen Sie.«
Der Mann stutzte. »Tatsächlich? Erstaunlich. Aber Zeichen können Sie noch deuten, nicht wahr?« Er zeigte auf das Schild über der Tür, das im dicken roten Kreis eine durchgestrichene Zigarette zeigte.
»Ich rauche Pfeife«, erklärte Opa Menno und paffte ein Rauchwölkchen in die Luft.
Die Bedienung rannte herbei. »Hören Sie, Sie dürfen hier nicht rauchen«, fuhr sie ihn an.
»Keine Zigaretten, ja. Aber das Schild zeigt keine Pfeife.«
»Egal was – hier dürfen Sie nicht rauchen!«
Opa Menno klopfte die Pfeife auf dem Fußboden aus. »Katinka, hier ist es aber sehr ungemütlich. Trink die Schokolade aus; wir gehen.«
Vor der Tür schob ich meine kalte in seine große warme Hand.
»Das hast du schon lange nicht mehr gemacht«, stellte er fest und drückte meine Hand.
Ich hob die Schultern. »Sag mal, warst du schon immer so mutig?«
»Mutig?« Er blieb stehen. »Wann war ich mutig?«
»Na, gerade eben im Café.«
»Dass ich die Pfeife aus der Tasche holte, nennst du mutig? Pah! Sich in der Kälte auf den Marktplatz zu stellen und Mundharmonika zu blasen – das ist mutig! Vor allem, wenn man nur drei Lieder spielen kann.«
»Woher weißt du …«, stammelte ich.
»Samstags bin ich Stammkunde bei Ferdi. Da erfährt man manches, was nicht in der Zeitung steht.« Er lächelte auf mich herunter. »Zum Beispiel, dass ein kleiner Engel eine geschäftliche Beziehung zu einem Trompeter aufgebaut hat.«
»Was für eine Klatschbase der Ferdi ist!«
»Mit der Wahl seiner Freunde kann man nicht vorsichtig genug sein«, stimmte er mir zu. »Aber Ferdi ist in Ordnung.«
»Finde ich auch. Er hat mir viele Tipps gegeben.«
»So wie ich Ferdi kenne, waren es bestimmt gute Tipps.«
»Absolut, Opa Menno. Aber der beste Tipp nützt nichts, wenn man selbst ein Volltrottel ist.«
»Stimmt«, gab mir Opa Menno recht. »Ich war in meinem Leben schon oft ein Volltrottel.«
Ich blieb stehen. »Du???«
»Ja. Ich. Einmal hab ich mich so über Anni, deine Omi Anni, geärgert, dass ich bei Nacht und Nebel aus dem Haus gerannt bin und … Na ja, am Morgen hat mich Bader mit seinem Hund im Wald aufgespürt.«
»Bader? Unser Polizist?«
»Eben der.«
»Und Omi Anni hat dich geärgert? Das glaube ich nicht! Wenn du Tante Jutta gesagt hättest – «
»Anni hat mich geärgert.«
Ich schüttelte den Kopf. Abgesehen davon, dass es Omi Anni gerne ordentlich hatte, war sie die Sanftmut in Person. Nicht mal ich hatte mich jemals mit ihr gestritten. »Worüber hast du dich geärgert?«
»Eigentlich geht es dich ja nichts an, Katinka.«
»Komm schon, Opa Menno! Bitte! Worüber hast du dich geärgert?«
»Du darfst aber niemand verraten, was ich dir jetzt sage. Großes Ehrenwort?«
»Großes Ehrenwort, Opa Menno!«
Er drückte meine Hand. »Wir waren gerade ein paar Wochen verheiratet, da bekam sie immer noch Briefe von einem Kerl, den sie aus ihrer Schulzeit kannte.«
»Na und? Darüber hast du dich aufgeregt?«
»Und wie!«
»Waren es Liebesbriefe? Hast du sie heimlich gelesen? Hat sich Omi Anni mit ihm getroffen? Hast du gesehen, wie sie sich geküsst haben, obwohl du mit ihr verheiratet warst?«
Opa Menno blieb stehen. »Katinka!«, brüllte er so laut, dass sich die Leute auf dem Gehweg erschrocken umschauten. »Daran habe ich nicht mal im Traum gedacht!«
»Ja – aber worüber hast du dich dann aufgeregt?«
Er fuhr sich mit beiden Händen über den Kopf. »Mädchen, was du nur denkst«, sagte er erschüttert.
»Also?«
»Ich hab mich nicht über die Briefe aufgeregt, sondern dass sie welche von einem Mann bekam – obwohl der einfach nur ein alter Freund war. Verstehst du? Ich war …« Opa Menno steckte sich die kalte Pfeife in den Mund. »Ich war ein eifersüchtiger Esel.«
»Auf der Straße darfst du rauchen«, sagte ich geistesabwesend. »Opa Menno …«
Er drückte schon wieder meine Hand. »Aus Eifersucht macht man die blödesten Dinge. Vor allem Männer. Wenn die meinen, es gibt ’ne Konkurrenz,
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