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Schneebraut

Schneebraut

Titel: Schneebraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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Gleiche heraus, oder etwa nicht?«
    Sie erwartete keine Antwort, das war offensichtlich.
    »Soviel ich weiß, war Hrólfur ein guter Beobachter – kann es sein, dass er etwas wusste, das er nicht hätte wissen sollen? Zum Beispiel über jemanden im Theaterverein?«
    »Jemand, der ihn dann die Treppe hinunterstoßen wollte?«
    Ihre Direktheit überraschte Ari, war aber eine willkommene Abwechslung. Wenn man so wollte, war sie bis jetzt der einzige Mensch, mit dem er über Hrólfurs Tod gesprochen hatte, der nicht irgendetwas vor ihm verbarg. Außer Ugla natürlich. Sie würde nichts vor ihm verbergen, obwohl er ihr gegenüber vielleicht nicht ganz ehrlich gewesen war. Er hatte ihr gegenüber Kristín nicht erwähnt. Ugla saß am nächsten Tisch, an der Seite von Leifur. Ari schaute sie kurz an, bemerkte, dass sie es nicht wahrnahm. Ihre Augen schienen ein wenig geschwollen zu sein, als ob sie geweint hätte – vielleicht hatte Ari das falsch eingeschätzt, dass keiner den alten Mann beweinen würde.
    »Ja, zum Beispiel«, antwortete Ari.
    »Nein, um ehrlich zu sein – ich glaube, dass er den Leuten auf die Nerven ging, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand ihm tatsächlich ein Leid zufügen wollte«, sagte Nína.
    »Sind irgendwelche Gerüchte im Theater im Umlauf? Gibt es etwas, das du beobachtet hast?«
    Sie dachte kurz nach. »Nein«, sagte sie dann kurz angebunden und schaute erneut in den Saal zu Pálmi und Úlfur hinüber, als ob sie lieber mit ihnen plaudern würde. Ihr Blick war leer, das Gesicht ausdruckslos.
    Er stand auf, verabschiedete sich und bedankte sich für das Gespräch.
    Tómas und Hlynur sprachen mit Leuten, die er nicht kannte. Hier kannte jeder jeden, er war wie ein Eindringling, doch war dieser Eindruck nicht auch richtig? Er hatte den Verstorbenen ja nicht einmal gekannt.
    Er schaute sich um, wollte ein wenig mit Anna reden – doch sie war nirgends zu sehen. Weder sie noch Karl.

30. Kapitel
    Siglufjörður,
    Samstag, 17 . Januar 2009
    Sie stand beim Bett in der Kellerwohnung; sie hatte die schwarze Jacke ausgezogen, die ihr sowieso nicht stand, und das T-Shirt. Schaute zum Fenster, achtete darauf, dass die Vorhänge zugezogen waren – obwohl das in diesem Schneetreiben keine Rolle spielte, und zog die schwarze Hose aus. Schwarz war nicht ihre Farbe.
    Sie waren zu ihr nach Hause gegangen, wie schon so oft. Der Schnee bot ihnen einen guten Schutz, die Sicht war gering bis null. Siglufjörður war tatsächlich kein günstiger Platz für eine Affäre, hier musste man besonders gut aufpassen. Sie hatte zwar keine Erfahrung mit Affären in größeren Städten – und schon gar nicht in ausländischen Großstädten –, konnte sich aber vorstellen, dass es dort viel einfacher war. Hier musste immer alles im Schutz der Dunkelheit geschehen, und selbst dann war keiner sicher vor den wachsamen Augen der Nachbarn. Hier gab es kein Hotel, in das sie sich unter falschem Namen hätte einquartieren können – der Hotelmanager des einzigen Hotels im Dorf war ein alter Freund ihrer Eltern, und der Rezeptionist war mit ihr in die Grundschule gegangen.
    Es war eigentlich der reinste Wahnsinn. Doch machte das nicht gerade den Charme aus? Die Spannung – verbotene Treffen in der Dunkelheit, feurige Liebesmomente. Es war um ein Vielfaches einfacher, dass sie das Theaterstück zusammen probten; es war möglich, natürliche Erklärungen zu geben, wenn sie zusammen gesehen wurden, aber sie mussten vorsichtig sein, wenn sie zu ihr nach Hause gingen. Immer getrennt voneinander, immer in der Dunkelheit – die Tür der Kellerwohnung lag zum Glück nicht zur Straße, sondern vor den Blicken verborgen an der Seite des Hauses. Ihre Eltern ließen sie normalerweise in Ruhe – störten sie nicht in Zeiten und Unzeiten, hofften insgeheim, dass sie mit einem neuerlichen Umzug in den Süden warten würde, wenn sie darauf achteten, sie nicht zu sehr zu stören, obwohl sie in der Kellerwohnung direkt unter ihnen wohnte. Es kam ihnen überhaupt nicht in den Sinn, dass sie einen Geliebten haben könnte – und schon gar nicht, dass sie etwas mit einem Mann hatte, der mit einer anderen Frau zusammenlebte. Egal, wie man die Sache betrachtete, es war nicht zu entschuldigen; sie vermochte es gar nicht in Worte zu fassen, wie sehr sie sich für ihr Benehmen schämte. Und doch konnte sie nicht damit aufhören, sie musste ihn immer wieder noch einmal sehen – und wenn er sie in den Arm nahm, fest an sich drückte, dann

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