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Schneegeflüster

Titel: Schneegeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind , Rebecca Fischer , Steffi von Wolff , Andrea Vanoni
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lächerlich machen. Er musste das Band durchschneiden. Er konnte nicht. Er wollte nicht. Die Gefahr der Entdeckung war weniger schlimm als der Gedanke, sie bis morgen früh nicht mehr zu sehen. Gehirnamputiert. Das Denken in der Hose. Doch er war nicht einmal erregt im klassischen Sinn, er war … elektrisiert. Das machte ihn so hilflos.
    Riedl folgte ihr in die Karlsplatz-Passage. Ja, das war noch gerechtfertigt. Er würde auf sie aufpassen, bis sie in die U-Bahn gestiegen war, denn zu Weihnachten trieben sich neben den Junkies hier viele Diebe und andere Gauner herum. Na bitte, alles wunderbar, jetzt waren sie am Bahnsteig. Die U-Bahn kam in einer Minute. Sie würde einsteigen, er nach Hause gehen und die Doors auflegen. Auf morgen warten.
    Die U-Bahn fuhr ein. Lisbeth Kramer ließ sich mit dem Pulk Richtung Einstieg treiben. Plötzlich fuchtelte sie mit den Armen. Eine Frau, die gerade ausstieg, winkte zurück. Sie umarmten einander, redeten gleichzeitig aufeinander
ein. Die U-Bahn fuhr ab, die beiden Frauen gingen, ununterbrochen redend, in die Etage mit den Cafés hinauf, betraten eines und organisierten sich zwei riesige Tassen Kaffee. Riedl lehnte sich schräg gegenüber in ein Schattenloch an der Wand. Lisbeths Bewegungen waren Musik. Die Hände tanzten. Sie redete offensichtlich gern.
    Schließlich kamen die Frauen heraus, verabschiedeten sich voneinander. Lisbeth ging wieder Richtung U-Bahn. Ein blond gefärbter Mann näherte sich ihr, sah sich um, stülpte eine Kapuze über, ging schneller - Riedl rannte los und stieß den Mann in dem Moment zur Seite, als der nach dem Riemen von Lisbeths Handtasche griff. Sie kam ins Stolpern, er fing sie auf. Der Dieb rannte.
    Riedl setzte zur Verfolgung an, Lisbeth hielt ihn am Arm fest. »Vergessen Sie’s.« Ein Blick in die Augen. »Danke.« Sie ließ ihn los und lächelte. »Das ist jetzt aber ein Weihnachtswunder.«
    »Ich … äh …« Er senkte den Kopf. Er war der dümmste Hund auf Erden.
    Lisbeth ging leicht in die Knie, um in sein Gesicht sehen zu können. »Das braucht Ihnen doch nicht peinlich sein, Kollege Riedl, dass Sie ihn nicht festnehmen konnten. Hauptsache, Sie waren zufällig zur richtigen Zeit am richtigen … oder …«, sie richtete sich wieder auf, »… war es gar kein Zufall, dass Sie …«
    Wenigstens jetzt musste er seinen Mann stehen. Er atmete tief durch und sah Lisbeth Kramer an. »Es tut mir sehr leid. Ich habe so etwas noch nie gemacht. Das müssen Sie mir glauben. Ich kann Ihnen auch nicht erklären, warum ich Sie bis hierher verfolgt habe. Sie können mich gern anzeigen, das ist Ihr gutes Recht. Ich weiß einfach nicht, warum
ich … Vielleicht können Sie es ja einfach als weihnachtliche Verwirrung … ich meine …« Er hätte sie am liebsten in den Arm genommen, um sie vor dem Spinner Riedl zu schützen. Er war krank im Hirn. »Es wird nicht mehr vorkommen. Bitte verzeihen Sie mir. Bis morgen.« Er wandte sich ab. Nur nicht laufen jetzt, den letzten Rest an Würde bewahren.
    »Kollege Riedl!«
    Er blieb stehen. Häme? Schimpftirade?
    »Ich wollte nicht mit Ihnen auf einen Kaffee gehen, weil ich gerade eine Trennung hinter mir habe. Ich brauch grad nichts Nettes.«
    Erniedrigung. Wohl denn, er hatte es verdient.
    »Ich hab keine Lust auf freundlichen Smalltalk. Aber wenn Sie mit mir um die Häuser ziehen würden, würde ich mich freuen. Bedingungen: kein unnötiges Gerede, viel Alkohol, Spaß, Sex, nicht nachdenken. Und morgen business as usual.«
    Er hatte schon Visionen. Zu schön, um wahr zu sein.
    »Na, was meinen Sie? Ein zweites Mal frage ich Sie nicht. Sie sind doch anscheinend verrückt genug für so etwas.«
    Er ging zu ihr, packte ihren Kopf mit beiden Händen und küsste sie heftig. Sie wehrte sich nicht, kniff ihn vielmehr in den Hintern. Er nahm ihre Hand. »Fangen wir mit Billard an. Da ist ein Beisl in der Gusshausstraße, die haben auch ein gutes Bier.«
    Sie grinste. »Hoffentlich auch Tequila.«
     
    Hannes Federer wankte die Rotenturmstraße hinauf und fragte sich, warum die Häuser so gebogen waren. Und was er hier wollte. Irgendeine Idee hatte er gehabt, als er das Lokal verlassen hatte. Doch dann war ihm schwindelig
geworden. Er hatte sich auf eine Bank am Donaukanal gesetzt … Filmriss. Er spulte nochmals zurück zu seinem Aufbruch. Erika. Er musste sie retten. Sie holen. Doch dann … Er sah sich, wie er telefoniert hatte, kurz, bevor er zusammengesackt war. Hannes nahm das Handy heraus und suchte die

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