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Schneegeflüster

Titel: Schneegeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind , Rebecca Fischer , Steffi von Wolff , Andrea Vanoni
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Anrufliste. Die Baumgartner Höhe . Er taumelte zum Würstelstand, kaufte Mineralwasser, stürzte es zur Hälfte hinunter, übergab sich. Trank den Rest. Die Häuser bogen sich jetzt ein bisschen weniger. Er hatte Edelgard Stiegel eingeschärft, seine Frau nicht aus den Augen zu lassen, sie notfalls einzusperren. So weit, so gut. Warum? Er wollte Erika retten, mit ihr weg … Geld. Der Künstler. Dieser bayrische Bildhauer hatte sein Interview im Foyer vom Hotel Sacher gegeben. Er konnte ihn dort unter Umständen erreichen. Und erpressen. Das war seine Idee gewesen. Lösegeld für die pausbäckige Holzfigur.
    Hannes setzte sich auf die steinerne Umrandung des Blumenbeetes beim Würstelstand. Das war im wahrsten Sinn des Wortes eine Schnapsidee. Und dennoch: Ob er sich jetzt umbrachte, weil er die Situation nicht mehr ertrug, ob er mit seiner wahnsinnigen Frau verhungerte, weil er bald nicht mehr arbeitsfähig war, oder ob er im Gefängnis landete, weil er einen letzten Versuch gewagt hatte - es war alles gleich. Also dann doch lieber das Irrste tun, was ging. Er war nicht der Einzige, der aus Liebe zum Verbrecher wurde, es war in guter Gesellschaft … Bonnie und Clyde , so würden sie durch die Welt hetzen.
    Hannes übergab sich ein weiteres Mal auf die Tannenzweige im Blumenbeet, wischte sich dann mit Servietten vom Würstelstand ab, unterdrückte die Nummer am Handy, ließ sich von der Auskunft die Nummer des Hotels geben.
Wie es anlegen? Der Mann informierte sicherlich sofort die Polizei. Nein, nicht wenn … er konzentrierte sich darauf, nicht zu lallen, gab sich als Journalist aus, wurde mit Bertram Schädel verbunden. Glück musste man haben. Er erklärte Schädel die Situation, stellte die Bedingungen: »Zwanzigtausend Euro. Halb sechs in der Früh in der Blutgasse.« Ideal für eine Flucht, überschaubar, viele Durchhäuser, die U-Bahn in der Nähe. »Und keine Polizei. Sonst zünde ich den Jesus an.« Er legte auf. Die Drohung mit dem Feuer war sicherlich effektiv, wenn auch etwas pietätlos …
    Hannes’ Zähne klapperten wie bei Schüttelfrost. Er, der stets korrekte Versicherungsmakler, hatte soeben einen Mann erpresst. Das war Wahnsinn. Er hatte sich gerade sein ganzes Leben ruiniert. Oder es gerettet. Er schaltete sein Handy aus. Nun konnten sie ihn nicht mehr orten. Er würde jetzt einmal Koffer packen und das Auto volltanken.
     
    Wo Hannes nur blieb? So lange konnte der Werkstattbesuch doch nicht dauern. Es ging sicherlich schon auf den Morgen zu. Sie beugte sich zu ihrem Wecker. Ja, es war bereits halb fünf. Und sie wollte endlich weg von hier. Die Menschen, allen voran die rot gelockte Leiterin, waren so gefühllos. Hatte sie doch tatsächlich gefragt, ob das Kind vom Müll sei. Verrohte Person. Für sie war es das schönste Kind der Welt.
    Sie streichelte es. Auch Hannes fand es süß. Und das war schließlich das Wichtigste. Er hatte bei seinem Anblick geweint. Jetzt würde alles wieder gut werden. Es war auch richtig gewesen, dass sie ihm das mit der Entführung gesagt hatte. Es schien eine Art heilsamer Schock für ihn gewesen zu sein. Ja, noch einmal wollte er kein Kind verlieren.

    Wo blieb er nur? Sie musste ihn anrufen. Dazu musste sie ins Büro der Heimleiterin. Nun gut, das konnte ja nicht schwer zu finden sein. Sie nahm ihr Kind in den Arm. Da den Gang entlang, jetzt links, dem Zeichen für Ausgang folgen, dort war sicherlich eine Orientierungstafel. Hier um die Ecke … Da war eine Art Portierloge. Gut, da konnte sie fragen. Die Leiterin schlummerte gekrümmt auf dem Sessel. Vor ihr lag eine Zeitung. Mit dem gezeichneten Bild einer Frau. Von ihr! Was stand da für ein Mist? Sie hätte … ein Jesuskind aus dem Stephansdom gestohlen? Schwachsinn.
    Schritte hallten im Treppenhaus. Hannes bog um die Ecke, legte den Zeigefinger auf den Mund und zog sie mit sich.
     
    Gruppeninspektor Theo Schimmel beugte sich aus dem offenen Küchenfenster und blies den Zigarettenrauch in den Nachthimmel, der fast schon ein Morgenhimmel war. Er sollte endlich schlafen. Sollte sich für den Heiligen Abend ausruhen. Sie hatten viel vor: Baum kaufen, Großeltern besuchen, kochen, Baum schmücken, Susi wollte noch etwas besorgen … Er schlug den Kragen der Daunenjacke hoch. Er konnte sie nicht alleine gehen lassen. Nicht, solange noch dieser Gauner frei herumlief, der seine Kleine bedroht hatte.
    Er schnippte den Stummel in den Innenhof. Die Angst um Susi machte ihn wahnsinnig. Er fühlte sich so machtlos

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