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Schneegeflüster

Titel: Schneegeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind , Rebecca Fischer , Steffi von Wolff , Andrea Vanoni
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woanders hingefahren werden? Kein Problem!«
    Nina überlegte. Sie war hundemüde und wollte nur noch ins Bett, doch vor ihrem inneren Auge sah sie den Todeskampf der verdurstenden Katze, sah Herrn Seibold abgemagert und mit trockener Zunge auf dem Parkett liegen und traf eine Entscheidung. »In die Westermühlstraße, bitte.« Gut gelaunt wendete der Taxifahrer und fuhr Richtung Glockenbachviertel.
     
    Eine knappe halbe Stunde später verließ Nina einen aufgeräumt schnurrenden und kein bisschen verhungerten Herrn Seibold, der die Schachtel mit dem Trockenfutter vom Schrank geschubst und Wasser aus der Gießkanne getrunken hatte, und stieg wieder in ihr Taxi, das während der Katzenvisite gewartet hatte.
    Es war mittlerweile weit nach Mitternacht, und Nina erinnerte sich dunkel daran, dass das erste Meeting am Freitag, also morgen, für acht Uhr angesetzt war. Und sie musste es noch vorbereiten. Das Handy meldete aus der Manteltasche piepsend neue E-Mails.
    »Das ist einfach nicht zu schaffen!«, rief sie und erschrak, wie schrill und hysterisch ihre Stimme klang. »Es ist zu viel! Ich bräuchte einen Klon, um das alles hinzubekommen! Scheiße, scheiße, scheiße!«
    Der Taxifahrer startete den Motor und brach erneut nach Neuhausen auf.
    »Das mit dem Klonen«, sagte er wie beiläufig, »da kann ich Ihnen helfen, wenn Sie wollen.«
    »Ist ja klasse«, kicherte Nina, »können Sie das sofort machen oder brauche ich einen Termin? Vor Weihnachten wäre
super, dann würde ich vielleicht doch noch alles schaffen, was ich auf meiner Liste habe. Ich würde meinen Job behalten, meine Freunde und meine Familie, die mich an Weihnachten zwar nicht erwartet, dafür aber Geschenke …«
    Der Taxifahrer bog auf den Altstadtring ein und sagte: »Das Klonen an sich dauert nur eine Minute und geht jederzeit, auch ohne Termin. Aber es ist wichtig, dass Sie die Anweisungen genau durchlesen und sich auch daran halten. Sonst kann das ziemlich unangenehme Folgen haben.«
    »Aha.« Nina fröstelte ein wenig und ärgerte sich, dass ihr nichts Schlagfertiges einfiel. Sie war so müde, es war spät und die Wirkung des Alkohols schien nicht nachzulassen.
    An der nächsten Ampel griff der Fahrer hinter sich und fischte einen Aktenkoffer aus dem hinteren Fußraum. Er zog ein Pamphlet heraus, das aussah wie ein Arbeitsvertrag und ungefähr 20 Seiten stark war. »Das wäre die Klonvereinbarung«, sagte er, knipste die Innenbeleuchtung an und drückte Nina das Papier in die Hand.
    § 1
    Wichtige Fakten über Ihren Klon
    Ihr Klon ist biologisch dieselbe Person wie Sie und stimmt genetisch zu hundert Prozent mit Ihnen überein. Ferner ist er mit allen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erinnerungen ausgestattet, die Sie zum Zeitpunkt des Klonens besitzen. Ab diesem Moment ist Ihr Klon jedoch einer möglicherweise vollständig anderen Entwicklung als Sie unterworfen, die Sie nicht steuern können. Sie wissen nicht, was Ihr Klon denkt, fühlt und tut; er ist eine eigenständige Person.

    Nina hörte auf zu lesen, weil die Buchstaben im schummerigen Licht des Autos vor ihren Augen zu tanzen begannen. Sie fragte sich, ob sie schon träumte oder noch wach im Taxi saß.
    »Was kostet das? Ich mach das!«, hörte sie sich rufen und hatte das Gefühl, sich selbst zu beobachten, wie sie da so im Taxi saß und mit dem Fahrer sprach. Ihr Zunge war schwer, und das hörte man auch.
    »2299 Euro inklusive Mehrwertsteuer«, sagte der Fahrer, »aber die haben Sie ja in nullkommanix wieder drin. Wir nehmen auch Kreditkarte.«
    »Aha.«
    »Ich kann Sie hinfahren«, sagte der Taxifahrer, »es liegt ziemlich zentral.« Sie waren gerade am Stachus.
    »Tut es weh?«
    »Nein, es kann nur während der Prozedur ein bisschen kribbeln, und manche Kunden haben am nächsten Tag leichte Kopfschmerzen und kleine Erinnerungslücken, aber das ist alles harmlos.«
    Kopfschmerzen werde ich morgen so oder so haben, dachte Nina und hörte sich sagen: »Okay, klonen Sie mich!«
    Der Taxifahrer lächelte, blinkte und wendete seinen Mercedes.
     
    Freitag, 10. Dezember 2010. Thomas.
    »Es ist WAS passiert?« Er sah Manfred an und hoffte auf einen schlechten Scherz. Doch Manfreds verstörte Miene war echt, genauso echt wie die Angst in seinen Augen.
    »Fehler 23. Tut mir leid. Ich weiß auch nicht, wie das kommen konnte. Vielleicht hatte sie getrunken, und der Alkoholtest hat versagt. Anders kann ich mir das nicht erklären.«

    »Ausgerechnet 23!«, stöhnte Thomas und merkte, wie sich seine

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