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Schneegeflüster

Titel: Schneegeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind , Rebecca Fischer , Steffi von Wolff , Andrea Vanoni
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gezeigt, wie viel ich meinem Mann doch noch bedeutete. Er war in letzter Zeit immer so oft weg gewesen und mir gegenüber so abweisend …«
    Sie griff hastig nach ihrem bisher unberührten Weinglas und trank es fast in einem Zuge aus. Jetzt war kein Halten mehr. Jetzt musste sie weitererzählen.
    »Unterm Christbaum packte ich dann alle Geschenke aus, doch es war keine Handtasche dabei. Meine Schwiegermutter mäkelte wieder einmal am Essen herum, und dann jammerte sie wie jedes Jahr, dass ich sie noch nicht zur Großmutter gemacht hatte, und wir diskutierten zum hundertsten Male, an wem es wohl lag, an mir oder an meinem Mann. Er wollte auf keinen Fall zum Arzt gehen, während bei mir alles in Ordnung war. Irgendwann ging die Schwiegermutter zu Bett, ich räumte die Küche auf, suchte das Geschenkpapier zusammen, und mein Mann saß wieder vor dem Fernseher.

    Schließlich fasste ich mir ein Herz und zeigte ihm den Überweisungsschein. ›Könnte es sein, dass du vielleicht noch eine klitzekleine Überraschung vergessen hast?‹, fragte ich und hüpfte wie ein kleines Mädchen aufgeregt vor ihm auf und ab.
    Meinem Mann fielen die Augen aus dem Kopf. Ja, meinte er schließlich, es sei wirklich eine klitzekleine Überraschung. Die allerdings von Jahr zu Jahr größer werde.«
    »Und?« Zehn hartgesottene Offiziere starrten Linda gespannt an.
    »Tja, und damit war er dahin, mein Traum von der Weihnachtshandtasche«, schloss Linda und rieb sich nervös die Hände.
    »Alimente«, brummte der Kapitän und trank einen Schluck Rotwein. »Wie unangenehm für Sie - und für Ihren Mann.«
    »Alimente!« Der Staff-Captain nickte wissend.
    »Alimente«, bestätigten nun auch die anderen Offiziere am Tisch.
    »Ich zahle aber deutlich mehr als den Gegenwert einer Damenhandtasche!«, murmelte einer der Herren, und die anderen fielen ein: »Ich auch! - Ich auch!«
    Der polnische Arzt wunderte sich: »Echt? So viel? Also ich zahle deutlich weniger!«
    Der Rumäne aus dem Maschinenraum lachte: »Bei mehreren Kuckuckskindern wird es billiger! Ich kriege bereits den Gruppentarif!«
    Linda stellte fest, dass ihre Geschichte kein Interesse mehr fand. Sie sah auf die Uhr. Oh! Es war bereits Zeit für die Show. Auf einmal war der Abend doch schnell vergangen. Gnädig und schnell.
    Sie erhob sich, und sofort sprangen eilfertig zwei Philippinos
herbei und zogen hilfsbereit ihren Stuhl nach hinten weg.
    »Zehn Jahre arbeiten Sie bereits für unsere Reederei, wenn ich mich recht entsinne. Dann müsste das Kind Ihres Mannes jetzt mindestens so alt sein«, stellte der Kapitän fest und legte seine Hand auf ihre.
    »Ja.« Linda senkte den Kopf und fühlte, wie das Blut in ihrer Hand pulsierte. Der Kapitän hatte noch nie, niemals eine private Bemerkung an sie gerichtet, abgesehen von dem hingeworfenen morgendlichen »How are you?«, das in amerikanischen Firmen zum Umgangston gehörte und keineswegs von ehrlichem Interesse zeugte. Niemand wollte wirklich wissen, wie es einem ging. Doch jetzt hatte sie eine Schleuse geöffnet. Dabei hatte sie sich hinter dem Schutzwall der Uniform, des festgetackerten Entertainerlächelns und der stets perfekten Bespaßungs-Maschinerie doch jahrelang so gut getarnt!
    Die anderen Offiziere erhoben sich ebenfalls, warfen ihre Leinenservietten auf den Tisch oder ließen sie einfach auf den Fußboden fallen, wo dienstfertige Philippinos sie sofort entsorgten. Die Hände in den Hosentaschen, schwankten sie davon. Manche gingen schnurstracks in die Bar, andere wagten noch ein Tänzchen im Ballsaal, aber die meisten, das wusste Linda, schlugen sich auf Schleichwegen durch die für die Besatzung reservierten Treppenhäuser in ihre Kabinen durch. Jeder wollte Weihnachten endlich hinter sich bringen. Am besten mit Schlafen.
    »Wissen Sie, ich habe auch eine Tochter aus einer flüchtigen Beziehung.« Der Kapitän schob Linda sanft vor sich her und dankte den Philippinos, die ehrfürchtig die Saaltüren aufrissen. »Damals habe ich meiner Frau sehr wehgetan.
Die Ehe ist daran zerbrochen.« Er öffnete mit gekonntem Schwung eine Außentür, und plötzlich standen sie draußen auf Deck sieben. Samtweiche Abendluft streichelte Lindas aufgewühltes Gemüt, und die Wellen plätscherten beruhigend. Sie sog begierig die warme Salzluft ein. Unzählige Sterne leuchteten und blinkten zu ihnen herab.
    »Oh!« Nervös stakste Linda neben dem Kapitän über die Planken. »Ich muss gleich die Show ansagen.«
    »Ich weiß. Aber ohne Sie und

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