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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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spanische Adelige kennenlernte. Er heiratete sie kurz darauf, und neun Monate später bekamen sie ihr einziges Kind. Die Mutter nannte es Charlotta, wie dies auch in ihrem Taufschein stand. Der Vater rief es zärtlich Kitty. Zwölf Jahre lebten sie glücklich in ihrem Palais im sonnigen Süden. Kitty war noch zu jung, um das strenge Zeremoniell des spanischen Hofes zu spüren, dem sich ihre Mutter nur allzuschwer fügen konnte.
    Eines Tages hatte ihr Papa ein Schreiben bekommen, durch das sich ihr weiteres Leben schlagartig ändern sollte. Es wurde ihnen mitgeteilt, daß ein betagter Onkel, der Herzog von Elmington verstorben war. Es hatte einen Brand auf Elmington Palace gegeben, und er sowie sein einziger Sohn Horace waren in den Flammen ums Leben gekommen. Kittys Vater, Mr. Stapenhill, war der nächste männliche Angehörige. Er, der nie damit gerechnet hatte, fand sich plötzlich als sechster Herzog von Elmington wieder. Und damit mit der Verpflichtung konfrontiert, das beschauliche Leben in Madrid aufzugeben und nach London zurückzukehren, um das Erbe anzutreten. Seine Gattin fügte sich nur schweren Herzens diesen Plänen. Sie war an das warme südliche Klima gewöhnt und konnte dem naßkalten englischen Wetter, das sie von einigen Besuchen her kannte, nichts abgewinnen. Auch das Temperament der Inselbewohner schien ihr seltsam steif und unnahbar. An die englische Küche wollte sie erst gar nicht denken. Dennoch entschloß sie sich, mit ihrem Gatten nach London zu reisen, als dieser in die Hauptstadt mußte, um die notwendigen Dinge zu erledigen und die Unterschriften beim Notar zu leisten. Sie wollten das Haus in der Charles Street für ihren Einzug vorbereiten und anschließend nach Madrid zurückkehren, um ihreTochter zu holen und endgültig nach England zu übersiedeln. Doch dazu sollte es nie kommen. Das Schiff, auf dem Mr. und Mrs. Stapenhill reisten, sank in einem Sturm im Atlantik. Keiner der Passagiere konnte gerettet werden. Durch den Tod von Mr. Stapenhill starb der letzte männliche Nachkomme von Elmington. Der Titel und ein Teil der Besitztümer fielen an die Krone zurück. Kitty erbte ein großes Vermögen. Dem Wunsch ihres Vaters entsprechend, der bei seinem Schwiegervater, so als habe er das Unglück geahnt, ein Testament hinterlassen hatte, wurde Kitty von ihren spanischen Verwandten nach England gebracht, um in Zukunft im Lande ihrer Väter erzogen zu werden.
    Tante Jane Farnerby war die einzige Schwester ihres Vaters und somit ihre nächste Angehörige. Sie hatte selbst zwei Töchter großgezogen und passend verheiratet. Nun brachte sie ihre Nichte im Institut von Mrs. Clifford unter, wo sie sich langsam von der Trauer um ihre Eltern und dem Abschied von Spanien erholte. Zu der um drei Jahre älteren Mary Ann Rivingston hatte sich bald eine enge Freundschaft entwickelt. Und sie begann auch in ihrer neuen Heimat Dinge zu entdecken, die das Leben lebenswert, aufregend und angenehm machen konnten.
    Ihr Taschengeld war großzügig bemessen. Sie konnte sich die schönsten Kleider leisten, die sie sich von der Schneiderin in Bath anfertigen ließ. Sie ritt den Vollbluthengst Salomon und sehnte ihren achtzehnten Geburtstag herbei. Tante Jane hatte versprochen, sie an diesem Tag abzuholen und in die Gesellschaft einzuführen. Die Vormundschaft bis zu ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr teilten sich Tante Jane sowie deren Halbbruder, den Kitty noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Seine Lordschaft war mehr für die Vermögensverwaltung zuständig, während sich Tante Jane um die Erziehung ihrer Nichte kümmern wollte. Einer Nichte, die ihr in ihrer ungestümen Art fremd und unvertraut war. Und um deren Schicksal sie sich nur deshalb annahm, damit der gute Bruder Harry in Frieden ruhen konnte.
    Es war am Tag, nachdem Kitty heimlich Zeuge des Duells geworden war, ab sie bereits nach dem Frühstück zu Mrs. Clifford gerufen wurde. Das Zimmer der Schulleiterin lag am Ende eines langen Korridors.Es war ein großer, düsterer Raum, der mit eleganten Möbeln geradezu überladen wirkte. Erst kürzlich war eine Garnitur im Queen-Ann-Stil hinzugekommen, die eine dankbare Schülerin dem Institut vermachte. Von den Wänden blickten in dunklen Ölbildern die strengen Gesichter der Förderer der Schule.
    Mrs. Clifford war eine kleine Dame mittleren Alters. Die glatten, grauen Haare waren, zu einem Zopf geflochten, am Hinterkopf aufgesteckt und unter einem Turban versteckt, der farblich abgestimmt zur jeweiligen

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