Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
Pretzelwagen, gegenüber dem Portal des
Plaza Hotels, kaufte sie ein paar geröstete Erdnüsse und beobachtete halb amüsiert,
halb sehnsüchtig das Treiben. Ein Wagen nach dem anderen fuhr vor: Jaguar — BMW
— Mercedes. Mercedes — BMW — Jaguar. Endlos lange Lincoln Towncars und ordinäre
Taxis dazwischen. Türen wurden von uniformierten schwarzen Boys geöffnet,
aufgetakelte Fregatten schälten sich heraus, die männlichen Begleiter, sie
sahen alle mehr oder weniger gleich aus, verteilten Trinkgelder. Mittendrin
diese albernen Pferdekutschen, herausgeputzt wie Fossilien aus dem vorigen
Jahrhundert. Andererseits, so sahen einige der Figuren aus dem Plaza auch aus.
    Eine große, weibliche Gestalt, beladen
mit Einkaufstüten, stakste an der Ampel über die Fifth Avenue, wobei sie um ein
Haar von einem Taxi auf die Hörner genommen worden wäre, und schleppte sich
müden Schrittes auf das Portal zu. Hatte wohl kein Taxi gekriegt, diese
Touristen stellten sich dabei aber auch zu dämlich an. Plötzlich reckte Katie
den Hals und kniff die Augen zusammen. Das war doch... Sie pirschte ein paar
Schritte näher zur Straße.
    »Da schau her«, murmelte Katie, »die
Schuhverkäuferin. Im Plaza. Das müssen aber ganz schön teure Schuhe sein...«
     
     
    Um sieben Uhr p. m. stand Anne vor
Stefans Palazzo Prozzo, erneut frisch geduscht, nochmals umgezogen und mit
seinem Lieblingsparfum hinter den Ohren.
    Mit klopfendem Herzen schritt sie die
flachen Stufen hinauf zum Eingang. Eine Halle mit Marmorschachbrett als
Fußboden und hoher Decke empfing sie mit vornehmer Kühle. Rechts thronte ein
dicker Portier in Uniform hinter einem Tresen aus dunklem Holz mit
Schnitzereien. Sein Gesichtsausdruck war noch zwei Grad frostiger als die
Halle.
    »Guten Tag.« Anne setzte ihr
Business-Lächeln auf. »Wohnt hier Stefan Weinstein?«
    Der Portier lüpfte sachte eine
Augenbraue, beäugte sie von oben nach unten und wieder zurück, ehe er zu antworten
geruhte.
    »Ja, Madam. Wen darf ich melden?« Mein
Gott, war das hier ein englisches Landschloß? Aber schließlich tat der gute
Mann já nur seine Pflicht.
    »Das möchte ich ihm lieber selber
sagen.«
    »Tut mir leid, aber das ist gegen die
Vorschrift.« Arroganter Kerl! Anne zwang sich zu einem Lächeln.
    »Ich bin seine Verlobte. Anne
Schwartz. Schwartz mit >tz<.« Sie ließ mit der gekonnt beiläufigen Geste
von Leuten, die es zeitlebens gewohnt sind, mit Geld alle Türen zu öffnen,
einen Zwanzigdollarschein auf den Tresen fallen. Das veranlaßte ihn, mit
mißbilligendem Räuspern zum Telefonhörer zu greifen, während sich der
Geldschein auf wundersame Weise dematerialisierte. Er drückte ein paar Knöpfe,
wartete, wartete... verzog dabei keine Miene, und legte auf. »Er scheint nicht
zu Hause zu sein.« Täuschte sich Anne, oder huschte da der Schatten eines
boshaften Lächelns um seine Mundwinkel?
    »Ja, es scheint so. Ich versuche es
später.« Sie ging eilig hinaus, die Blicke des Widerlings wie Dartspfeile im
Rücken. Jetzt war die Temperatur erträglich, aber das war auch das einzig
Positive an der Situation. Sie war verärgert. Weil Stefan nicht da war, und
weil dieser Eisblock da drinnen Zeuge ihrer Niederlage geworden war.
    Verdammt, wo war er bloß? Dann fiel
ihr ein, daß dieses Land keine idiotischen Ladenöffnungszeiten kannte. Klar,
das ist der wahre Fortschritt, hier erhält man alles zu jeder Zeit. Sicher ist
er einkaufen gegangen. Natürlich, was sonst? Sein Kühlschrank ist leer, er wird
jetzt gerade mit so einem Wägelchen durch irgendein Gourmet-Deli stolpern.
Hoffentlich denkt er auch an Wein. Ein Dinner bei Kerzenlicht und
kalifornischem Wein...
    Jetzt habe ich so lange gewartet, da
halte ich jetzt auch noch ein Stündchen aus, tröstete sie sich. Sie verbrachte
das Stündchen in der Bar auf der anderen Straßenseite. Zwei angetrunkene
Yuppies versuchten, ihr ein Gespräch aufzudrängen, doch Anne antwortete
einsilbig, die Augen stur auf den Eingang gegenüber geheftet. Nach einer Weile
gaben sie auf und betranken sich zielstrebig weiter.
    Wo steckte der Kerl nur, so lange
kauft doch kein Mensch ein! Sie bestellte die zweite Diet Coke und beobachtete
die Eiswürfel, die glatt die Hälfte des Glases einnahmen. Als sich der letzte
Hartnäckige aufgelöst hatte, trank sie hastig aus, zahlte und verließ die Bar.
Sicher ist er schon da, und ich habe ihn nur nicht reingehen sehen.
    Es war schon nach neun. Ein Glück, der
Portier hatte gewechselt. Jetzt war es ein

Weitere Kostenlose Bücher