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Schneeköniginnen

Schneeköniginnen

Titel: Schneeköniginnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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überall«, zwitscherte Anne übermütig. »Es war mir trotz der
widrigen Umstände ein Vergnügen, Sir.«
    Katie kam allmählich die Galle hoch.
Sie wurde im übrigen gar nicht beachtet. Wozu auch? Eine halbtaube Idiotin.
    »Was ist mit unserem Gepäck?« hörte
Katie Anne fragen. Ihr wurde speiübel.
    »Welches Gepäck?« fragte der Sheriff
zurück.
    Er wußte es nicht! Noch nicht. Oh,
zarter Hoffnungsschimmer am Horizont...
    »Wir hatten zwei Reisetaschen...«
    »Donnell!!«
    »Ja, Sir?«
    »Wo sind die Reisetaschen der Damen?«
    »Hier drin, Sir.« Donnell zeigte auf
einen metallenen Spind neben der Tür des Büros.
    Nein, es war alles aus. Soeben hatte
Anne unabsichtlich den Hebel betätigt, mit dem ihr, Catherine Shannahans,
junges Leben ins Klo runtergespült wurde.
    »Na, dann holen Sie sie schon raus.«
Der Sheriff warf Anne einen verständnisinnigen Blick zu, der »immer Ärger mit
dem Personal« bedeutete, und erklärte: »Donnell ist erst drei Tage hier.«
    Donnell wuchtete die Taschen heraus.
Katie steuerte rasant auf eine Ohnmacht zu.
    »Wo ist das Protokoll?«
    »Welches Protokoll?« fragte Donnell
mit schafsblödem Ausdruck.
    McGuire stöhnte. »Haben Sie sie nicht
durchsucht und alle Gegenstände aufgelistet?«
    »Nein, Sir, ich wußte nicht...«
    »Verdammt, Donnell! Was lernen sie
euch denn auf der Schule?«
    »Verzeihung, Sir...«
    »Ach, halten Sie den Mund!«
    »Sir«, mischte sich nun Anne in die
Unterhaltung ein, wobei sie sämtliche Register zog, »ist das wirklich nötig?
Wir haben selbstverständlich nur die üblichen Reiseutensilien bei uns, und ich
denke, da Sie nun persönlich ermittelt haben, daß wir nichts mit diesem Pete
Wasweisich zu tun haben... also könnten wir doch auf diese zeitraubende
Formalität verzichten, oder? Sie werden sicher woanders viel dringender
gebraucht. Außerdem, meine... Cousine und ich würden uns wirklich gerne, auf
Ihren freundlichen Rat hin, heute noch Baltimore ansehen, wenn es die Zeit
erlaubt, Sie verstehen?« Ein Wunder, daß ihr der Honig nicht löffelweise aus
dem Mund troff.
    Katie vergaß zu atmen. Der Sheriff
kratzte sich am Kinn und murmelte etwas von Vorschriften. Dann erhob er sich
und warf mit Grandezza seine Bedenken über den Haufen. Im Tonfall eines
Drei-Sterne-Generals orderte er: »Donnell! Nun machen Sie schon! Die Damen haben
lange genug hier gesessen. Bringen Sie sie... wohin sie möchten.«
    Sie schnappten sich ihr Gepäck.
    »Einen Moment noch!« hörten sie den
Sheriff sagen. Was fiel ihm denn jetzt noch ein! »Wo werden Sie in Washington
wohnen? Nur für den Fall...«
    Dieser Saukerl will sich mit Anne
verabreden, spekulierte Katie. Anne hatte nun aber die Nase gestrichen voll.
Diesen Samuel, den sie noch nicht einmal kannte, würde sie zuallerletzt in
diese blöde Sache hineinziehen, also antwortete sie ohne zu Zögern: »Bei einem
Onkel von mir. Sein Name ist... Otto Kern.« Um Katies Mundwinkel zuckte es
verdächtig. »Steht im Telefonbuch«, fügte Anne frech hinzu. Der Sheriff
notierte sich das mit wichtiger Miene und meinte zum wiederholten Male zu Anne:
»War mir ein Vergnügen, Lady, vielleicht sieht man sich ja eines Tages per
Zufall wieder.«
    »Ich wäre hocherfreut, Sir.«
    Katie bekam im Hinausgehen allmählich
wieder Farbe. Ihre Tasche wog leicht wie ein Luftballon, sie selbst glitt
schwerelos über den Boden, der Sheriff war der gütigste Mensch, den sie je
gekannt hatte, Donnell ein verkleideter Erzengel mit dentaler Mißbildung, und
Anne — einfach unbeschreiblich. Ah, wie wunderbar, wie strahlend und heiter war
doch die Welt an diesem taufrischen Morgen!
     
     
    »Wo habt ihr gesteckt? Ich habe euch
gestern erwartet. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht.«
    Samuel besaß die dunklen Samtaugen von
Lis. Er sah ihr überhaupt sehr ähnlich, hätte ihr Bruder sein können, nur daß
seine kräftige Nase noch von keinem Chirurgenmesser tranchiert worden war.
    Anne entschuldigte sich und erläuterte
den Sachverhalt, so aufrichtig es ging. »Es tut mir leid, wir hätten wirklich
anrufen sollen, nicht wahr Katie?«
    »Hm? Ja, hätten wir.« Immer diese
überkorrekte Anne. Es war ihr ein Rätsel, weshalb sich jemand, der sie nicht
einmal persönlich kannte, um sie sorgte.
    Samuel überließ ihnen das Zimmer, in
dem noch vor kurzem seine verflossene Liebe gewohnt hatte, deren fragiles
Konterfei nun sinnend von einer Pinienholzkommode herabblickte: Frederick.
    Gegenwärtig kauerte Frederick im
Lotossitz auf einer

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